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Im Verhörzimmer. SPD-Fraktionschef Raed Saleh (links) wollte bei Kurt Krömer bestehen - was ihm misslang.

© rbb/Fiebig

Grimme Preis 2020: „Chez Krömer“ ist beste Unterhaltung

Der RBB kann sich über renommierte Auszeichnung freuen. Grimme Preis 2020 insgesamt reflektiert die gewachsene Bedeutung von Streaming und Pay-TV

Da darf sich der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) freuen. Die Talkshow "Chez Krömer" hat einen der begehrten Grimme-Preis gewonnen, und zwar in der Kategorie Unterhaltung. In "Chez Krömer", mittlerweile in der zweiten Staffel im RBB-Fernsehen, konfrontiert Moderator Kurt Krömer Prominente und weniger Prominente mit ihrer Biographie, hart, frech, zuweilen übergriffig. Der Gast kann sich schnell blamieren, zuletzt hat sich Raed Saleh, Fraktionschef der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus, im Krömerschen Fragen-Fegefeuer um Kopf und Kragen geredet.

Weiterer Preisträger in der "Unterhaltung" bei Grimme 2020 ist „Prince Charming“ (TVNow/Vox), damit wird erstmals eine Datingshow ausgezeichnet. Ein weiterer Preis geht an das ProSieben-Format „Joko & Klaas LIVE - 15 Minuten“, in dem die Moderatoren unter anderen Aktivistinnen gegen Rechtsextremismus und für die Seenotrettung von Flüchtenden eine Plattform gaben.

Plädoyers für eine offene, pluralistische Gesellschaft

Über alle Kategorien hinweg hätten sich Produktionen durchsetzen können, „die sich positionieren für eine offene, pluralistische Gesellschaft“, sagte die Direktorin des Marler Instituts, Frauke Gerlach. Insgesamt werden 16 Produktionen in den Kategorien Unterhaltung, Fiktion, Info & Kultur sowie und Kinder & Jugend ausgezeichnet. Dazu kommen noch Spezialpreise. Die Preisverleihung für die insgesamt 58 Preisträger im 56. Wettbewerb findet am 27. März im Marler Theater statt.

Öfters als früher haben die Grimme-Jurys die Leistungen von Streaming-Diensten und Pay-TV gewürdigt. Neben den Netflix-Produktionen „Skylines“ über das Hip-Hop-, Finanz- und Drogengeschäft in Frankfurt am Main und der Coming-of-Age-Geschichte „How to sell Drugs online (fast)“ erhält auch der Sky-Krimi „Der Pass“ mit Nicholas Ofczarek und Julia Jentsch in den Hauptrollen eine der renommierten Auszeichnungen, wie das Grimme-Institut am Dienstag im Essener Grillo Theater mitteilte. Für die zweite Staffel "Der Pass" laufen aktuell schon die Dreharbeiten. Der Preis für "Skylines" darf als Überraschung gelten, in Qualität und Originalität kann die Produktion Serie mit der 2019 Grimme-geehrten Serie "Beat" (Amazon Prime Video) nicht mithalten.

Ehrung für "The Love Europe Project"

In der Kategorie Fiktion wird neben „Skylines“ und „Der Pass“ auch der Episodenfilm „The Love Europe Project“ (ZDF/Arte) geehrt. Der Film sei ein Zeichen für die Verbundenheit und Zukunft Europas in Zeiten der EU-Kritik und des Brexits, hieß es in der Begründung der Jury. Als einziger Fernsehfilm in der Kategorie wird das Drama „Hanne“ (NDR/Arte) mit Iris Berben ausgezeichnet. Den Grimme-Preis Spezial in der Kategorie Fiktion erhält die deutsch-französische Serie „Eden“, die die Schicksale von Migrantinnen in Europa aufgreift. Der Publikumspreis der Marler Gruppe geht an die WDR-Satire „Der König von Köln“.

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Wie sehr der linearen Fiktion mittlerweile der scharfe Wind des Wettbewerbs mit Streaming und Pay ins Gesicht bläst, belegt die Tatsache, dass die zahllosen Krimi-Reihen vornehmlich bei ARD und ZDF als nicht preiswürdig erachtet wurden. Ein Jahr ohne Grimme-Preis für einen "Tatort" müsste ein Weck-, wenn nicht Alarmruf sein.

Der NDR-Dokumentarfilm „SeaWatch3“ von Nadia Kailouli und Jonas Schreijäg wird in der Kategorie Info & Kultur ausgezeichnet. Mit „Dark Eden“, „Wie 'Holocaust' ins Fernsehen kam“ und „Die Unerhörten - Über den Landtagswahlkampf in der Prignitz“, auch das eine RBB-Produktion (Buch/Regie: Jean Boué) werden drei weitere Dokumentationen gewürdigt, die sich mit gesellschaftspolitischen Themen beschäftigen.

RBB-Intendantin Patricia Schlesinger sagte zu beiden Grimme Preisen: "Beide Auszeichnungen stehen für das, was uns im RBB wichtig ist: journalistische Professionalität, Ideenreichtum bei der Themenfindung und Kreativität in der Formatkonzeption. Fernsehen ist immer Teamwork, doch den Preisträgern möchte ich ganz besonders für ihre herausragende Leistung danken _ dem Dokumentarfilmer Jean Boué für seine hintergründigen Beobachtungen in der Prignitz und Kurt Krömer, Michael Maier und Friedrich Küppersbusch für die Show 'Chez Krömer', in der Kurt Krömer als unberechenbarer Moderator seine Gäste in Berlin immer wieder neu herausfordert."

Haltungsstarker Georg Restle

Den Grimme-Preis für die „Besondere Journalistische Leistung“ erhält Georg Restle „für die kontinuierliche und haltungsstarke Berichterstattung über Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus“ stellvertretend für die Redaktion des WDR-Magazins „Monitor“, wie es hieß.

In der Kategorie Kinder & Jugend wird neben der Netflix-Serie „How To Sell Drugs Online (Fast)“ auch der 3sat-Dokumentarfilm „Ab 18! Die Tochter von “ gewürdigt. Bürger Lars Dietrich und Marti Fischer erhalten den Spezial-Preis für die Moderation der ZDF-Musikcomedy „Leider laut“.

Die besondere Ehrung des Deutschen Volkshochschul-Verbands geht in diesem Jahr an den Regisseur und Autor Heinrich Breloer. (mit epd)

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