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Kein Rufer in der Wüste, sondern ein Muezzin in der deutschen Provinz. Nuri Hodscha (Hilmi Sözer) in der ARD-Komödie "Der Hodscha und die Piepenkötter".

© dpa

Gelungene ARD-Komödie: Mit Humor gegen Fremdenfeindlichkeit

„Der Hodscha und die Piepenkötter“ – Die ARD-Komödie ist eine Provinzposse über den Clash der Kulturen.

Sind wir so weit, dass wir wieder drüber lachen können – über die und wir, Migranten und Mehrheitsgesellschaft, Kopftücher und Blondinen, Moscheebau und Kirchturmpolitik? Ja, das geht schon. Vor allem, wenn Buket Alakus bei einer Provinzposse Regie führt, Gernot Gricksch das Buch geschrieben hat und Anna Stieblich und Hilmi Sözer zum schauspielerischen Personal gehören.

Wir sind in Lautringen, einer fiktiven kleinen Stadt irgendwo in NRW. Bürgermeisterin Ursel Piepenkötter (Stieblich), eine Frau mit Haaren auf den Zähnen, arbeitet für ihre Wiederwahl, Vorbeter Nuri Hodscha (Sözer), ein jovialer Türke, der es, wie man so sagt, faustdick hinter den Ohren hat, für den Neubau seiner Moschee. Zunächst ist Piepenkötter einverstanden, dass es mit dem Bau – alle Auflagen sind erfüllt – nun losgeht; da fährt ihr der Parteifreund Dr. Schadt (Fabian Busch) in die Parade, der selbst gern Bürgermeister werden möchte. Die Lautringer, so Schadt, wollen keine neue Moschee, schon gar keine „dubiose Riesen-Moschee“.

Die Bürgermeisterin muss umdenken. Inoffiziell bittet sie den Hodscha, mit dem Neubau zu warten – bis nach ihrer Wahl. Doch der weiß das Recht auf seiner Seite und sagt Nein. Piepenkötter: „Ich kann jederzeit eine Nachprüfung veranlassen. Und da wird schon was auftauchen.“ Tatsächlich taucht was auf: ein Nistplatz der ockernden Kreuzkröte. Aber der Hodscha lässt sich nicht übertölpeln. Es kommt zu einem „Clash der Kulturen“, die hitzige Bürgermeisterin und der schlitzohrige Gemeindevorstand liefern sich ein Duell, dessen Höhepunkt beide beschickert auf dem Boden liegen sieht, einander vorschwärmend von Bruce Springsteen und der Schönheit des Lebens.

Der Hodscha ruf zum Gebet

Bevor jedoch der Hodscha und die Piepenkötter ihr Herz füreinander entdecken und einen Kompromiss aus dem Hut zaubern, lassen sie ihre Truppen gegeneinander aufmarschieren. Die Bürgermeisterin platziert ein Kreuz nahe der Moschee und deklariert es als „Bestandteil des Lautringer Skulpturensommers“. Der Hodscha ruft laut heulend mitten in der Nacht von der Alt-Moschee aus zum Gebet, woraufhin die Lautringer geschlossen aus ihren Betten fallen. Und Dr. Schadt ist auch nicht faul. Er setzt, ganz nach Art der politischen Kaste, die so nur zu gern ihre Widersacher ausschaltet, einen Mann mit versteckter Kamera auf den Hodscha an, um ihm irgendein Fehlverhalten nachweisen zu können.

So schnell werden diese beiden keine Freunde: Bürgermeisterin Ursel Piepenkötter (Anna Stieblich) hat den Hodscha (Hilmi Sözer) in ihr Büro eingeladen.
So schnell werden diese beiden keine Freunde: Bürgermeisterin Ursel Piepenkötter (Anna Stieblich) hat den Hodscha (Hilmi Sözer) in ihr Büro eingeladen.

© WDR/Martin Valentin Menke

Das kleine Karrieristen-Porträt, das Fabian Busch liefert – man achte auf das Fingerspiel des sich in Szene setzenden Volksvertreters –, ist ein Spaß für sich. Zur gleichen Zeit entspinnt sich eine Romeo-und-Julia-Geschichte am Gymnasium. Piepenkötter junior, ein hübscher Knabe namens Patrick (Damian Hardung) und des Hodschas Tochter Hülya (Yeliz Simsek), mit Kopftuch, aber rotzfrech, kommen einander näher. Und das darf natürlich nicht sein. Patricks Mutter rät ab: eine fremde Kultur, da könne nichts draus werden. Der Sohn: „Rassistin! Alles nur, um Bürgermeisterin bleiben zu können.“ Sie guckt schuldbewusst. Hülyas Vater wutentbrannt: „Du wirst diesen Jungen nicht wiedersehen!“ Die Tochter in Tränen. Der Hodscha kann nicht anders, er muss sie trösten.

Konsequenterweise unterwirft der Film alle Frontabschnitte dieses Kulturkampfes dem Gesetz der Posse. Die Klischees werden heraufbeschworen, durchgeschüttelt und schließlich, nachdem beide Seiten Federn lassen mussten, als bloße Popanze durchschaut. Das ist die Aufgabe, die so einem Film gestellt ist.

Der Roman zum Film ist nicht ganz aktuell

Auf der anderen Seite: Es geht in Lautringen bei allen Gemeinheiten, Intrigen, Schikanen und Erpressungen im Grunde eine Spur zu gemütlich zu. Lachen kann man schon, aber mit einem leichten Retro-Unterton. Der Film wurde nämlich vor der Flüchtlingskrise gedreht und geht auf einen gleichnamigen Roman von Birand Binguel aus dem Jahre 2011 zurück. Seither ist viel geschehen, und die Fronten im Kulturkampf erscheinen heute weniger der Humoreske als vielmehr dem Drama verpflichtet.

Man kann das überschrittene Verfallsdatum dieser Komödie aber auch als Vorteil sehen. Der zeitliche Abstand mag sich in einen Abstand zu den Verhältnissen verwandeln und den Zuschauer denken lassen: Na ja, vielleicht ist doch alles halb so wild.

„Der Hodscha und die Piepenkötter“, ARD, Mittwoch, 20 Uhr 15

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