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"Das Arbeiten in der Formel 1 ging schon mit einem außergewöhnlichen Lifestyle einher. Das war schon ein Traumjob", sagt Florian König, der die Formel-1-Sendungen von RTL seit 1994 moderiert hat.

© TVNow/Luka Gorys

Florian König zum RTL-Abschied von der Formel 1: „Es war ein Ritual wie die Samstags-Sportschau“

Zum letzten Mal überträgt RTL heute ein Formel-1-Rennen live im Free-TV. Moderator Florian König über das Ende einer Ära, seine Zeit mit Niki Lauda und über den neuen Job bei Sport 1.

Herr König, in Abu Dhabi geht eine schwierige Saison zu Ende, zugleich endet eine Ära. Können Sie die Entscheidung von RTL nachvollziehen, das Engagement zu beenden?
Die Antwort muss ich zweiteilen. Ich verstehe es, dass es bei RTL eine betriebswirtschaftliche Beurteilung gibt. Das will ich nicht bewerten, dafür sind andere Leute zuständig. Letztlich ist man beim Preis nicht übereingekommen. Für mich persönlich und für die Formel-1-Fans in Deutschland ist es dennoch schwer zu verstehen. Die Sportart hat im Free-TV hervorragend funktioniert. Auch für die beiden Marken Formel 1 und RTL, die für viele Deutsche fest zusammengehören.

Für RTL ist es eigentlich nur die Frage, ob der Sender zuerst mit dem Dschungelcamp und dann mit der Formel 1 assoziiert wird oder umgekehrt.
Das sei mal dahingestellt. Tatsache ist, dass wir auch in dieser schwierigen Formel-1-Saison durchschnittlich vier Millionen und damit sehr gute Zuschauerzahlen haben. Nun kommt in der nächsten Saison Mick Schumacher dazu. Das macht es nicht leichter, die Entscheidung zu verstehen. Trotzdem: Es ist ein kleines Wunder in unserer Branche, dass wir das mit einem fast unveränderten Team über mehrere Jahrzehnte geschafft haben. Dass ich in einer solch wahnsinnigen Zeit in einer so interessanten Sportart so nah und lange dabei sein durfte, wiegt bei mir auch mehr als die Zweifel und der Frust, dass wir uns nun von der Formel 1 verabschieden.

[Von 12 Uhr 30 bis 16 Uhr 45 begeht RTL am Sonntag den letzten Formel-1-Einsatz mit dem um 14 Uhr beginnenden Abschlussrennen der Saison 2020 in Abu Dhabi]

Was ändert sich, wenn die Formel 1 künftig nur noch im Pay TV zu sehen ist?
Für die Teams und die Sponsoren ist die Formel 1 auch eine Marketing-Plattform, mit der letztlich möglichst vielen Menschen gezeigt werden soll, dass man mit der Marke XY Rennen gewinnen kann – und mit einer anderen nicht. Auch wenn einige Zuschauer nun zu Sky gehen, wird die Sichtbarkeit im Vergleich zur Free-TV-Übertragung deutlich abnehmen. Ich glaube nicht, dass dies der Sportart hilft. Man darf die Rolle von RTL nicht unterschätzen. Es war schon so etwas wie ein Ritual, dass man sonntags um 14 beziehungsweise 15 Uhr die Formel 1 bei uns eingeschaltet hat. Und auch wenn Vettel in dieser Saison irgendwo im Nirgendwo gefahren ist, gehörte das für einen großen Kreis dazu. Das ist ähnlich wie bei der Samstags-„Sportschau“ mit der Fußball-Bundesliga.

Was vermissen Sie am meisten an Niki Lauda, der im Mai 2019 gestorben ist?
Seine Weisheit, seinen Humor, den ganzen Menschen. Unsere Beziehung war zwar beruflicher Natur, aber über die Zeit hat sich eine größere Vertrautheit und Verständnis entwickelt, ja sogar etwas Freundschaftliches. Niki Lauda war mir in vielen Dingen ein Vorbild. Er ging die Dinge ohne Umschweife und unverblümt an. Diese Direktheit habe ich sehr geschätzt. Ich habe von ihm immer eine klare Meinung bekommen, zur Formel 1, aber auch darüber hinaus.

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Dass er bei diversen Rennställen unter Vertrag stand, war das für Sie ein Problem?
Niki war nie nur unser Experte, das war ihn gewisser Weise immer auch ein Problem. Anfangs war er Ferrari-Berater, dann wurde er Teamchef von Jaguar, später kam das Mercedes-Engagement. Sein Wort hatte aber so viel Gewicht, dass RTL immer bereit war, diese Kröte zu schlucken. Er hat zudem nie versucht, Firmenpolitik über unseren Kanal zu betreiben. Wir konnten ihn mit allen Themen konfrontieren.

Wie neutral kann ein Formel-1-Sender überhaupt sein, wenn man ständig mit dem Rennzirkus mitreist?
Ich möchte die Mär von der journalistischen Unabhängigkeit nicht über Gebühr strapazieren. Der Formel-1-Zirkus besteht aus Fahrern, Mechanikern, Teamchefs, Kellnern, Pressevertretern, Fernsehleuten. Man sieht sich dauernd an Flughäfen, Hotels und Rennstrecken. Über die Jahre kommt dabei eine gewisse Vertrautheit auf. Aber ich habe nie vergessen, welche Rolle ich habe. Ich war auf keiner Weltmeisterfeier von Michael Schumacher, Sebastian Vettel oder Nico Rosberg, auch wenn wir eingeladen waren. Aber sicher: man kennt sich, ich bin mit den Leuten auf Du und man geht auch zusammen essen. Man muss abwägen, denn das, was wir an Nähe für die Zuschauer herstellen konnten, ist auch ein Wert. Klar: Die Formel 1 ist eine Sportart, aber zugleich ein Unterhaltungsbetrieb, bei dem man das etwas lockerer sehen kann. Im politischen Bereich ist das sicherlich etwas anders.

Wohin zu große Nähe eines Senders zu einer Sportart führen kann, hat man vor einigen Jahre beim Radsport gesehen.
Das ist richtig. Trifft aber auf uns nicht zu. Ich denke da an eine Situation aus dem Jahr 2002, beim Großen Preis von Österreich, als Rubens Barrichello Michael Schumacher nach einer Ferrari-Stallorder wegen der Weltmeisterschaft passieren lassen musste. Da haben wir alles andere als Hofberichterstattung gemacht. Es war immer unser Anspruch, Journalisten zu sein und nicht Kumpels. Insgesamt ist es uns gelungen, alles abzudecken – journalistisch, aber zugleich auch unterhaltend und bunt zu berichten und den Fan-Kult um Schumi zu bedienen.

533 Formel-1-Rennen hat RTL seit 1991 übertragen. 3,14 Milliarden Zuschauer haben die Rennserie dabei im Free TV verfolgt – begleitet von den RTL-Kommentatoren Christian Danner und Heiko Wasser (v.l.n.r.), Boxenreporter Kai Ebel, Moderator Florian König und dem im Mai 2019 verstorbenen Formel-1- Experten Niki Lauda.
533 Formel-1-Rennen hat RTL seit 1991 übertragen. 3,14 Milliarden Zuschauer haben die Rennserie dabei im Free TV verfolgt – begleitet von den RTL-Kommentatoren Christian Danner und Heiko Wasser (v.l.n.r.), Boxenreporter Kai Ebel, Moderator Florian König und dem im Mai 2019 verstorbenen Formel-1- Experten Niki Lauda.

© TVNow/Luka Gorys

RTL sitzt in Köln. In Trier haben Sie den Augustus-Orden der Arbeitsgemeinschaft Trierer Karneval erhalten. Wie halten Sie es mit dem Karneval?
Der Orden wird mehr für soziales Engagement verliehen. Ich bin allerdings nicht mit dem Karneval aufgewachsen. Ich komme aus Tübingen, dort wird Fasching gefeiert. Als ich Ende der 80er Jahre nach Köln kam, hat mich der Karneval anfangs kalt erwischt. Mittlerweile gehört das auch für mich dazu, zumal wir hier seit einer Ewigkeit leben und meine Kinder hier aufgewachsen sind.

Wenn Sie aus der Nähe von Stuttgart kommen, haben Sie ja vielleicht Benzin im Blut. Erklären sich so die vielen Jahre als RTL-Moderator für die Formel 1?
1994 kam ich als Fußball-Reporter zu RTL, also in der Zeit, als sich die Karriere von Michael Schumacher gerade entwickelte und die Formel-1-Senderechte ausgeweitet wurden. Ich war zunächst unsicher, ob ich das Angebot als Formel-1-Moderator annehmen sollte. Ich war nie der Typ Autotüftler, der irgendeinen Spoiler oder irgendwelche Felgen an sein Auto montierte. Als man mir aber sagte, dass ich das mit Niki Lauda machen würde, war ich ganz schnell Feuer und Flamme.

Was wird Ihnen künftig fehlen, die vielen Flug-Meilen?
Das Arbeiten in der Formel 1 ging schon mit einem außergewöhnlichen Lifestyle einher. Das war schon ein Traumjob. Auf der anderen Seite ist es nach den vielen Jahren auch nicht immer nur aufregend, sondern durch all die Zeit- und Klimaumstellungen auch anstrengender geworden. Zumal auch immer mehr Rennen im Kalender stehen. In Zukunft werde ich bei der Fußball-Nationalmannschaft dabei sein, die Europa-League begleiten. Daneben werde ich von der Spielzeit 2021/22 an auf Sport 1 die Moderation des Fußball-Talks "Doppelpass" von Thomas Helmer übernehmen. Aber noch mal zur Formel 1: Was ich da erlebt habe, werde ich immer mal wieder vermissen. Aber vor allem werde ich mit großer Dankbarkeit zurückblicken.

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