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Es war einmal in „Casablanca“. Humphrey Bogart als Richard „Rick“ Blaine und Ingrid Bergman als Ilsa Lund Laszlo blicken sich tief in die Augen.

© dpa

Filmklassiker im Fernsehen: "Casablanca" - verzweifelt gesucht

Die deutschen Fernsehprogramme scheuen alte Filme. Wenn sie gezeigt werden, dann aus "Traditionspflege

Es sind Bilder, die fast jeder Mensch auf der Welt schon einmal gesehen hat: Humphrey Bogart und Ingrid Bergman stehen auf dem Rollfeld eines Flughafens und werfen sich schmachtende Blicke zu. Clark Gable touchiert mit seinem Schnauzbart fast die Oberlippe von Vivien Leigh, die gerade in seinen Armen zusammensinkt. Marilyn Monroe steht mit aufgewehtem Kleid über einem Lüftungsschacht. Bilder, die auf Postern, T-Shirts und Kaffeetassen verewigt wurden, von denen aber nur noch ein Bruchteil der Besitzer dieser Merchandise-Artikel weiß, woher die Motive überhaupt stammen.

Filme wie „Casablanca“ (1941), „Vom Winde verweht“ (1939) und „Das verflixte siebte Jahr“ (1955) sind zwar vielen Menschen nach wie vor ein Begriff, wirklich gesehen haben sie von der Generation Post-Babyboom nur wenige. Warum auch, könnte man fragen, in Zeiten von 3D und High Definition. Wen lockt da theatrales Schmachten in feinsten Graustufen noch hinter dem Ofen hervor?

Nun, geschmachtet wird auf Leinwänden und Fernsehbildschirmen ja nach wie vor ordentlich. Sei es bei Eigenproduktionen der öffentlich-rechtlichen Sender à la Rosamunde Pilcher oder bei Romanzen aus Hollywood, die im Kino zu sehen sind oder zur besten Sendezeit in die Wohnzimmer zwischen Füssen und Flensburg gebracht werden. Mit Top-Einschaltquoten, versteht sich. Dass Filme in Schwarz-Weiß auch im 21. Jahrhundert das TV-Publikum noch ansprechen, zeigen zum Beispiel die jährlichen Edgar-Wallace-Wiederholungen oder das allweihnachtliche „Ist das Leben nicht schön?“ (1946). Aber auch Filme wie „The Artist“ von 2011, der trotz oder gerade wegen seiner Farblosigkeit zum Publikumserfolg und Oscargewinner wurde.  

Trotzdem scheinen sich viele deutsche Sender den Klassikern eher ängstlich zu nähern. Dabei wäre gerade die Ausstrahlung im TV doch der einfachste Weg, die älteren Werke auch jüngeren Generationen zu präsentieren. Man muss nichts kaufen, nichts herunterladen, nichts einrichten. Einfach einschalten und schauen.

Nachfrage bei den großen deutschen Fernsehsendern: Die ARD bewegt sich mit ihrem Hauptprogramm häufig ein gutes Stück in die Vergangenheit. So finden sich unter anderem Filme aus den 30ern im Programm, zum Beispiel „Mata Hari“. Klassiker wie dieser werden häufig im Rahmen von Thementagen versendet, allerdings eher zur nachtschlafenen Zeit. Immerhin: Es gibt Ausnahmen, etwa die fast jährlich zur besten Zeit gezeigte „Feuerzangenbowle“ (1944). Viele Klassiker kommen aber deshalb nicht mehr zum Einsatz, weil seit 2012 keine Spielfilme mehr am Vormittag gesendet werden – zuvor ein Sendeplatz, auf dem vor allem ältere Filme gezeigt wurden.

Auch beim ZDF sieht man sich – so verkündet die Presseabteilung blumig – der „filmhistorischen Traditionspflege“ verbunden und nimmt verhältnismäßig häufig Klassiker ins Programm. Dabei kommt man allerdings selten über ältere James-Bond-Verfilmungen oder den ein oder anderen Hitchcock hinaus, die dann eher verschämt im Nachtprogramm gesendet werden. Spielfilme füllen etwa zehn Prozent des ZDF-Programms. Dieser Wert ist in den vergangenen Jahren weitgehend konstant geblieben.

RTL und VOX indes gehen zeitlich kaum weiter zurück als „Dirty Dancing“ von 1987. Ansonsten findet der Zuschauer ältere Filme vor allem an Thementagen auf Spartensendern wie RTLNitro; hier erreicht man teilweise die 70er, beispielsweise mit dem „Weißen Hai“ (1975). Das Volumen an Spielfilmen ist gering – nur fünf Prozent des Gesamtprogramms machen sie zum Beispiel bei RTL aus. Viel Platz für Klassiker bleibt da nicht.

Überraschung dann bei Pro7, Sat.1 und Kabel 1. Dort werden Filme wie „Lawrence von Arabien“ (1962), „Ein seltsames Paar“ (1968) oder „The Italian Job“ (1969) ausgestrahlt. „Zwar überwiegend an Feiertagen“, wie Peter Esch von ProSiebenSat 1 sagt, dafür ist das Angebot großzügig und die Filme werden meist zur besten Sendezeit gezeigt.

Schmal ist das Angebot an Filmklassikern im Fernsehen nicht. Die Ausstrahlungstermine vergraulen aber sicherlich viele, die sich für solche Werke erwärmen könnten. Durch die Programme zappen und bei „Wie angelt man sich einen Millionär?“ oder „Citizen Kane“ hängen bleiben – das kann nur selten passieren. Außer man ist ein echter Nachtmensch.

Moritz Eckert

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