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Medien: Fernsehen: Dozent Martin in der Krise

Eine Literaturverfilmung im strengen Sinne ist Cédric Kahns dritter Film, "Liebe, Sex und Leidenschaft" (22 Uhr 15, ZDF) gewiss nicht, vielmehr lehnt sich der Film vage an die Romanvorlage "La Noia" von Alberto Moravia an. Es ist die Geschichte einer fatalen Obsession, einer "amour fou".

Eine Literaturverfilmung im strengen Sinne ist Cédric Kahns dritter Film, "Liebe, Sex und Leidenschaft" (22 Uhr 15, ZDF) gewiss nicht, vielmehr lehnt sich der Film vage an die Romanvorlage "La Noia" von Alberto Moravia an. Es ist die Geschichte einer fatalen Obsession, einer "amour fou". Paris, Ende der 90er: Martin (Charles Berling), ein depressiv veranlagter Philosophielehrer, wurde von seiner Frau (Arielle Dombasle) verlassen. Nun lebt er allein, versucht an seinem nächsten Buch zu schreiben und streift abends durch die Gassen und Kneipen. Da begegnet er dem älteren Maler Meyers, für den er die Zeche bezahlt und dafür das Bild eines nackten Mädchens geschenkt bekommt. Meyers stirbt, und Martin lernt die blutjunge Cécilia (Sophie Guillemin) kennen, die Meyers bevorzugte Muse war - er verfällt ihr, kommt nicht mehr von ihr los. Dann bekommt Martin mit, dass Cécilia noch einen anderen Liebhaber hat.

Cédric Kahn versucht, eine scheinbar nicht nachvollziehbare Obsession zu charakterisieren, die das Leben zweier völlig konträrer Menschen dominiert. Das gelingt nicht immer: Kahn verlegt die Handlung aus dem Italien der 60er Jahre in das Paris der späten 90er, er modernisiert, peppt auf, und dabei ist sein Film mit 115 Minuten Laufzeit und teils nicht enden wollenden Dialogen/Monologen weit davon entfernt, seinen dramaturgischen Spannungsbogen konsequent zu halten. Kahns Protagonisten drohen an ihrem eigenen Wortschwall zu ersticken, und die erst 20-jährige Sophie Guillemin ("Harry meint es gut mir dir", 2000) zeigt viel barocken Körper, aber wenig Präsenz. So ruht der Film denn auch auf den Schultern von Charles Berling (bekannt seit Claude Sautets wunderbarem "Nelly und Monsieur Arnaud", 1995), der wiederum die Hilflosigkeit Martins glaubwürdig vermittelt, sein Hin- und Hergerissensein, die fatale Abhängigkeit, die mit dem begehrenden Besitzen-Wollen wechselt. Die Grenzen zwischen blind-höriger Obsession und liebesberauschter Passion werden in Berlings Interpretation fließend - die völlige Verlorenheit, die daraus resultiert, ist die große Stärke von Cédric Kahns Film.

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