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Ist das vielleicht eine Lösung?

© Karikatur: Klaus Stuttmann

Falsches Fernsehen im richtigen Leben: Mehr Corona ins TV!

Maria Furtwängler bemängelt das Fehlen der Pandemie in Serien und Filmen. So verständlich dieser Mangel ist, so falsch ist er auch. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Joachim Huber

Maria Furtwängler hat eine richtige Beobachtung gemacht. Sie wundert sich darüber, dass die Coronakrise in Fernsehfilmen und -serien nur wenig präsent ist. „In vielen Erzählungen wird so getan, als gäbe es die Pandemie nicht“, sagte sie.

Fast möchte man die Schauspielerin korrigieren: nicht nur in vielen, sondern in die allermeisten Serien und Filmen hat sich das Virus nicht eingeschlichen. Die Drehorte gleichen aktuell Intensivstationen. Test auf Test, Maske, Abstand, erst beim Kommando „Wir drehen“ wird Corona ausgeblendet. Schon erstaunlich, wie sehr sich die Wirklichkeiten vor und hinter der Kamera unterscheiden.

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Weniger erstaunlichen sind solche Widersprüche mit Blick auf eine ZDF-Studie. 74 Prozent der Deutschen sagen, sie seien froh, beim Schauen von Serien und Filmen nicht an die alltäglichen Corona-Einschränkungen erinnert zu werden. Gar 80 Prozent wollen nicht, dass Abstandhalten und Maskentragen ins Geschehen einfließen, nur 22 Prozent würden sich „Corona-Fiktion“ überhaupt anschauen.
Nennen wir es Eskapismus, akzeptieren wir den TV-Hedonismus, verstehen wir die Notwendigkeit, sich mit dem Lieblingsstoff des TV-Sortiments, dem Krimi, in eine Welt des Nicht-Betroffenseins zu wechseln. Das Corona-Virus sitzt jedem im Nacken, die Gefahr eines Überfalls, gar einer mörderischen Attacke ist so fern der individuellen Erwartung, dass dieser Grusel gern in der TV-Wirklichkeit serviert werden darf. Brutal darf es zugehen, nur anders brutal als in der wirklichen Wirklichkeit.

Was wollen wir künftig sein?

Eine nahe virenfreie Fiktion? Der Austausch unmittelbaren Lebens gegen ein telegen vermitteltes wird nicht die Antworten liefern, die wir brauchen: Was hat Corona mit uns gemacht? Wer sind wir nach dem Abklingen der Krise, wer sind wir geworden, was wollen wir künftig sein? Große Fragen, für manches Fiktionsformat zu groß, wenn die Antworten nicht platt und glatt werden sollen. Doch die Fragen drängen, ob wir es wollen oder nicht. Das Fernsehen, linear wie nonlinear, die Medien, ob Print oder digital, haben zu liefern. Weil die Zukunft eine Zukunft nach, mit oder wegen Corona ist.

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