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Dr. Herbert Sattler (Heino Ferch, li.) und Leo Pfeffer (Florian Teichtmeister)

© ZDF

Erster Weltkrieg - Sarajewo 1914: Heino Ferch steht im ZDF für's Kaiserreich

Heino Ferch als gestrandeter Mediziner aus Berlin, das Attentat in Sarajewo 1914 und ein kleiner Untersuchungsrichter, der auf der Suche nach Hintermännern Ungereimtheiten findet. So war's nicht - hätte aber so sein können.

Der Film ist eine Fiktion. Eine Erzählung über den Weg in den Ersten Weltkrieg. So ist es nicht gewesen, so ist es nicht passiert, wie das tödliche Attentat auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau Sophie in Sarajevo am 28. Juni 1914 die Völker Europas in die große, vielerorts herbeigesehnte Schlacht stürzte. Ein Schlachten ist es geworden, 17 Millionen Tote, ein Zeitalter ging unter.

Es hätte so sein können, so viel Anleihe nimmt die Produktion an den historischen Fakten. Und löst sich davon, indem Schlüsselmomente zur Rahmung einer charakterbezogenen Geschichte verwendet werden. Ein kleiner Untersuchungsrichter, Dr. Leo Pfeffer (Florian Teichtmeister), soll die Attentäter finden. „Es ist offensichtlich, dass die serbische Regierung hinter diesem Attentat steckt und Sie, Dr. Pfeffer, werden das beweisen“, so lautet der Auftrag von oben. Die Kriegstreiber in Wien und Berlin benötigen einen wasserdichten Bericht, um zu beweisen, dass gegen Serbien losgeschlagen werden muss. Pfeffer macht sich an die Arbeit, eingezwängt zwischen Pflicht und Moral, zwischen seinem Bekenntnis zu Österreich-Ungarn und seiner argwöhnisch betrachteten Herkunft als kroatischer Jude; und hin- und hergerissen ist er zwischen der Vernunft, diese berufliche Chance zum Aufstieg zu nutzen, und der aufflammenden Leidenschaft zur schönen Serbin Marija (Melika Foroutan).

Route stand in allen Zeitungen

Je länger er recherchiert, desto mehr fallen ihm Ungereimtheiten ins Auge. Der Thronfolger war in der bosnisch-serbischen Hauptstadt nur unzureichend geschützt, die Fahrtroute stand in allen Zeitungen, waren die Morde wirklich nur die Tat von drei Halbwüchsigen? Pfeffer erkennt, dass er in ein Hase-und-Igel-Spiel gedrängt wird, nur ist er der Hase, während die Igel zur deutsch-österreichischen Creme aus Diplomatie und Militär gehören.

Der Fernsehfilm „Das Attentat – Sarajevo 1914“ von Matrin Ambrosch (Buch, „Spuren des Bösen“) und Andreas Prochaska (Regie, „Das finstere Tal“) versteigt sich nicht zum Traktat: Schaut her, so und nicht anders ist es gewesen, wir haben neue Erkenntnisse, die Geschichte muss wenigstens in Details umgeschrieben werden. Das Erlebnis des Einzelnen, der Hauptfigur des (historisch belegten) Untersuchungsrichters Pfeffer, ist das prägende Element des Films. David wird Goliath nicht aufhalten können, aber hat er es versucht, mit seinen Mitteln. Es nicht geschafft zu haben, das ist seine Tragödie, tiefenverschärft durch den Verlust Marijas, die mit ihrem Vater nach Paris flieht. Könnte er mit? Pfeffer will seinen Aufklärungsweg zu Ende gehen. Er hat seine Aufgabe, er zahlt den Preis. Der Zuschauer sieht ihm in die Augen.

Es ist der große Vorzug der ZDF/ORF-Produktion, dass Fettnäpfchen voll falscher Gefühligkeit umgangen werden. Das ist kein Kostümschinken, keine Groteske der eisenfressenden Kriegstreiber in der Otto-Dix-Fratze. Die Unterströmung treibt die Erkenntnis nach oben, dass Menschen nicht nach ihren menschlichen Maßstäben agieren, sondern sich von beängstigenden Motiven leiten lassen. Krieg soll sein, „Serbien muss sterbien“. Pfeffer unterschreibt den offiziellen Bericht, und er schreibt einen zweiten.

Florian Teichtmeister spielt den Untersuchungsrichter, den Zivilisten unter den Militärs, der mit dem Fahrrad fährt, wo andere in Kutschen gefahren werden. Teichtmeister lässt seinen Pfeffer sichtbar nachdenken, Fahnder, Rechercheur, der bei Attentätern wie bei Vorgesetzten auf Einsicht drängt. Wer kann an einer Unwahrheit interessiert sein, wenn sie in die Katastrophe führt? Liebe wird in Zeiten des Mars zum Randgeschehen.

Melika Foroutan skizziert ihre Marija mit konzentrierten, verhaltenen Auftritten, die Serben müssen sich ducken, es gibt Pogrome, von den österreichischen Herren geduldet. Heino Ferch als Dr. Herbert Sattler, ein in Sarajevo gestrandeter Mediziner aus Berlin, steht für die Interessen des deutschen Kaiserreichs. Sattler ist ein Pragmatiker des Lebens, der in der Intrige, im aufkommenden Krieg seine Vorteile erkennt und auf der Seite der Macht mitspielt. Ferch gibt ihm die Unwucht des blitzgescheiten Gescheiterten, der sich mit Schläue aus dem Mauseloch seiner Existenz befreien wird. Der Krieg nimmt, der Krieg gibt – das Leben, das angenehme Leben gibt es nur einmal. Also her damit, ehe es zu spät ist.

„Das Attentat – Sarajevo 1914“, ZDF, Montag, 20 Uhr 15

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