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Szenename „Khaldor“. Thomas Kilian arbeitet oft rund um die Uhr.

© promo

E-Sport: Die andere Champions League

Thomas Kilian kommentiert das Computerspiel "Starcraft 2". Er lebt in Südkorea, einer Hochburg des E-Sports und ist in der Szene ein Star.

In Deutschland heißen sie Marcel Reif, Wolff-Christoph Fuss oder Bela Réthy. Fast jeder kennt sie, denn sie kommentieren Fußball, den Lieblingssport der Deutschen. Thomas Kilian kennen nur wenige. Er lebt in Südkorea und kommentiert dort professionell das Computerspiel „Starcraft 2“. Elektronischer Sport, E-Sport, hat sich nicht nur in Asien zu einem Massenphänomen entwickelt, weltweit verfolgen Zehntausende Kilians Livestream im Internet.

„This is so epic, unbelievable! What a comeback!“ Wenn Thomas Kilian seiner Arbeit nachgeht, spricht aus ihm die pure Leidenschaft. In seinem Zimmer in Seoul oder von großen Turnieren, wie etwa der „IGN Pro League“ am vergangenen Wochenende in Las Vegas, kommentiert der 30-Jährige aus Walldorf bei Heidelberg das Computer-Strategiespiel . Das größte Turnier der Welt, die Major League Gaming, wurde 2011 sechs Mal ausgetragen, zu Spitzenzeiten verfolgten über 240 000 Zuschauer aus 175 Ländern gleichzeitig den Livestream.

Die Caster, so nennt man Kommentatoren wie Kilian in der Fachsprache, haben einen großen Anteil an dieser Entwicklung. „Sie heben sofort hervor, wenn ein Spieler eine besonders gute Aktion bringt, so dass es auch für Zuschauer ohne viel Erfahrung möglich ist zu verstehen, was vor sich geht“, sagt Jonathan Belke, einer der besten deutschen Spieler. Der Caster muss den Spagat meistern, geübte Spieler nicht zu langweilen und Anfänger, sogenannte „Noobs“, nicht durch Fachsimpelei zu vergraulen.

Bereits zu Schulzeiten war Thomas Kilian unter seinem Pseudonym „Khaldor“ in der E-Sport-Szene aktiv. Im Jahr 2001 machte er als Caster seine ersten Erfahrungen. „Ich habe bei meinem ersten Turnier kurze Instruktionen erhalten und dann einfach drauflos gecastet“, erzählt er. In seiner Anfangszeit aber galten Zuschauerzahlen jenseits der 100 schon als Erfolg.

Wie wird man Caster? Und kann man davon leben?

Neben seinem Hobby absolvierte er ein Studium in International Business Administration. „Mein Herzblut hing aber am E-Sport, darum entschloss ich mich, es ein Jahr als Caster zu versuchen.“ Zu dieser Zeit, im Sommer 2010, erschien „Starcraft 2“ auf dem Markt. Durch die neuen technischen Möglichkeiten entwickelte sich hier schnell ein großes Angebot an Livestreams von Spielern und Castern. Mittels eingespielter Werbesequenzen lässt sich damit ganz gut verdienen.

Seinen Durchbruch verdankte Kilian mehr oder weniger dem Zufall. Weil der englische Caster eines großen „Starcaft 2“-Turniers die Fans langweilte, wechselten viele Zuschauer zu seinem deutschsprachigen Stream. Überrascht fand er im Anschluss mehr als zwanzig Seiten überwiegend positives Feedback auf seiner Seite. Obwohl viele kein Deutsch verstanden, waren sie begeistert von Khaldors verrückt-leidenschaftlicher Art zu kommentieren. So wurde er zu einem Gesprächsthema in der Szene und begann, gelegentlich auch auf Englisch zu kommentieren.

Auf diesen Tag hatten Strategie-Fans sehnsüchtig gewartet: Am 27. Juli 2010 erscheint "Starcraft 2:

Seit über einem halben Jahr lebt er nun in Seoul. Er kommentiert die koreanische Global Starcraft League (GSL), die als Champions League des Computerspiels „Starcraft 2“ gilt. Außerdem kommentiert er koreanische und europäische Turniere. Zudem hat er beim koreanischen Sender „GomTV“, der „Starcraft“ zur besten Sendezeit ausstrahlt, einen festen Vertrag. Er verdient nicht schlecht. „Es reicht, um mir jeden Monat etwas zurückzulegen.“

Viele verstünden nicht, dass es harte Arbeit sei, „was ich hier mache. Wenn ich mitkriege, dass sich 18-Jährige hinsetzen, ein bisschen casten und denken, sie würden damit reich, kann ich nur müde lächeln.“ Er arbeite eigentlich die ganze Woche, teilweise rund um die Uhr. Abends kommentiert er die GSL für "GomTV", andere Turniere muss er wegen der Zeitumstellung zu Europa nachts kommentieren.

Morgens besucht er einen Koreanisch-Kurs. Mittags versucht er, „ein paar Stunden zu schlafen“, bevor es wieder losgeht. Seine Aufstiegschancen sieht er begrenzt. Im Moment kommentiert er den „Code A“, was man als zweite Liga der GSL bezeichnen kann. Die erste Liga ist mit einem in der Szene legendären Duo besetzt, den Amerikanern Dan „Artosis“ Stemkoski und Nicolas „Tasteless“ Plott. „An ihnen“, sagt Kilian, „führt kein Weg vorbei.

Das Echtzeit-Strategiespiel ist eines der erfolgreichsten des Genres. Es bietet einen Einzelspieler- oder einen über das Internet zu nutzenden Mehrspielermodus an. Vor einer ScienceFiction-Szenerie treten mindestens zwei Spieler gegeneinander an und versuchen, mit verschiedenen Taktiken ihre Gegner auszuschalten. Ein Spiel kann zwischen fünf Minuten und einer Stunde dauern. „Starcraft 2“ ist nach Angaben der Entwicklerfirma das am schnellsten verkaufte Computerspiel: Innerhalb von 48 Stunden nach der Veröffentlichung am 27. Juli 2010 gingen 1,5 Millionen Exemplare weg.

Fabian Morsch

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