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Das hätte er wohl gerne. US-Präsident Donald Trump mit dem Körper von Rocky.

© AFP

Donald Trump als muskelgestählter Rocky: Mir kann keiner was!

Wird die Fotomontage von Trump als Rocky III zum populärsten Tweet des US-Präsidenten? Seine Anhänger jubeln, seine Gegner spotten.

Der Mensch gewöhnt sich an allem, auch an dem Dativ. Dieser Kalauer erinnert daran, dass Sprache zwar im Wandel ist, der Wandel aber durch Gebrauch stetig eingeübt werden muss, um auf allgemeine Akzeptanz stoßen zu können. US-Präsident Donald Trump ist ein Meister darin, die Grenzen des Ausdrucks zu testen, zu erweitern und zu überschreiten.

Sein jüngster Streich ist wieder einmal ein Tweet. Zu sehen ist eine Fotomontage, die Trumps Kopf auf dem muskelgestählten Körper von Sylvester Stallone aus dem Film „Rocky III“ („Das Auge des Tigers“) aus dem Jahre 1982 zeigt. Der Tweet wurde am Mittwoch abgesetzt, kurz nachdem Trump in seinem Mar-a-Lago-Anwesen in West Palm Beach, Florida, eingetroffen war, wo er das lange Thanksgiving-Wochenende verbringen will. In kurzer Zeit reagierten auf das Bild mehr als eine halbe Million Twitter-Nutzer mit einem „Like“, knapp 200.000 Nutzer verbreiteten es weiter. Gut möglich, dass dieser Tweet zum populärsten seiner Amtszeit wird.

Viele Interpretationen sind möglich

Einen Kommentar Trumps zu der Fotomontage gibt es nicht. Das erschwert die Interpretation – und beflügelt sie. Die beschreibenden Adjektive reichen von „absurd“ und „bizarr“ bis zu „seltsam“ und „wunderlich“. Ist das Bild eine Anspielung auf seinen Gesundheitszustand?

Noch am Abend zuvor hatte Trump auf einer Wahlkampfveranstaltung in Sunrise, Florida, Berichte zurückgewiesen, denen zufolge er einen Herzinfarkt erlitten hatte. Oder soll es seine Kampfeslust im Streit über ein mögliches Amtsenthebungsverfahren dokumentieren? Vielleicht ist es auch kein Zufall, dass Mittwoch der 34. Jahrestag der Ausstrahlung von „Rocky IV“ war („Der Kampf des Jahrhunderts“). Darin streckt Rocky Balboa seinen sowjetischen Box-Kontrahenten Ivan Drago in der letzten Runde zu Boden. Plant Trump eine neue Russland-Politik?

Keiner weiß es. Die Vieldeutigkeit provoziert polarisierende Reaktionen. Trumps Anhänger jubeln über das ikonographische Bild. „Kein Präsident hat jemals so hart für die schuftenden, Steuern zahlenden, die Verfassung achtenden, gottesfürchtigen, patriotischen Arbeiter und amerikanischen Bürger gekämpft wie Trump“, schreibt einer. Trumps Gegner wiederum spotten. Ob andere beim Anblick des Bildes auch den Drang verspürten, sich übergeben zu müssen, fragt die Schauspielerin Angela Belcamino. Genüsslich kontrastiert wird die Fotomontage mit echten Bildern vom leicht übergewichtigen Präsidenten.

Trump kalkuliert Kritik und Verrisse ein

Es ist sehr wahrscheinlich, dass Trump die Wirkung seiner Tweets genau kennt. Hohn und Spott, Kritik und Verrisse kalkuliert er ein. Weil er das Land ohnehin gespalten hat, sucht er sein Heil nicht in der Mitte, sondern in einer Festigung der Lagermentalität seiner Anhänger. Wie macht er das? Seine Widersacher reizt er ganz bewusst zur Weißglut, damit sie rhetorisch überziehen – und dadurch den Konter ermöglichen, keinen Spaß zu verstehen, den Präsidenten zu hassen, ideologisch verbohrt zu sein. Was ist denn schon dabei, einmal als Rocky zu posieren?

Rocky, das ist der amerikanische Traum. Ehrlich, anständig, hart arbeitend, treuer Ehemann. Er kommt von ganz unten und wird ein ganz Großer. In vielerlei Hinsicht ist Rocky also das Gegenteil von Trump. Der aber hat das Underdog-Image dermaßen kultiviert, dass er sich schamlos attributivische Anleihen bei einem realen Underdog-Filmhelden nehmen kann.

Zentral für die Wirkung ist die Haltung, die sich darin ausdrückt. Mir kann keiner was! Keiner schreibt mir Verhaltensweisen vor! Trump ist wie der Rapper, der seine jüngste Schlägerei filmen und auf Youtube verbreiten lässt, um Härte und Furchtlosigkeit zu demonstrieren. Das kommt an. Sich für nichts schämen zu müssen – vielleicht ist das der Traum, der seine Anhängerschaft eint.

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