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Glamourpaar. Herbert von Karajan und seine Frau Eliette waren auch Meister der Selbstinszenierung.

© SWR/Karajan Institut

Doku über Herbert von Karajan: Der Taktstock Gottes

Eine Arte-Dokumentation zeigt den Dirigenten Herbert von Karajan auch von seiner privaten Seite.

„Die Herzen der Menschen konnte er mit der Musik öffnen“, sagt Werner Resel, altgedienter Cellist der Wiener Philharmoniker, „nur sich selber öffnen, das konnte er nicht“. Herbert von Karajan war der berühmteste Klassikkünstler der Welt, ja der Inbegriff des Dirigenten schlechthin. Doch er wollte kein Glamour-Maestro sein, auf den roten Teppichen, die ihm überall ausgerollt wurden, fühlte er sich unwohl. Der 1908 geborene Salzburger war ein verwirrend verschlossener Charakter, vermied in der Kommunikation mit seinen Mitmenschen jedes überflüssige Wort. Nur im Konzert, wo allein die Körpersprache erlaubt ist, da wurde der Maestro zum Taktstock Gottes.

Dieses Rätsel kann auch Sigrid Faltin in ihrer Karajan-Dokumentation nicht auflösen, die Arte jetzt verspätet zum 30. Todestag des langjährigen Chefs der Berliner Philharmoniker sendet. Sie beleuchtet lediglich ein weiteres Mal den Mythos, entwickelt aus vielfältigem Archivmaterial und den ehrfurchtsvollen Statements seiner Getreuen eine hagiografische Verbeugung vor dem Jahrhundertkünstler.

Um jeden Preis Karriere machen, lautete das Credo des jungen Kapellmeisters, was zu Verstrickungen mit dem NS-Staat führte, die er sich selber wie der Öffentlichkeit gegenüber aber niemals aufzuarbeiten vermochte. Doch der enorme Ehrgeiz verband sich von Anfang an auch mit einem unbedingten Qualitätsanspruch: Kaum hatte der 21-Jährige sein erstes Engagement am Theater Ulm angetreten, degradierte er den Konzertmeister des Orchesters zum einfachen Geiger. Woraufhin der Gedemütigte beschloss, den Jungspund zu erschießen – was in allerletzter Sekunde verhindert werden konnte.

Drei Ehefrauen

Chronologisch führt der Film durch die Lebensstationen, zeigt Karajan in Probensituationen aber auch privat, mit den drei Ehefrauen. Die Sängerin Christa Ludwig lobt seine Fähigkeit, sich auf die Tagesform der Solisten einzustellen, Stargeigerin Anne-Sophie Mutter betont, dass sie ihn stets als väterlichen Freund empfunden hat.

Peter Brem und Karl Leister, zwei der großen Karajan-Verehrer aus den Reihen der Berliner Philharmoniker, schwärmen von künstlerisch goldenen Zeiten, in denen auch die Honorare kräftig sprudelten, verstummen aber sofort bei der Frage nach der Causa Sabine Meyer. Dass die Klarinettistin, die der Dirigent unbedingt im Orchester haben wollte, von den Musikern weggebissen wurde, führte zum Zerwürfnis, nahm dem von Gesundheitsproblemen geplagten Maestro – er selbst spricht im Film von „44 schweren Krankheiten und zwölf Operationen“ – die letzte Lebenskraft. Drei Monate nach seinem Rücktritt als Philharmoniker- Chef starb Karajan im Juli 1989, mit 81 Jahren. Frederik Hanssen

„Karajan – Porträt eines Maestros“, Arte, Sonntag, 22 Uhr 20

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