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Zwei Ansprüche aufs Kanzleramt und ein Gesprächsangebot: In der „Berliner Runde“ von ARD und ZDF gaben die Politiker die Richtung für die Zeit nach der Wahl vor.

© Sebastian Gollnow/dpa-Pool/dpa

Update

Die Wahl im Fernsehen: Ein Sieger steht schon fest

Über zehn Millionen Zuschauer: Besonders die „Berliner Runde“ in ARD und ZDF interessierte die Zuschauer.

Diese Bundestagswahl hat die Qualität eines Krimis. Das Ergebnis hat jedenfalls entscheidende Fragen hinterlassen. Steht der Abgang von CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet bevor, zieht SPD-Mann Olaf Scholz ins Kanzleramt, wird seine Partei eine Ampelkoalition aus SPD, FDP und den Grünen anführen? Erste Antworten durften von der „Berliner Runde“ am Sonntag um 20 Uhr 15 erwartet werden, die die Spitzenkräfte aller im alten wie im neuen Bundestag vertretenen Parteien versammelte.
Eine „Berliner Runde“ wird immer parallel von ARD und ZDF übertragen, diese wurde von ARD-Wahlkoordinator Rainald Becker und ZDF-Chefredakteur Peter Frey moderiert. Ob es vorauslaufender „Tagesschau“, der ARD auf der Fernbedienungstaste eins oder schlichter Gewohnheit geschuldet ist, auch diese Kombi-Veranstaltung von Erstem und Zweitem wurde wie schon das gemeinsame „Triell“ von der ARD gewonnen.

Mehr als zehn Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer bedeuten für die Sender: 6,12 Millionen (19,3 Prozent Marktanteil) schalteten ab 20 Uhr 15 Uhr allein im Ersten ein, im Zweiten waren es 3,96 Millionen (12,5 Prozent). Das sind „Tatort“-Quoten – wie um den Verlust der beliebten Krimireihe anzuzeigen, war die stärkste Konkurrenz zur besten Sendezeit der Münster-„Tatort“ „Der Hammer“ im WDR-Fernsehen. Der erstmals 2014 ausgestrahlte Krimi mit Gaststar Frank Zander kam bundesweit auf 2,59 Millionen (8,3 Prozent). Die US-Comicverfilmung „Captain Marvel“ mit Brie Larson und Samuel L. Jackson erreichte auf ProSieben 2,41 Millionen (8,5 Prozent).

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Das Wahlfernsehen dominierte auch den restlichen Abend. Die „Tagesthemen extra“ und „Anne Will“ hielten im Anschluss noch 5,70 und 4,09 Millionen Zuschauer auf dem Sender. Für das „heute journal“ und ein „Maybritt Illner Spezial“ schalteten 4,46 sowie 2,49 Millionen Fernsehzuschauer ein. Während der gesamten Wahlberichterstattung hatte das Erste gegenüber dem ZDF stets einen recht deutlichen Vorsprung. Umgekehrt das ZDF mit der Forschungsgruppe Wahlen die besseren, weil treffsicheren Zahlen aufzuweisen hatte als das Erste mit Infratest Dimap. Sowohl beim Ausgang im Bund wie beim jenem in Berlin näherte sich die Forschungsgruppe Wahlen in Prognose und Hochrechnung den Endergebnissen exakter an, indem sie SPD-Spitzenwerte feststellte.

Infratest Dimap ließ dem Tagesspiegel via ARD mitteilen: „Die Unterschiede zwischen SPD und Union waren in der Exit Poll von Infratest dimap zu gering, um damit in der Prognose eine belastbare Aussage zur Reihenfolge der Parteien zu begründen. Betrachtet man die Abweichungen je Partei, so lagen sie im üblichen Rahmen.“

Unterschiedliche Auffassung zum RTL-Ergebnis

Und wie lief es für die Privatsender? Besonders die Mediengruppe RTL hatte sich für den Wahltag mächtig ins Zeug gelegt. Nach einer Doku über „Angela Merkel – ihr Weg, ihre Geheimnisse & ihre Zukunft“ startete der Kölner Privatsender um 12 Uhr mit „Neustart für Deutschland – der Wahltag“. „Dass wir mit den gemeinsamen Sendungen bei RTL und ntv von 12 bis 22 Uhr 15 Uhr über 14 Millionen Menschen erreicht haben, ist Anerkennung und Ansporn zugleich“, resümiert RTL den Tag. Der Mediendienst DWDL.de kommt in der Einzelbetrachtung allerdings auf eine andere Rechnung, bei der RTL zum Beispiel in der Wahlsendung ab 17 Uhr nur auf einen Marktanteil von 6,3 Prozent in der werberelevanten Zielgruppe kam und somit unterm Senderschnitt blieb. Zufrieden kann die RTL-Gruppe mit den Quoten des Nachrichtensenders ntv sein. Dort liefen die Sondersendungen „News Spezial: Kampf ums Kanzleramt“. ntv kam insgesamt auf eine Tagesreichweite von 1,8 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen und ließ damit den Konkurrenten Welt (1,3 Prozent) hinter sich.

Die ProSiebenSat1-Gruppe hatte sich entschieden, die Wahl nur von Sat1 zu covern, obwohl das Triell auch von ProSieben und Kabel Eins übertragen wurde. Am Sonntag begnügten sich die Münchener ab 17 Uhr 55 mit einem einstündigen „Sat 1 Wahlspezial“. Für die Zuschauer wenig Anreiz, den Bällchensender einzuschalten. Nur 560 000 Zuschauer (Marktanteil zwei Prozent) nahmen dieses Angebot an. „Im Vorfeld der Bundestagswahl konnten ProSieben und Sat 1 mit spannenden Formaten und dem vielleicht besten TV-Triell Rituale insbesondere bei den jungen Zuschauer:innen durchbrechen. Am Wahlabend selbst ist das nicht gelungen“, räumt die Privatsendergruppe selbstkritisch ein.

Bild TV "klaut" bei ARD und ZDF

Beim neuen Nachrichtenkanal Bild TV lief zu der Zeit eine zweistündige Sondersendung, die in der linearen Ausstrahlung auf 50 000 Zuschauer und einen Marktanteil von 0,4 Prozent kam. Der Springer-Sender handelte sich dabei Ärger mit der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz ein. Weil Bild TV ohne Genehmigung Material von ARD und ZDF verwendet hat, prüfen diese rechtliche Schritte gegen den Springer-Sender. Der Konzern bietet seinerseits einen Ausgleich an. Sprecher Christian Senft sagte dem Nachrichtenportal t-online: „Falls sich aus der Übernahme seitens ,Bild’ Ansprüche von ARD und ZDF ergeben sollten, sind wir gerne bereit, diese zu begleichen.“

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