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Preisverdächtig: Die "New York Times" soll nicht ganz sauber gearbeitet haben.

© picture alliance/dpa

Die „New York Times“ in der Kritik: Der Ruch von Plagiat

Unsaubere Quellenarbeit? Die „New York Times“ sieht sich mit Vorwürfen konfrontiert.

Als die „New York Times“ in diesem Jahr drei Pulitzerpreise erhielt, die prestigeträchtigsten Auszeichnung des Journalismus, reagierte die russische Botschaft in Washington erbost. Die Prämie hatte das Blatt unter anderem für ihre Russland-Berichterstattung erhalten. Es seien „fesselnde Geschichten, recherchiert mit großem Risiko, die den räuberischen Charakter von Wladimir Putins Regime“ zeigen. In keinem der Artikel geht es um die Situation im Innern von Putins Reich, sie beschäftigen sich mit den Kriegen in Libyen und Syrien, den Wahlen in Madagaskar und Zentralafrika sowie mit Morden in Bulgarien und in der Ukraine.

Und an einem dieser Stücke klebt jetzt der Ruch von Plagiat. Die russische Botschaft hatte die Preisbeiträge auf ihrer Facebook-Seite als „hervorragende Sammlung unermüdlicher russophobischer Erfindungen“ kritisiert. Dass sich Moskaus Diplomaten in Washington pflichtschuldigst entrüsteten, war keine Überraschung. Doch es meldete sich auch der kremlkritische Journalist Roman Badanin, der Chefredakteur der investigativen Web-Seite „Projekt“.

Er wunderte sich, dass die „New York Times“ mutmaßlich auf Recherchen zurückgriff, die „Projekt“ Monate vorher veröffentlicht hatte. In einem Artikel über die Wahlen in Madagaskar vom November 2019, so erklärte Badanin der Web-Seite „Meduza“, habe die „Times“ „alle grundlegenden, ja sogar zweitrangige Fakten über Madagaskar und Afrika im ganzen wiederholt, die im März und April des vergangenen Jahres veröffentlich waren“.

Den schweren Vorwurf des Plagiats mag Badanin nicht erheben. Er sei überzeugt, dass die „Times“ selbst recherchiert habe. „Sie haben Quellen, sie waren vor Ort. Aber für mich ist etwas anderes die Hauptfrage. Nirgendwo ist erwähnt, dass wir die Geschichte schon erzählt haben.“

Bargeld, Trolle und ein kultischer Führer

Im März war bei „Projekt“ der Artikel „Pate und Chefkoch. Wie Jewgeni Prigoschin die russische Offensive in Afrika führt“ erschienen, im November folgte in der „Times“ der Beitrag Wie Russland im Ausland Profite scheffelt. Bargeld, Trolle und ein kultischer Führer“ von Michael Schwirtz. Beide weisen eine inhaltliche Ähnlichkeit auf.

In beiden geht es auch um den Einsatz von Privatarmeen wie der Gruppe „Wagner“ zur Durchsetzung von Zielen der russischen Außenpolitik in Afrika. Diese Söldnertruppen gelten selbst bei den Verantwortlichen in der russischen Armee als dubios. Die offiziellen russischen Sicherheitskräfte beanspruchen für sich das alleinige Recht zu entscheiden, wo und wann militärisch eingegriffen wird.

Das Preiskomitee und die „Times“ reagierten jedenfalls verschnupft auf Badanin. Als „Projekt“ seine Recherchen veröffentlichte, habe Schwirtz schon Monate an dem Thema gearbeitet, ließ man verlauten.

„Er hat keinerlei Material von ,Projekt' verwendet.“ Das versicherte auch der Autor selbst. Doch inzwischen haben auch Journalisten von „The Insider“, einem weiteren mutigen Rechercheprojekt, von einem ähnlichen Fall berichtet, in dem ihre Erkenntnisse ohne Quellennennung in US-Medien benutzt worden seien.

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