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Hat sich zum Geschäftsmodell entwickelt: der Berufssatiriker Jan Böhmermann

© dpa

Der Satire-Trump: Jan Böhmermann ist nur noch ein Twitter-Zombie

Wo er früher den Nerv, die Nerven der Zeit getroffen hat, nervt der von sich selbst berauschte Na-ja-Satiriker nur noch. Ein Wutausbruch.

Erst habe ich mir gedacht, ich eröffne einen Beleidigungs-Contest. Ich heiße Jan Böhmermann einen "Versicherungsvertreter", wenn er darauf nicht reagiert, nenne ich ihn einen "Ziegenficker". Danach berufe ich mich auf die Presse-, schließlich auf die Satirefreiheit und behaupte, ich wollte Böhmermann einen Spiegel vorhalten und zugleich vorführen, was alles an Meinungsäußerung in diesem Land möglich ist.

Aber ist die Kraft, meinetwegen die Kunst der Beleidigung vulgo Schmähkritik nicht genau das, was das Geschäftsmodell des Polizistensohns aus Bremen ist?

Böhmermann hat sich vorgenommen, die Öffentlichkeit ständig auf sich aufmerksam zu machen. Nur das befeuert seine Reichweite bei "Neo Magazin Royale", seine Abrufquote bei "Fest & Flauschig", den Kartenverkauf für das "Rundfunk-Tanzorchester Ehrenfeld". Dieses Response-System funktioniert in einer erregten, auf jeden Fall leicht erregbaren Mediengesellschaft. Die eine Hälfte des Publikums schäumt vor Freude, die andere Hälfte schäumt vor Wut. Und Böhmermann goes Millionär.

Ich stehe dazwischen, aber nicht zwischen den Polen. Eine Beleidigung - acht Millionen Österreicher sind acht Millionen debile Österreicher, noch dazu leben sie in der Alpen-Türkei - ist leicht, ja einfach, gerade in Zeiten, wo sich jeder ganz schnell von allen und jedem beleidigt fühlt. Das Unsagbare ist längst sagbar geworden, dito das Undenkbare. Böhmermann nutzt das aus, er sieht sich allerdings auf der richtigen Seite: Schlagt die Rechten, wo Ihr sie treffen könnt. Da hat er Grandioses geleistet, erinnert sei nur an die Fake-Doku "Reichspark", sprich die Inszenierung eines NS-Erlebnisparks in Brandenburg. Weit von Satire entfernt und nahe an den Möglichkeiten und Realitäten der Zeit. Da steckte Mühe, Arbeit, Überlegung drin.

Satire-Trump

All dies steckt immer weniger im aktuellen Jan Böhmermann. Er hat sich zum Satire-Trump, zum Twitter-Zombie verschlechtert. Ständig glaubt er, er müsse sich in irgendwas und alles einmischen. Als müsste er die abgewirtschaftete "Titanic" und den Martin Sonneborn auf Politiktrip durch das Einzel-Genie Böhmermann ersetzen. Jan Böhmermann, das soll die Wasserscheide zwischen Gut und Schlecht, zwischen Richtig und Falsch sein. Ist sie aber nicht. Sie ist nur dann eine, wenn Böhmermann ein besserer Böhmermann ist.

Der erkennbar von sich selbst berauschte Na-ja-Satiriker nervt, wo er früher den Nerv, die Nerven der Zeit getroffen hat. Jan Böhmermann nervt entsetzlich. Weil er Lautstärke mit Talent verwechselt, weil er Sound mit angemessener Tonlage verwechselt, weil er Beleidigung mit Satire verwechselt. Weil er nicht anders kann, als sich selbst für großartig nahe des Göttlichen zu halten.

Das war jetzt keine Beleidigung, sondern eine Analyse frei von Beleidigung. Hoffe ich.

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