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Patricia Schlesinger, Ex-Intendantin des Rundfunk Berlin - Brandenburg (rbb)

© imago/Christian Kielmann

Der Rundfunkrat und der Fall Schlesinger: Schlechter Rat ist teuer

Es ist viel zu früh für eine endgültige Regelung in Sachen Schlesinger-Gehalt. Der Rundfunkrat sollte keine Entscheidungen treffen, die dem Sender nachhaltig schaden. Eine Position.

Frank Überall, 51, ist Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV). Der promovierte Sozialwissenschaftler und Professor an der HMKW Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (Köln/Berlin) hat als einen Forschungsschwerpunkt Korruption und sitzt im Beirat der deutschen Sektion von transparency international. Überall berichtet zudem seit 25 Jahren als Journalist unter anderem für WDR und ARD.

Die Affäre rund um die zurückgetretene RBB-Intendantin Patricia Schlesinger zieht immer weitere Kreise. Ständig werden neue Details aus ihrem mutmaßlich luxuriösen Treiben auf Kosten von Beitragszahlenden und letztlich auch auf dem Rücken der Mitarbeitenden und des Programms bekannt. Natürlich gilt wie für jede Beschuldigte die Unschuldsvermutung.

Die Reihe der offenbar gut belegten Vorwürfe aber muss eine Mahnung sein, jetzt nicht die falschen Weichen zu stellen. Der Rundfunkrat sollte das in seiner Sondersitzung an diesem Montag klar auf dem Schirm haben.

Es soll in dem außerordentlichen Treffen vor allem darum gehen, wie der Vertrag mit der Noch-Intendantin aufgelöst wird. Nach ihrem „Rücktritt“ wird sie weiterhin immer noch bezahlt. Berichten zufolge will Schlesinger eine arbeitsvertragliche, bezahlte Rückzugsphase bis Februar kommenden Jahres nutzen. Andere fordern die fristlose Entlassung, was in der erdrückenden Lage sicher der bessere Weg wäre. In beiden Fällen muss das Kontrollgremium des RBB genau darauf achten, welche Zahlungsverpflichtungen aus den Beitragsgeldern der Bürgerinnen und Bürger noch entstehen.

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Das ist ein Biotop für juristische Feinschmecker. Im Medienfachdienst Kress hat sich nun bereits ein Arbeitsrechtler zu Wort gemeldet, der eine dauerhafte Altersversorgung von bis zu 15 000 Euro im Monat für Patricia Schlesinger für unabdingbar hält. Das sei eine „Anwartschaft, die durch die bereits geleistete Arbeit verdient wurde“.

Eine solche rechtliche Ansicht dürfte im konkreten Fall aber zu kurz greifen. Denn als Intendantin des RBB war Schlesinger sogenannte Amtsträgerin.

In früheren Fällen beim Hessischen Rundfunk (HR) und Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) war bereits höchstrichterlich festgestellt worden, dass in öffentlich-rechtlichen Anstalten die „Amtsträger-Eigenschaft“ gilt. Vereinfacht gesagt bedeutet das, dass im Strafrecht die engen Vorschriften wie für Beamtinnen und Beamte gelten. Der Annahme und Gewährung von Vorteilen beispielsweise können sich nur solche Beschäftigten schuldig machen, die in einem besonderen Dienst- oder Verantwortungsverhältnis gegenüber Behörden und entsprechend gleichgestellten Institutionen arbeiten. Und der RBB ist zumindest strafrechtlich in dieser Kategorie.

Sonst wird der Etat des RBB womöglich dauerhaft zu Unrecht belastet

Zunächst ist das für die Ermittlungen relevant, es weist aber auch darüber hinaus. Es dürfte eine spannende rechtliche Frage sein, ob auch arbeitsrechtlich die Haltung der obersten Bundesgerichte zur „Amtsträger-Eigenschaft“ gelten. Schließlich schreibt das Bundesdisziplinargesetz vor, dass das Ruhegehalt aberkannt werden kann, „wenn er durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat und daher als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen wäre“.

Der Rundfunkrat muss das berücksichtigen, alleine um weiteren finanziellen Schaden vom RBB abzuwenden. Ob und in welchem Umfang Patricia Schlesinger als Intendantin „schwere Dienstvergehen“ im Sinne des Gesetzes begangen hat, muss noch herausgefunden und bewiesen werden. Das wird dauern.

Deshalb ist es auch noch viel zu früh für eine endgültige Regelung. Sollte an diesem Montag im Rundfunkrat eine wie auch immer geartete Vertragsauflösung erfolgen, muss zu dieser Frage ein verbindlicher Passus beschlossen werden. Sonst wird der Etat des RBB womöglich dauerhaft zu Unrecht durch hohe Zahlungen an eine frühere Führungskraft belastet, die dem Sender schon jetzt dramatisch geschadet hat.

Frank Überall

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