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Unfall oder Mord? Die Kärntner Dorfpolizistin Martina Schober (Jutta Fastian, vorn) und ihr Chef Georg Treichel (Peter Raffalt) werden von Oberinspektorin Ilse Acham (Pia Hierzegger) aus Klagenfurt unterstützt.

© ZDF/Helga Rader

Der „Landkrimi“ im ZDF: Jäger und Getriebene

Trotz oder gerade wegen der düsteren Stimmung: Der ZDF-„Landkrimi: Waidmannsdank“ bietet Abwechslung zur gewohnten Krimikost.

Das fängt ja gut an: Hannes Guggenbauer junior (Robert Stadlober) fährt mit seinem Puch-Moped zur örtlichen Bank. Mit einem Kredit will er Hof und Hotel in der Kärntner Alpengemeinde modernisieren und attraktiver machen. Doch die Sicherheit, die das Kreditinstitut fordert, kann er nicht leisten. Sein Vater – Hannes Guggenbauer senior (Helmut Bohatsch) – verhökert den Familienbesitz lieber scheibchenweise, um sich ein schönes Leben zu machen. Zum Beispiel mit einem protzigen Monster-Auto. Dumm nur, dass der Senior das neue Gefährt sturzbetrunken vor dem Wirtshaus ramponiert – und darum seinen Führerschein ausgerechnet bei seiner Schwägerin, der Dorfpolizistin Martina Schober (Jutta Fastian), und ihrem Chef Georg Treichel (Peter Raffalt) abgeben muss.

Bereits nach wenigen Minuten im „Landkrimi: Waidmannsdank“ – einer Gemeinschaftsproduktion von ORF und ZDF – wird klar: Hier wird nicht nur ein ganz eigener Dialekt gesprochen, hier ist zugleich die Bergkulisse das einzig Idyllische am Setting – falls man davon trotz ewig verhangenem Himmel überhaupt etwas sieht. So wie vor dem Haus von Jäger Ernst Huber (Arnold Dörfler), vor dem aus einem unerfindlichen Gründen immer dessen Ehefrau steht.

[„Landkrimi: Waidmannsdank“, ZDF, Montag, 20 Uhr 15]

Immerhin passt das Wetter zur Stimmung, denn Polizistin Schober muss der Frau die Nachricht vom Tod ihres Mannes überbringen. Der wollte am frühen Morgen einen Hirschen schießen – doch eine Sprosse des Hochsitzes war locker; beim Fall wurde der Jäger von einem Ast aufgespießt. Schober und Treichel erkennen schnell, das mehr steckt hinter dem vermeintlichen Unfall. Die Dorfpolizisten fordern Unterstützung aus Klagenfurt an.

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Eine kluge Entscheidung, denn es wird nicht bei der einen Gewalttat bleiben. Und mit Oberinspektorin Ilse Acham (Pia Hierzegger hat auch das Drehbuch geschrieben, Regie führte Daniel Prochaska) kommt eine Ermittlerin in den Ort, die nicht mit jedem und jeder verwandt oder befreundet ist. Tatsächlich müsste ohnehin eher von verfeindet gesprochen werden. An Motiven für ein Verbrechen besteht kein Mangel, genauso wenig an potenziellen Mordopfern, denn schließlich ist nicht einmal sicher, ob der Anschlag nicht einem ganz anderen Jäger galt. Denn es gibt auch noch einen Wilderer, der sich auf unter Schutz stehende Steinböcke spezialisiert hat.

Von Landliebe ist in diesem Landkrimi wenig zu spüren

Die Klischees in „Waidmannsdank“ sind nicht zu übersehen, die implizite Kritik an der Enge des dörflichen Lebens in den Bergen so übertrieben, dass dies dem Ganzen sofort wieder die Spitze nimmt. Nicht nur in Corona-Zeiten zieht es die Menschen schließlich an Orte wie diesen, Stadtflucht und Landliebe gibt es in Österreich ebenso wie andernorts. Zudem wird in diesem „Landkrimi“ das Menschliche und vor allem das Zwischenmenschliche betont. Wobei hier niemand rundum sympathisch wirkt. Mitleid ist vielmehr das höchste der Gefühle. Doch vielleicht genau deshalb bietet der zweite Landkrimi aus Kärnten eine genießbare Abwechselung zur gewohnten Krimi-Kost, vergleichbar mit den österreichischen "Tatort" mit Adele Neuhauser und Harald Krassnitzer. Für den Landkrimi gilt das übrigens nicht zum ersten Mal. Gedreht wurde diesmal übrigens im Mölltal.

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Dass die Figuren – das gilt besonders für die vier Mitglieder des Jagdvereins – mitunter reichlich holzschnittartig ausfallen, tut dem keinen Abbruch. Neben dem getöteten Jäger und Hannes Guggenbauer senior sind da noch der Aufsichtsjäger Flattacher (Johannes Flaschberger) – ein Grantler vor dem Herrn – und der vierschrötige Tierpräparator Harry Weinisch (Michael Pink). Gemeinsam einsam, scheint die verbindende Devise: Der Guggenbauer-Hannes senior, weil er zwar dem Flattacher die Frau abspenstig gemacht hat, doch diese starb wenig später, Hannes junior war da gerade einmal fünf Jahre alt. Mittlerweile ist der Junior erwachsen, zu Frau oder Freundin hat aber auch er es nicht gebracht. Vielleicht wäre ja Köchin Betti (Karolina Lodyga) die richtige. Die Auswahl ist halt nicht so groß in einer kleinen Alpengemeinde, das weiß auch seine Tante, die Polizistin Schober, die irgendwie den Moment verpasst hatte, den Richtigen zu finden.

Immerhin, in den Kärtner Alpen gibt es keinen Wiener Schmäh, hier wird Klartext geredet. Niemand muss den Anderen etwas vormachen, dafür gären die gegenseitigen Animositäten schon zu lange, auch wenn man sich noch in Gretls Wirtschaft trifft. Es gibt keinen Grund, den Anschein zu wahren, vielmehr wird der Zuschauer Zeuge, wie die Spannungen auf den Höhepunkt zutreiben, sich entladen müssen, um das fragile Gefüge der dörflichen Gemeinschaft zum Einsturz zu bringen. Für den einen geht es um Hof und Heimat, für die anderen um ihre Jagd – die dabei ebenso Lebensgrundlage wie wesentlicher Daseinsgrund ist.

Beim österreichbischen Film- und Fernsehpreis Romy 2021 war „Waidmannsdank“ übrigens nominiert worden – für die Adaption des Volksliedes „I tua wohl“ durch Herwig Zamernik alias Fuzzmann. Wie passend, denn die viel auch reichlich düster aus.

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