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Der Schauspieler Jan Josef Liefers wünscht sich eine bessere Kommunikation in der deutschen Pandemiepolitik.

© Guido Kirchner/dpa

Debatte mit Lauterbach bei „Maybrit Illner“: Liefers wirft Regierung Angstmacherei vor

In der TV-Sendung sind Differenzen zwischen dem Schauspieler und dem Politiker unverkennbar. Insbesondere die Frage nach einer Öffnungsstrategie ist umstritten.

Der Schauspieler Jan Josef Liefers und der Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach haben in der TV-Show „Maybrit Illner“ kontrovers über die deutsche Pandemiepolitik debattiert. Es war das erste Mal, dass die beiden nach ihrem jüngsten und öffentlich ausgetragenen Disput direkt aufeinandertrafen.

In der ZDF-Talksendung, die mit dem 3G-Wortspiel „Geimpft, getestet, genervt - mehr Freiheit wagen?“ betitelt war, räumte der SPD-Politiker Lauterbach zunächst mit Blick auf die Korrektur der deutschen Coronavirus-Impfzahlen durch das Robert-Koch-Institut (RKI) ein, dass Fachleute schon länger die Impfquote des Bundesgesundheitsministeriums anzweifelten.

„Seit etwa zwei Monaten wussten wir, dass die Zahlen des RKI, also die offiziellen Zahlen, nicht stimmen“, sagte Lauterbach, der selbst praktizierender Impfarzt ist. Demnach seien in den Impfzentren „viel zu viele“ Impfungen und bei den niedergelassenen Ärzten „viel zu wenig“ dokumentiert worden.

Die verspätete Bereinigung der Zahlen sowie die schleppende Kommunikation des Ministeriums und des RKI dazu bezeichnete Lauterbach als „Fehler, weil das Verschwörungstheorien nährt“. Deshalb hätten die offiziellen Stellen die Öffentlichkeit früher von der Korrektur unterrichten müssen, so Lauterbach. Anfang Oktober hatte das RKI nach Bürgerbefragungen mitgeteilt, dass die Impfquoten jeweils um fünf Prozentpunkte höher seien als nach bisherigen offiziellen Meldedaten.

Kritik an Angstmacherei

Dieses Thema brachte alsbald auch Liefers in die Debatte. „Was das Thema Kommunikation angeht, das hätte ich mir von Anfang an besser gewünscht“, sagte er und kritisierte die Angst, „die über viele Monate so unglaublich gesät“ worden sei. „Diese Angst ist nichts Gutes. Angst lähmt uns. Angst macht uns unkreativ. Angst macht uns anfällig für Aberglauben und Verschwörungstheorien.“

[Lesen Sie zudem Jan Josef Liefers im Interview: „Deutschland verdient einen Freedom Day“ (T+)]

Liefers war im Frühjahr selbst in den Dunstkreis von Verschwörungstheoretikern geraten, als er sich an #allesdichtmachen beteiligte – einer provokanten Aktion zahlreicher namhafter Künstlerinnen und Künstler, die die deutschen Corona-Beschränkungen insbesondere im Kulturbereich anprangerte.

Infolge der Kritik an dem Projekt meldete sich Liefers bei der Gegenaktion #allemalneschichtmachen an. Hierbei absolvierte der „Tatort“-Star kürzlich eine eintägige Hospitanz auf einer Corona-Intensivstation, was ihm zunächst Anerkennung von Lauterbach einbrachte. Doch nachdem Liefers der Bundesregierung in einem TV-Interview zu viel Druck im Umgang mit Ungeimpften vorwarf, zog Lauterbach sein Lob via Twitter zurück und bezichtigte den Schauspieler, dem Staat Erpressung zu unterstellen.

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Zwar schlug Lauterbach nun bei „Maybrit Illner“ versöhnlichere Töne an und bezeichnete das Wort Erpressung als „vielleicht ein bisschen hart“. Dennoch blieben Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden unverkennbar – insbesondere bei der Frage nach Perspektiven für eine Rückkehr zur alten Normalität.

Inwiefern taugt das Beispiel Dänemark?

Mit Blick auf ein mögliches Ende der Pandemiebeschränkungen führt Liefers das Beispiel Dänemark an, wo es einen Freedom Day bei einer Erwachsenen-Impfquote gab. Das sei für Deutschland hoffnungsstiftend. „Ich sehe, dass 85 Prozent der deutschen Erwachsenen sich einen Impfstoff verabreichen lassen, von dem im Internet irre Storys kursieren“, so der Schauspieler. „Trotzdem haben sie gesagt: Wir tun es, wir tun es für unsere Mitmenschen und wir tun es für den Freedom Day. Und nun steht er vor der Tür. Ich finde das toll“, erklärte Liefers.

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Zwar erkannte Lauterbach den bisherigen Fortschritt in der Impfkampagne ebenfalls als Erfolg an, Liefers‘ Euphore hingegen kann er nicht vollends teilen. „Wir sind noch immer nicht da, wo es möglich wäre zu sagen: ‚Okay, jetzt nehmen wir die Masken runter, wir kontrollieren nicht mehr in den Geschäften es gilt kein 3G mehr‘“, sagte er.

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Das angeführte Beispiel Dänemark griff Lauterbach sodann auch als Erklärung auf. „Diejenigen, die über 65 sind, sind in Deutschland nur zu 85 Prozent geimpft. Das sind aber diejenigen, die mit großem Abstand das größte Risiko tragen. In Dänemark sind wir da schon bei 96 Prozent“, sagte er.

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Eine Impflicht lehnte Lauterbach hingegen ab. „Eine Impfpflicht gibt es aus politischen und aus epidemiologischen Gründen nicht. Wir wissen alle, dass das nicht durchsetzbar ist“, erwiderte er Liefers‘ Vorwurf an die Politik, dass mit „Winkelzügen“ eine höhere Impfquote forciert würde. Die AfD und andere rechte Gruppen machten mobil gegen Impfungen, so der Sozialdemokrat. „Wir wollen doch nicht mit der Impfpflicht diesen Kräften noch zuarbeiten“ erklärte er.

„Am Ende geht keiner ohne Dellen raus“

Zugleich sprach Liefers von bereits spürbaren „Rissen in diesem Land“, die in der Pandemie aufgebrochen seien. Dies gelte sowohl für Befürworter als auch für Gegner der Maßnahmen der Regierung. „Am Ende geht keiner ohne Dellen raus“, sagte Liefers.

Deshalb sei es Zeit für Erleichterungen. Momentan stünden viele Fragen im Raum. Hierbei seien aber weder Politik noch Medizin verantwortlich, so Liefers.  Vielmehr müsse man die Gesellschaft fragen: „Wie wollen wir leben?“ Dabei geht es dem Schauspieler zufolge auch um die Abwägung von Risiken. Wenn man sich auf den Standpunkt einige, dass jeder Erkrankte einer zu viel sei, „dann wird es verrückt“.

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Abschließend bekräftigte er seine Hoffnung auf zügige Lockerungen gepaart mit sozialer Annäherung. „Ich wünsche mir, dass wir am Ende dieses Jahres mit der Aussicht auf einen Freedom Day, wann auch immer der kommt, von unseren Bäumen runterkommen und abrüsten, was Sprache angeht. Und dass wir wieder zurückfinden zu einer Art Form miteinander verschiedene, konträre und zum Teil auch abstruse Meinungen zu verhandeln und auch auszuhalten“, sagte Liefers.

Für Lauterbach ist ein Freedom Day allerdings noch nicht denkbar. „Da es keine Herdenimmunität gibt, müssen wir darauf achten, dass wir bei den über 65-Jährigen auf jeden Fall über 90 Prozent – idealerweise 95 Prozent – kommen“, sagte er.

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