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Marcel Reif.

© dpa

Bundesliga-Kommentatoren in den Stadien: Ist Marcel Reif ein Einzelfall?

Dortmunds Trainer Jürgen Klopp bedauert seine Äußerung zu Marcel Reif. ARD und ZDF sehen keine Gefahr für ihre Reporter in den Stadien, wie eine Umfrage zeigt.

Borussia Dortmunds Trainer Jürgen Klopp hat sich nach Vorwürfen von Marcel Reif indirekt beim Sky-Kommentator entschuldigt. „Wer mich kennt, der weiß, dass ich nicht zu Gewalt aufrufe. Wenn das jemand in den falschen Hals bekommen hat und sich deshalb dazu berufen fühlte, Marcel Reif zu attackieren, dann tut mir das leid“, sagte Klopp. Eine Aussprache mit Reif hält der Trainer nicht für angebracht. Reif war während des Pokal-Achtelfinalspiels der Dortmunder am Dienstag in Dresden von mutmaßlichen BVB-Fans verbal attackiert worden und beim Revierderby gegen Schalke auch körperlich bedroht worden. Danach hatte Reif dem BVB-Coach wegen dessen Äußerungen nach dem Spiel eine Mitschuld an diesen Vorkommnissen gegeben (siehe Tagesspiegel vom 5. März).

„Als ich den Spruch gemacht habe, da wusste ich nichts von den Aktionen rund ums Derby. Meine Aussagen erscheinen dann in einem anderen Licht, glaube ich“, sagte Klopp nun. Sein Kommentar zum Derby-„Maskenjubel“ der BVB-Profis Pierre-Emerick Aubameyang und Marco Reus sei „an sich nicht so dramatisch“ gewesen. Klopp hatte die Aktion als witzig empfunden und gesagt: „Der einzige, der sie nicht witzig fand, war Marcel Reif. Aber der findet auch gar nichts mehr witzig.“

Nach aktueller Lage ist der Sky-Chefkommentator ein besonderes Objekt der Fan-Begierde. Eine Umfrage bei den Sportredaktionen von ARD und ZDF zeigt, dass die Fußballreporter einen aufregenden, keinesfalls aber einen lebensgefährlichen Job machen. Dirk H. Walsdorff, Abteilungsleiter Sport beim Rundfunk Berlin-Brandenburg, sagte dem Tagesspiegel: „Glücklicherweise sind unseren Kommentatoren bisher Erlebnisse, wie sie Marcel Reif jetzt zweimal hatte, erspart geblieben.“

ZDF-Kommentator Béla Réthy sieht sich nicht in Gefahr

Auch Béla Réthy vom ZDF sieht sich nicht bedroht, im Gegenteil: „Nein, ich habe noch nie eine direkte Konfrontation mit Fußballfans miterleben müssen. Ganz im Gegenteil. Die Fankontakte rund um die Stadien oder in europäischen Städten bei der Champions League waren alle herzlich und freundschaftlich.“ Dennoch sei das, was Reif widerfahren sei, ein massiver Verstoß gegen die Konventionen einer zivilisierten Gesellschaft.

Der WDR teilte mit, seine Reporter seien in den Bundesliga-Stadien willkommen. „Besonders die Kollegen vom Radio werden immer freundlich begrüßt. Die Fans freuen sich, sie zu sehen“, sagte ein WDR-Sprecher. „Nur ein TV-Kommentator hat bei einem Spiel mal einen Bierbecher abbekommen. Ein Fan, der mit dem Spiel an sich unzufrieden war, hatte den geworfen und aus Versehen unseren Reporter getroffen. Er hat sich danach aber sofort bei ihm entschuldigt“.

Was Réthy und andere Kommentatoren dagegen regelmäßig erleben mussten und müssen, sind Online-Attacken. „In den sozialen Netzwerken und im Internet gibt es natürlich die handelsüblichen Pöbeleien, aber diese betreffen ja bei Weitem nicht nur Fußballkommentatoren sondern alle gesellschaftlichen Bereiche“, sagt Réthy. Christoph Fetzer, Sportkommentator bei Sport1fm, glaubt, dass soziale Medien die Hemmschwelle deutlich herabsetzen: „Was Fans manchmal bei Facebook und Twitter schreiben, würden mir die meisten wahrscheinlich so nie ins Gesicht sagen“. Die Fans im Netz fühlen sich anonym, also werde teils wüst gepöbelt. Auch beim WDR laufen nach manchen Spielen die Beschwerdehotlines heiß.

ZDF-Kommentator Réthy sagte, ihm seien Reaktionen von Vereinen und Verbänden nicht bekannt. „Auch das ZDF hatte ja noch keinen Anlass, irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen.“ Ähnlich hält man es beim Bayerischen Rundfunk (BR): „Unsere Reporterplätze sind von den Ordnern überwacht. Wir sehen keine Notwendigkeit, unsere Reporter zusätzlich zu schützen“, sagte Sprecher Markus Huber. „Aus Sicht des BR ist der Angriff auf Marcel Reif ein bedauerlicher Einzelfall. Uns sind jedenfalls keine ähnlichen Vorkommnisse bekannt.“

Für den NDR betonte dessen Sprecher Martin Gartzke: „In der Vergangenheit gab es gelegentlich Probleme, insbesondere bei Heimspielen des FC Hansa Rostock.“ Diese Vorfälle hätten zu einem intensiven Dialog zwischen dem Club und dem NDR geführt. „Erfreulicherweise haben sich die Arbeitsbedingungen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Stadion in Rostock seitdem verbessert“, sagte Gartzke weiter.

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