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Welche Nähe lässt Corona in der vierten Staffel von "Babylon Berlin" zu. Die dritte Staffel mit den Schauspielerinnen Liv Lisa Fries, re. und Caro Kult läuft jetzt im Free TV an.

© ARD Degeto/Sky

„Babylon Berlin“ im Free TV: Was im Jahr 1929 wirklich passierte

Vom Stumm- zum Tonfilm, der Tod Gustav Stresemanns, der Aufstieg der Nazis und der Abstieg der Wirtschaft – das prägte das Jahr 1929.

Noch steht der der Tonfilm ganz am Anfang seiner Entwicklung, argwöhnisch beobachtet nicht nur von den Stars der Stummfilmära, auch wirtschaftlich stellt die Produktion des Tonfilms ein unkalkulierbares Risiko dar. In der dritten Staffel der TV-Serie „Babylon Berlin“ soll in den Studios von Neubabelsberg ebenfalls ein Tonfilm entstehen, doch bei den Dreharbeiten kommt es zu einem tragischen Unfall. Betty Winter, der Star des Musik- und Tanzfilms, wird von einem schweren Scheinwerfer erschlagen. Kommissar Gereon Rath (Volker Bruch) wird zum Ort des Geschehens gerufen. Er muss herauszufinden, ob es sich nicht doch um ein Verbrechen gehandelt hat. Wie schon zuvor wird er auch diesmal auf die Hilfe der angehenden Kriminalassistentin Charlotte Ritter (Liv Lisa Fries) angewiesen sein.

Die dritte Staffel der ungewöhnlichen Koproduktion des Pay-TV-Senders Sky mit dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen hat ihre Free-TV-Premiere an diesem Sonntag auf auf dem prominenten „Tatort“-Platz der ARD. Bei Sky lief die Serie bereits Anfang des Jahres. In der ARD-Mediathek, in der die ersten drei Episoden schon seit Freitag stehen, kann von nun an die komplette Staffel abgerufen werden – und auch die ersten beiden Staffeln stehen zum Abruf bereit.

[Die dritte Staffel von Babylon befindet sich seit Sonntag komplett in der ARD-Mediathek]

Die neue Staffel kommt etwas weniger staatstragend daher, der gesellschaftlich-soziale sowie der politisch-wirtschaftliche Hintergrund des Jahres 1929 findet sich in der dritten Staffel ebenso wie in den beiden ersten. Mitte 1929 schien das Leben in Deutschland so lebenswert wie lange nicht mehr, der Krieg war seit zehn Jahren vorbei, Außenminister Gustav Stresemann verhandelte noch kurz vor seinem Tod mit den Siegermächten über eine Reduzierung der Reparationsleistungen und im Wannsee vergnügten sich Frauen in Badehosen, die wie überdimensionierte Windeln aussahen. Es sollte der letzte schöne Sommer der Weimarer Republik sein, heißt es in der vom RBB und WDR produzierten Dokumentation „Herbst 1929 – Schatten über Babylon“, die am Sonntag im Anschluss an den Staffelstart um 22 Uhr 30 gesendet wird.

Historische Aufnahmen in brillanter Qualität

Die Dokumentation von Matthias Luthardt, sie ist ein gleichermaßen informativer wie unterhaltsamer Mix von historischem Filmmaterial (in überaus erstaunlicher Qualität) und zeitgenössischen Zitaten von Alfred Hugenberg, Kurt Tucholsky, Asta Nielsen, Joseph Goebbels, aber auch von namenlosen Journalisten und Bürgern, vorgetragen von Schauspielern wie Benno Fürmann, Godehard Giese, Nina Gummich, Fritzi Haberlandt, Sebastian Urzendowsky.

Geschildert wird unter anderem, wie Alfred Hugenberg, der Herrscher über Zeitungen, Magazine, Presseagenturen und Mitinhaber der Ufa, die Macht der Medien nutzte und sie sogar in den Dienst der Nationalsozialisten stellte. Und wie der Kunstbetrieb sich noch darum sorgte, dass der Sprechfilm dem Kunstfilms den Todesstoß versetzen könnte, während der spätere NS-Propagandaminister bereits zu dieser Zeit das Potenzial des neuen Mediums erkannte.

Blick zurück ins Jahr 1929 - Die Dokumentation "Schatten über Babylon".
Blick zurück ins Jahr 1929 - Die Dokumentation "Schatten über Babylon".

© RBB

Unterhaltsam sind besonders die Anekdoten vom Filmbetrieb zu Ende der 1920er Jahre. Dass Marlene Dietrich beim Stummfilm als „Kassengift“ galt, mit ihrer tragenden Stimme aber wie geschaffen für den Tonfilm erschien – und diese diese Einschätzung mit dem „Blauen Engel“ auch bestätigte. Für die Rolle, die sie zum Star machen sollte, erhielt sie allerdings nur 5000 Reichsmark, während dessen Emil Jannings 200.000 Reichsmark kassierte. Den ersten Satz in einem Tonfilm sprach übrigens Willy Fritsch. Er lautete: Ich spare nämlich auf ein Pferd.“ Und noch etwas aus dem Bereich Trivia: Fritz Lang erfand für seinen Film „Die Frau im Mond“ ganz nebenbei den Countdown.

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Die Traumfabrik, sie half damals wie heute dabei, die harte Realität zumindest für kurze Zeit zu vergessen. Der Börsencrash am Schwarzen Freitag an der Wall Street und die anschließende Weltwirtschaftskrise waren sicherlich nicht punktgenau vorherzusehen, Vorboten dafür gab es gleichwohl schon. Auch die deutsche Wirtschaft lebte auf Pump, von Krediten aus den USA, mit denen sogar die Schulden bei den ehemaligen Kriegsgegnern bezahlt wurden – bis diese Gelder ausblieben und das wirtschaftliche Unglück – und nicht nur das – seinen Lauf nahm.

Gedanklich schon bei Staffel vier

Während nun also die dritte Staffel auch im Free-TV und der ARD-Mediathek ohne zusätzlich Abo-Kosten anläuft, sind die Tom Tykwer, Achim von Borries und Henk Handloegten, die Showrunner des deutschen Serienspektakels, gedanklich längst bei der vierten Staffel. „Wir haben Ende August zwölf Bücher abgegeben und werden ab Oktober mit Hochdruck daran arbeiten, dass sie verfilmbar werden“, sagte Regisseur von Borries kurz vor dem Free-TV-Start der dritten Staffel. „Die Idee ist, dass wir nächstes Jahr drehen, ab Frühjahr.“

Mit der vierten Staffel springt die Serie in die 1930er Jahre, genauer gesagt ins Jahr 1931, in dem die politischen Auseinandersetzungen zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten immer blutigere Ausmaße annahmen. Das Regie- und Autorentrio geht bei der Serie chronologisch voran. „Wir haben immer gesagt, 1933 ist es vorbei“, so von Borries. „Wenn es eine letzte Staffel gibt, wären es die ersten Monate nach der sogenannten Machtergreifung vor dem Reichstagsbrand. Da hatten die Nationalsozialisten das Land so fundamental umgekrempelt, dass mit dem Babylonischen in Berlin Schluss war. Danach wollen wir nicht weitererzählen.“

Wie die gesamte Branche stehen auch die Macher von „Babylon Berlin“ vor dem Problem, dass niemand sagen kann, wie sich die Entwicklung der Corona-Pandemie auf die anstehenden Dreharbeiten auswirkt. Kann es Massenszenen wie im Moka Efti geben? „Ja, klar. Irgendwann ja hoffentlich schon! Ich gehe nicht davon aus, dass es so bleibt wie jetzt“, hofft Handloegten.

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