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Mifti (Jasna Fritzi Bauer) ist 16, sieht aus wie zwölf, verhält sich wie Mitte 30.

© rbb/Constantin Film Verleih GmbH

"Axolotl Overkill" im Ersten: Auf Krawall gebürstet

Nach dem umstrittenen Roman von Helene Hegemann: Die ARD bringt „Axolotl Overkill“ ins Fernsehen - mit dem interessantesten Nachwuchsstar des deutschen Kinos.

Von Andreas Busche

Segen ewiger Adoleszenz. Das Axolotl ist ein Schwanzlurch aus der Familie der Querzahnmolche. Die evolutionäre Besonderheit dieser kuriosen Amphibie besteht darin, dass sie ihr ganzes Leben im Larvenstadium verbringt. „Das Krasse ist bei denen, die werden nie wirklich erwachsen“, erklärt Mifti in Helene Hegemanns Regiedebüt „Axolotl Overkill“, mit dessen Romanvorlage sich die damals 17-jährige Hegemann 2010 umgehend einen Plagiatsvorwurf einhandelte. Sie hatte die drogenverstrahlten Clubszenen im Berghain einfach aus dem Roman „Strobo“ des Berliner Bloggers Airen übernommen.

Der Grottenmolch ist ein treffendes Sinnbild für die wohlstandsverwahrloste Hauptfigur in „Axolotl Overkill“, die natürlich frappierende Ähnlichkeiten mit der Regisseurin und Autorin aufweist. Miftis Vater ist wie der Hegemanns ein Zampano in der Berliner Kulturszene, in der sich Helene bereits in jungen Jahren heimisch fühlte.

Irgendwo zwischen ewiger Jugend und verlorener Kindheit taumelt Mifti durch die Berliner Nacht, party- und promifixiert, sozial privilegiert, aber immer auf Krawall gebürstet. Diese Widersprüche muss auch die Verfilmung aushalten, bei der Hegemann acht Jahre nach der Kontroverse um ihr Romandebüt selbst Regie führte. Sie habe keine Lust gehabt, dass doch wieder ein 50-jähriger Mann die Geschichte des irrlichternden Teenagers verfilmt.

Es bleibt also in der Familie

Jasna Fritzi Bauer, dem interessantesten Nachwuchsstar des deutschen Kinos, ist die Rolle Miftis wie auf den Leib geschrieben. Ihre kinetische Energie trägt den Film, der aus nicht mehr als ein paar zufälligen Begegnungen in der Nacht besteht. Volksbühnen-Veteran Bernhard Schütz spielt das Alter Ego des langjährigen Volksbühnen-Dramaturgen Carl Hegemann, es bleibt also in der Familie. 

Das passt irgendwie zu dem autobiografischen Eitelkeitenprojekt, Distanz ist jedenfalls keine Stärke von „Axolotl Overkill“, der seiner Protagonistin ständig im Nacken sitzt. Die Filmemacherin Hegemann ist deutlich talentierter als die gleichnamige Buchautorin. „Axolotl Overkill“ sieht aus wie kein zweiter Film im deutschen Kino der letzten Jahre.

Die farblichen Texturen verwischen im halluzinösen Rausch der Nacht, der jugendliche Exzess, der die Leere in Bauers teilnahmslosem Gesicht kaum überspielen kann, bekommt eine selbstzerstörerische Eigendynamik. Gleichzeitig gelingt es Helene Hegemann, die coole Fassade aufrechtzuerhalten. Hauptsache, es sieht gut aus. „Axolotl Overkill“ ist 100 Prozent Style und Attitüde, für ein so furioses Regiedebüt braucht es erst mal auch nicht mehr.

„Axolotl Overkill“, Mittwoch, ARD, 0 Uhr 50

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