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Das Straßenrennen der Frauen war deutlich aufregender als das Fußballspiel der deutschen Männermannschaft gegen Südkorea.

© dpa

Augenringe: Olympia im Fernsehen: Livestreams retten Rio

Livestreams sorgen für das Olympia-Feeling der Zuschauer, weil hier nicht dauernd hin und her gezappt, sondern der einzelne Wettbewerb gewürdigt wird

Das hatte schon was. Der ZDF-Kommentator entließ die Zuschauer nach einer spannenden Schlussphase im Hockey mit den Worten. „Hören wir mal rein, was der Trainer sagt.“ Im Bild war Hockey-Bundestrainer Jamilo Mülders im Kreis seiner Spielerinnen, denen er irgendetwas mit voller Inbrunst zurief, nach der so knackigen Schlussphase gegen die Chinesinnen. Mülders’ Worte nach dem 1:1 rauschten unverständlich unterhalb der von der Stadion eingespielten Musikberieselung hinweg. Nichts zu hören vom Trainer. So ist das mitunter in den olympischen Livestreams, die ARD und ZDF täglich zu vielen Wettbewerben anbieten.
Es ist ein rudimentäres Seherlebnis, eine Art Fan-TV, wie es Online-Portale schon seit Jahren zu vielen Veranstaltungen anbieten. Die Bilder sind gut, die Kommentatoren sehen (und wissen oft) nicht mehr als die Zuschauer. Ein Interview- oder Anmoderations-Tam-Tam rund um das Ereignis gibt es nicht. Es gibt nur Bilder und sonst nix – aber eben ein Gefühl für Olympia in Rio de Janeiro.

Linear heißt verpassen

Dieses Gefühl kann das normale, das lineare Olympiaprogramm von ARD und ZDF nicht schaffen, da wird hin- und her gezappt, zusammengefasst und vor allem: verpasst. Das Schicksal aller Live-Konferenzen. Der Zuschauer sieht zwar viel, aber im Endeffekt wenig Wichtiges. Zum ersten Hockeyspiel der Männer gegen Kanada gab es zwar ein paar aufgeregte Liveschaltungen in der ARD, aber kein Tor live, was bei einem 6:2 schon eine Kunst ist. Und gefühlt steht sowieso öffentlich-rechtlich aller Sport still, wenn der Fußball rollt. Am Sonntagabend wurde der Zuschauer mit Ende des Straßenrennens der Frauen abrupt in das laufende Fußballspiel der deutschen Männer gegen Südkorea geschubst. Das wäre mit dem Livestream nicht passiert. Online rettet das Olympia-Feeling.

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