zum Hauptinhalt
Das Moderationsduo Sebastian Fitzek und Kim Fisher führt durch die Berliner „Riverboat“-Sendung

© Gerald Matzka/dpa

Auf dem Flussschiff mit Fitzek und Fisher: Das Berliner „Riverboat“ glänzt mit vielen, die „ick“ und „jut“ sagen

Zur Premiere des „Riverboat“ aus der Hauptstadt bietet die TV-Sendung viel Lokalkolorit. Das Metathema hätte „Helden von hier“ lauten können.

Von Caroline Fetscher

Auf dem „Riverboat“ kommen neue Leute ans Steuerruder und das Boot bekommt mit Berlin einen Hafen an der Spree. Seit Freitag ist der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) mit an Bord der beliebten Talkshow, gesendet wird jetzt abwechselnd aus Berlin und aus Leipzig.

Das neue Moderationsteam besteht aus der Kim Fisher und dem Thriller-Autor Sebastian Fitzek. Fisher, 52, ist schon lange dabei, Fitzek Jahrgang 1971, stößt als Co-Kapitän dazu. Zwei Stunden lang navigieren sie ab 22 Uhr durch die Nacht.

Als Stimmungskanone eröffnete der hypervitale, aufgedrehte Mario Barth die Bildschirm-Kreuzfahrt. Der Comedian ist gerade auf Tournee und spielt seit zwanzig Jahren sorglos das Programm „Männer sind Schweine, Frauen aber auch“. Es verkaufe sich toll als DVD, freute er sich, und die Leute wollten das endlich mal live sehen.

Vergnügt lachte das Publikum, als Barth bekannte, warum er nicht gendert: „Wenn ich gendere, dann ist das Programm acht Stunden lang!“ Unbekümmert gab Barth zu: „Ich bin ´n Mann. Ich bin mit ´ner Frau zusammen“, dazu gebe es sein Buch „Happy Life, Happy Wife“.

Der Komiker Mario Barth plapperte auch auf der Bildschirm-Kreuzfahrt.
Der Komiker Mario Barth plapperte auch auf der Bildschirm-Kreuzfahrt.

© Gerald Matzka/dpa

Er habe nicht studieren dürfen, erzählte der 48-Jahre alte Barth, sondern musste bei Siemens als Monteur wirken, wo Kunden verlangt hätten: „Schicken Sie mir den Lustigen.“

[Lesen Sie hier ein Interview mit dem Berliner Moderationsduo: Das neue „Riverboat“ aus Berlin – Das planen Sebastian Fitzek und Kim Fisher (T+)]

Im Interview mit dem Tagesspiegel hatte Fisher vorab erklärt, prinzipiell sei jeder Mensch aus Berlin und Brandenburg auf dem Boot willkommen, „Hauptsache die Geschichte ist entweder emotional oder besonders spannend“. Bei der Premiere am Freitag trafen die Schiffskapitäne jedoch erst einmal überwiegend bewährte, kamerastabile Prominente. Das Metathema hätte „Helden von hier“ lauten können.

Bühne für Alltagshelden

Für Alltagshelden stand die Berliner Intensiv-Pflegerin Ute Spiegel, bekannt durch ihren selbstkomponierten Song „We care for you“. Gedreht im Lockdown, gesungen mit Kollegen, zeigt das Video Szenen aus der Arbeit.

Das Tolle an dem Beruf sei „Das, was man zurückbekommt“. Das viele Klagen über die schlecht bezahlte Arbeit sei schade. Im Studiopublikum saßen Kolleginnen und Kollegen, für die sie stellvertretend gefeiert wurde. Mehr Zeit, mehr Personal, bessere Löhne, ja, auch all das täte Not, so Spiegel.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Eine weitere Heldin des Alltags war repräsentiert durch die 57 Jahre alte Anett Schwär, Vorbild für die Serie „Tina mobil“, die Brandenburgische Dörfer mit einem Miniatur-Supermarkt per Lastwagen versorgt – seit dreißig Jahren, seit sie nach der Wende arbeitslos geworden war.

Als die Konsum-Läden eingingen, ging Schwärs Geschäftsidee auf, wie die anrührende Erfüllung neoliberaler Ideen vom selbstgeschmiedeten Glück. Schwär könne, schwärmt Kim Fisher, „älteren Herrschaften ihre Selbständigkeit erhalten“. Manchen, die nicht mehr mobil sind, füllt Schwär selbst den Kühlschrank.

Plaudern mit Ingrid van Bergen, Clueso und Kati Witt

Süffig fasziniert tauchte Sebastian Fitzek in die Geschichte der neunzigjährigen Ingrid van Bergen, ein, „Schauspielerin und Lebenskünstlerin“, die einst vier Jahre in Haft saß, da sie ihren Partner erschossen hatte. In ihrem Leben witterte Fitzek puren Serienstoff, samt Hollywoodstars, Flugschein und Porno-Synchronisierung. Letzteres sei „gut bezahlt!“ gewesen, verriet van Bergen zum Amüsement des Publikums. 

Der Erfurter Clueso, mit bürgerlichem Namen Thomas Hübner, darf als lebender Beleg dafür gelten, dass auch ein junger Mensch mit Hauptschulabschluss und abgebrochener Friseurlehre erfolgreich ins Popgeschäft gelangen, und ein neues Album namens „Album“ vorstellen kann. Auf die Idee habe ihn sein Freund Benjamin von Stuckrad-Barre gebracht. „Das ist ja auch son Kreativer!“ entfährt es Kim Fisher, und Clueso singt live einen Song, wonach „Alles zu seiner Zeit“ kommt.

Die zweifache Olympiasiegerin Katarina Witt schaute auch bei „Riverboat“ vorbei.
Die zweifache Olympiasiegerin Katarina Witt schaute auch bei „Riverboat“ vorbei.

© Gerald Matzka/dpa

„Nüscht zu Verkaufen“ habe sie, lachte die einstige Eiskunstläuferin Katarina Witt, außer dem Rat, gerade in der Pandemie prophylaktisch mehr Sport zu machen. Die zweimalige Olympiasiegerin und viermalige Weltmeisterin, längst auch Unternehmerin mit Schauspielkarriere und neuer Anwaltsserie, engagiert sich in Brandenburg an der Havel und ihrer Herkunftsstadt Chemnitz mit ihrer Stiftung „Gemeinsam mehr bewegen“, die unter anderem medizinische Hilfe für Kinder nach Katastrophen und Unfällen leistet.

Viele, die „ooch“, „ick“ und „jut“ sagen

Nilam Farooq ist typische Berlinerin, die Mutter polnisch, der Vater aus Pakistan, altsprachliches Abitur in Berlin. Weihnachten sei „sehr polnisch“ gewesen, das Zuckerfest gab es aber auch. Ihre Karriere begann als Influencerin mit einem Beautykanal auf Youtube, weiter ging es als Kommissarin in einer ZDF-Serie und nun filmte sie sogar preisgekrönt in „Contra“ mit Regisseur Sönke Wortmann.

Sei sie bei intimen Szenen zu sehen, müsse man dem Papa „die Augen zuhalten“. Applaus auf dem Schiff. Die Frage, wo sie herkomme, störe sie nicht, lächelt die Erfolgreiche, ärgert sich aber über Alltagsrassismus und gendert beiläufig „Kolleg*innen“.

Schauspielerin Nilam Farooq begann ihre Karriere via Youtube.
Schauspielerin Nilam Farooq begann ihre Karriere via Youtube.

© Gerald Matzka/dpa

Jorge González, „Let´s-Dance“-Star aus Kuba verkörperte das zweite diverse Element. Der Tänzer und Fernseh-Juror pries das tolerante Deutschland, wo jeder seine Meinung sagen, und wo er offen schwul sein kann. In Kuba ist er inzwischen der, („Hola Chicas!“), „der es in Deutschland geschafft hat.“

Für die Fernsehreihe „Die Herzblut-Aufgabe. Promis in der Pflege“ absolvierte er ein dreiwöchiges Praktikum auf der Kinderstation einer Berliner Klinik und ist davon bewegt. Was die Pflegerin Ute Spiegel davon hält, wäre interessant gewesen. Doch die Sendung war fast am Ende, als González kurz vor Mitternacht zu Wort kam.

Zwei Stunden Kurzweil lieferte das Flussschiff, zwei Stunden für ein Publikum, das vermutlich genau das will und braucht: Entertainment mit einem Hauch Trost und Ermutigung, Themen aus der Region und viele, die „ooch“ sagen, „ick“ und „jut“. Während die Show von Talkhappen zu Talkhappen und von Einspieler zu Einspieler strebte, durfte sich, wer immer zugeschaut hat, sagen: Die haben alle, wie ich, was gemeistert, überwunden, geleistet. Det jeht.

Zur Startseite