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Best Friends? Der russische Präsident Wladimir Putin (links) und US-Präsident Donald Trump.

© The White House

Arte-Themenabend zu „20 Jahre Putin“: Facetten eines Autokraten

Seit 20 Jahren ist Wladimir Putin Russlands starker Mann. In drei Dokumentationen blickt Arte auf diese zwei Dekaden zurück.

Sind Donald Trump und der russische Staatspräsident Wladimir Putin wirklich „Erzfreunde“? Gibt es in St. Petersburg eine Internet-Guerilla, die im Auftrag des Kremls Nachrichtenkanäle der westlichen Welt mit Fake News vergiftet? Wer ist der Drahtzieher hinter all dem? Ein Arte-Themenabend rekapituliert „20 Jahre Putin“.

Drei lange Dokumentationen beleuchten den Aufstieg des russischen Präsidenten von einem blassen Mr. Nobody zu einem mächtigen Autokraten. Es beginnt mit einem aufwendig recherchierten Film von Claire Walding. Die BBC-Journalistin analysiert die Motive hinter jener als „Männerfreundschaft“ kolportierten Annäherung zwischen Donald Trump und dem russischen Präsidenten. Der eine will Amerika „great again“ machen. Dasselbe will Putin für Russland, das nach dem Zerfall der Sowjetunion wirtschaftlich nicht in die Gänge kommt. Sind die beiden füreinander bestimmt?

[„20 Jahre Putin“, Arte, Dienstag, ab 20 Uhr 15]

Diese oberflächliche Gemeinsamkeit täuscht über komplexe geopolitische Gegensätze hinweg, die der Film in einem argumentativen Parforce-Ritt rekonstruiert. So wurden nach der völkerrechtswidrigen Annektierung der Krim internationale Sanktionen gegen die ohnehin marode russische Wirtschaft verhängt. Putin war außenpolitisch isoliert. Durch seine Unterstützung des syrischen Diktators Baschar al-Assad, so die Argumentation des Films, erzwang der russische Präsident seine Rückkehr an internationale Verhandlungstische.

Wie weit reicht die Männerfreundschaft mit Trump?

In dieser prekären Situation schlug Trumps Stunde. Im Gegensatz zur Politik seines Amtsvorgängers Barack Obama, der Druck auf Russland aufgebaut hatte, setzte Trump sich als Putin-Versteher in Szene. Die auf diplomatischem Parkett inszenierte Annäherung zwischen den beiden Alphamännern wurde allerdings überschattet von der Russland-Affäre: Zwei Jahre lang versuchte der US-Sonderermittler Robert Mueller nachzuweisen, dass der US-Präsidentschaftswahlkampf im Jahr 2016 manipuliert wurde. Steuerten russische Hacker und Internet-Trolle das US-Meinungsklima in Richtung von Trumps konservativer Agenda?

Dieses Thema fokussiert die Dokumentation „Propaganda 3.0 – Putin und der Westen“. Der französische Journalist Paul Moreira zeichnet nach, wie der Fernsehsender RT (Russia Today), das Nachrichtenportal Sputnik sowie Konstantin Rykow, ein einflussreicher Influencer, nicht nur den US-Wahlkampf 2016 mit Fake News beeinflussten. Der Kreml versucht auch den französischen Front National zu instrumentalisieren. Mindestens zwei Mal traf Putin sich mit deren Galionsfigur Marine Le Pen. Putins Propagandamaschinerie zielt darauf ab, westliche Demokratien durch die Stärkung extremistischen Gedankenguts zu spalten.

Das Image des Krisenmanagers

Die dritte Dokumentation des Themenabends schlägt den Bogen zurück ins Jahr 1999. Am 31. Dezember verkündete Boris Jelzin, der erste demokratisch gewählte Präsident in der Geschichte Russlands, überraschend seinen Rücktritt. Zum Interimspräsidenten ernannte er einen Ex-KGB-Mann, den niemand kannte. Das ändert sich, als 367 Menschen bei einer Serie von Sprengstoffanschlägen auf Wohnhäuser sterben, an denen, wie man heute vermutet, Putin möglicherweise beteiligt war. Damals stieg die Popularität des Apparatschicks schlagartig. Putin erwarb das Image eines zupackenden Krisenmanagers, gewann die Wahlen – und blieb bis heute an der Macht.

Vitaly Mansky, seinerzeit für einen staatlichen Fernsehsender tätig, begleitete Wladimir Putin seinerzeit ein Jahr lang mit der Kamera. Seine TV-Dokumentation, rückblickend mit kritischen Kommentaren versehen, endet mit einem gespenstischen Monolog, in dem der heutige Autokrat sich als überzeugter Parlamentarier mit demokratischem Gewissen präsentiert: Perfekte Selbsttäuschung oder grandiose Inszenierung? Das werden wir wohl nie erfahren.

Manfred Riepe

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