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Vertrauensfragen. Louise (Evelyne Brochu) und Vincent Mercier (Grégoire Colin) sind beruflich erfolgreich, privat scheinen sich hingegen Probleme zusammenzubrauen.

© Arte

Arte-Serie "Lieben und Lügen": Gefangen im Leben

Spionage-Thriller und Ehe-Drama: Die Mini-Serie „Lieben und Lügen“ auf Arte orientiert sich an großen Vorbildern.

Sie sind seit zehn Jahren verheiratet. Sie haben zwei Kinder, ein Mädchen und einen Jungen. Sie bewohnen eine großräumige Altbauwohnung in einem der besseren Arrondissements von Paris. Beide gehen sie Berufen nach, die ihnen ein gutes Leben garantieren. Er ist Co-Inhaber einer IT-Firma und entwickelt Software zur Virenabwehr; sie ist Immobilienmaklerin, hat vor einem Jahr ihre eigene Firma „Paradise“ gegründet und vermittelt teure Luxuswohnungen an ausländische Interessenten.

Alles könnte gut sein. Und das versichern sich die Amerikanerin Louise Mercier (Evelyne Brochu) und ihr französischer Mann Vincent Mercier (Grégoire Colin) auch immer wieder. Doch dem ist nicht so, der schöne Schein trügt. Beide spüren sie, dass sich da etwas eingeschlichen hat. Genau darum kreist die neue dreiteilige französische Mini-Serie „Lieben und Lügen“ von Regisseur und Autor Nicolas Saada („Taj Mahal“, 2015).

Vor allem Vincent begegnet seiner Frau mit zunehmendem Misstrauen, spürt er doch, dass, ganz gleich was sie sagt, ganz gleich was sie macht, da immer etwas drunterliegt. Dieses Misstrauen schleicht sich langsam ein wie ein Gift. Vincent hinterfragt Louise, zweifelt an, was sie behauptet. Und tatsächlich ist Louises Verhalten ganz offenkundig merkwürdig: Immer wieder hat sie spontan Termine für die Immobilienfirma, die an ungewöhnlichen Orten und zu ungewöhnlichen Zeiten liegen. Immer wieder geschieht es, dass sie kurzfristig doch noch mal weg muss.

Vincent hat schon länger den Verdacht, dass seine schöne Frau eine Affäre hat. Bei einem dieser spontanen Termine entschließt Vincent sich daher, Louise anzurufen, und bittet sie kurzerhand, in der zu vermittelnden Immobilie vorbeikommen zu können. Louise öffnet die Tür. Vincent betritt die große Wohnung. Da tritt ein Mann aus einer der Türen. Er ist wesentlich älter als Vincent und Louise, und es wird sich herausstellen, dass er William Melchior (Stephen Rea!) heißt. Was Vincent nicht weiß: Der kauzige Amerikaner William arbeitet für den US-Geheimdienst, und Louise arbeitet ihm zu. Hinter „Paradise“ steht eigentlich Spionage für Louises Heimatland.

Auch Vincent lügt und betrügt seinen Firmenpartner

Doch auch Vincent hat ein Geheimnis vor seiner Frau. Hinter dem Rücken seines Geschäftspartners Stéphane Caron (Arthur Igual) hat er die neue Viren-Software „Splendeur“ gegen eine hohe Summe verdeckt an die Konkurrenz verkauft. Auch Vincent lügt und betrügt seinen Firmenpartner, zudem wird er nun von der Konkurrenz beschattet, muss sich auf unangenehme Kurztreffen mit dem toughen „Koreaner“ (Hippolyte Girardot) einlassen. Es ist ein doppeltes Spiel, das die Eheleute Mercier führen. Irgendwann wird es auffliegen.

„Lieben und Lügen“ heißt im Original weniger banal einfach nur „Thanksgiving“. Denn an Thanksgiving treffen sich die Merciers mit Freunden in dem Landhaus, das Vincent gehört, um den amerikanischen Feiertag zu begehen. An Thanksgiving bemerken die Freunde, wie angespannt es zwischen Louise und Vincent ist. Louises Freunde sind überwiegend Amerikaner, darunter der alte weise John (der legendäre 89-jährige US-Dokumentarfilmer Frederick Wiseman, von dem jüngst „Ex Libris: Die Public Library von New York“ in den Kinos anlief, in einer der tragenden Nebenrollen), der sie seit Jahrzehnten kennt und so etwas wie der gute Geist der Merciers ist.

Regisseur Nicolas Saada erklärt in einem Interview, dass ihn der Stil Alfred Hitchcocks beeinflusst habe, und tatsächlich orientiert sich die Serie nicht nur visuell, sondern auch mit dem Soundtrack von Komponist Grégoire Hetzel an den hypnotischen Musiken von Hitchcocks Stammkomponist Bernard Herrmann. Dennoch, Hitchcock ist hier weit weg.

Die drei Serienfolgen tragen Titel: „Vincent“, „Louise“, „Masken“. Entsprechend stehen die Figuren im Fokus, vor allem die Folge „Louise“ ist stark und von innerer Spannung. Der letzte Teil, der zugleich schwächer ist als die beiden vorangegangenen und mit seinem eigenartig offenen Ende nicht eben befriedigt, behandelt das beidseitige Eingeständnis.

Die Masken fallen, die Wahrheiten kommen ans Licht, Louise und Vincent erzählen sich alles. Doch der CIA und der „Koreaner“ lassen sie nicht gehen. Sie bleiben Gefangene in ihren Leben.

„Lieben und Lügen“, Arte, Donnerstag, ab 21 Uhr 45

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