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Ein Fest der Schauspieler: Mit Leslie Malton (v.l.n.r.), Michael Rotschopf, Brigitte Zeh, Herbert Knaup, Dominic Raacke und Peter Maertens (liegend).

© SWR/Julia Terjung

ARD-Mittwochsfilm "Die Auferstehung": Das ewige Lied vom Tod

Wenn es ums Sterben geht, läuft die ARD-Fiktion bisweilen zu großer Form auf. So auch beim Mittwochsfilm „Die Auferstehung“.

Da liegt er leblos auf dem Sofa. Ein betagtes Opfer der Lust an sich selbst. Ein 89jähriger ehemaliger Chefarzt (Peter Maertens), den Hosenstall geöffnet. Der Fernseher sendet noch Pornogestöhne, den Anblick des Gliedes aber erspart uns der Film. Der indignierten Tochter Linda (Leslie Malton) nicht. Sie fordert die Rückholung des Organs hinter die Hosentür. Ihr unterwürfiger Mann (Herbert Knaup) naht mit Gummihandschuhen.

Rilke reimte rätselhaft: „Der Tod ist groß, wir sind die Seinen lachenden Munds. Wenn wir uns mitten im Leben meinen, wagt er zu weinen mitten in uns.“ Was wird das werden, dieses Fernsehstück „Die Auferstehung“, geschrieben von Karl Heinz Käfer nach dem Roman von Karl-Heinz Ott, inszeniert von Niki Stein? Ein platter Spaß vom Ding und den letzten Dingen? Eine blasphemische Gaudi? Ein Totentanz der verkorksten 68er? Lachender Mund?

Warum nicht. Spiel mir das Lied vom Tod ist ein Erfolgsmotto in der ARD-Unterhaltung. „Ein großer Aufbruch“, Matti Geschonnecks köstliche Satire um einen selbsttötungsentschlossenen Alt-68er, errang 2016 die Goldene Kamera. Im Stuttgarter „Tatort: Anne und der Tod“ verirrten sich die Kommissare in der Welt des Pflegenotstands, wo sich Greise zu Tode onanierten und wo sich das Lebenselixier des Krimis, die Täterermittlung, lächerlich machte. Kritiker waren begeistert.

„Die Auferstehung“ ist ein Fest der Schauspieler. Eine Elite der Besten geht aus sich heraus und führt – angesichts des Sensenmanns – die Rollencharaktere an die Grenze, wo die Rationalisierungen aufhören und sich die Verzweiflung nicht mehr verbergen lässt, ohne dass Komik erlischt.

Lesslie Malton beherrscht furienhaft den Beginn des Films. Wie eine rebellische Antigone beansprucht sie als einstige Tochterprinzessin des gefällten Vaters dessen Nachfolge als Chefin der Familienkompanie, die aus drei Brüdern besteht. Die einstige Prinzessin ist jedoch nach dem Tod der Mutter regelrecht verraten worden. Statt Ersatzgattin zu werden, hat sie den Frust des Vaters über seine Kinder zu spüren bekommen. Er hat zudem einem Juristen (kalt wie ein Eiszapfen: Mathieu Carrière) die Erbschafsregulierung übertragen, einem Mann, den Linda liebte, der sie aber zugunsten einer jüngeren kurz vor der Hochzeit sitzen ließ. „Das Schwein“ tauften ihn die Geschwister deswegen.

Die da in die Villa beorderten Brüder bringen vieles mit, bloß keine sichtbare Trauer. In ihren Herzen ist wenig Platz für andere Menschen, so schwer tragen sie an ihren problematischen Egos. Und was ist schon Kummer, wenn es etwas zu erben gibt und dieses Erbe bedroht ist. In Opposition zu dem schwäbischen Strebertum ihres Chefarztvaters, das die teure Villa und einen Feriensitz eingebracht hat, haben Joschi (Joachim Król), Jakob (Dominic Raacke) und Uli (Michael Rotschopf) eine berufliche Gegenwelt begründet, in der es viel intellektuellen Stolz gibt, aber wo es niemals für Haus und Feriensitz reichen wird.

Geld ist im Moment des Abschieds der Kinder von den Eltern nicht alles. Das hoch besetzte Kammerspiel macht auf derbe Weise klar, dass es beim Erben um das geht, was in mythischen Zeiten Segen hieß, um einen hoch geheimnisvollen Gunstübertragungsgsvorgang von elterlicher Energie auf die Kinder. Keiner Gerechtigkeit folgend und, wie die Liebe, juristisch nicht wirklich regel- und einklagbar. Und deshalb Hauptursache für innerfamiliäre Zerwürfnisse. Außerdem bedroht eine attraktive Ungarin (Tatiana Nekrasov), Haushaltshilfe und Sexgehilfin des geilen Greises, das Erbe von Feriensitz und Villa. Da versteht nur noch das Publikum Spaß.

Was ist mit dem Titel des Films? Mit der Auferstehungsdrohung? Fürchtet Euch sehr. Nikolaus von Festenberg

„Die Auferstehung“, ARD, Mittwoch, 20 Uhr 15

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