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Der wehrlose Millionärssohn Frederick Seibold (Helgi Schmid, Mitte) wird von der Hunde-Gang entführt.

© HR/Degeto/Bettina Müller

ARD-Krimi geht weiter: Tatort startet mit schlimmen Finger und Hundemasken

Der neue Hessen-„Tatort“ um die Entführung eines Millionärssohns eröffnet solide die Herbstsaison.

„So wenig hatten wir hier noch nie liegen, was?!“, meint Kriminalhauptkommissar Paul Brix (Wolfram Koch) mit trockener Süffisanz zum achselzuckenden Gerichtsmediziner Lorenz (Michael Stange), als er gemeinsam mit seiner Kollegin, Kommissarin Anna Janneke (Margarita Broich), in der Gerichtsmedizin steht, und auf dem Obduktionstisch vor ihnen liegen lediglich – zwei Finger.

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Diese Finger gehen bei Angehörigen des entführten Millionärssohns Frederick Seibold (Helgi Schmid) ein. Dieser schwang auf einer weitläufigen Golfanlage im südhessischen Taunus den Golfschläger, bevor ihn vier mit Hundemasken versehene Personen vom Grün drängten und mit einem im nahe gelegenen Wald wartenden Transporter entführten. Einer der vier Maskierten fällt dabei hinterrücks und landet auf einem am Boden liegenden Gerät, das ihn regelrecht durchbohrt. Unter der Hundemaske hört es allmählich auf zu atmen, Blut rinnt durch den Maskenmund.

[„Tatort: Wer zögert, ist tot“, Sonntag, ARD, 20 Uhr 15]

„Wer zögert, ist tot“ lautet der Titel des 13. Falls des seit 2015 ermittelnden Frankfurter Teams Janneke / Brix. Inszeniert hat den Fall Petra Lüschow („Petting statt Pershing“), die auch das Drehbuch verfasste. „Wer zögert, ist tot“ ist ein Satz, der in diesem „Tatort“ fällt, er stammt von Conny Kaiserling (Christina Große), die ein Fitness-Studio betreibt, dessen Schwerpunkt es ist, Frauenselbstverteidigungskurse anzubieten.

Aber der Reihe nach, denn die Narration mit all ihren Figurenverflechtungen ist wahrlich nicht unterkomplex. Zu Conny Kaiserling führt einer der Handlungsstränge, jener, der die Ex-Freundin des entführten Frederick erzählt, die alleinerziehende Bille Kerbel (Britta Hammelstein). Auch Bille bekommt einen abgetrennten Finger per Post ins Haus geschickt. So sitzt sie schließlich bei Brix und Janneke im Kommissariat, Janneke spricht mit ihr, derweil ihre beiden Kinder von Brix bespaßt werden. Bille wiederum kennt Conny. Und, natürlich, kennt Bille auch noch den ungeliebten miesepetrigen Vater des Entführten, den wohlhabenden Villenbesitzer und Wirtschaftsanwalt Konrad Seibold (Bernhard Schütz), der von seinem Sohn herzlich wenig hält, von Bille eigentlich auch nichts, der mit der Villen-Nachbarin im Dauerclinch liegt und es laut Staatsanwalt offenbar mit den Steuern nicht so ganz genau nimmt. Auch Vater Seibold erhält Finger-Post.

Konventioneller Krimi

Die Story dieses alles in allem recht konventionell angelegten Hessen-„Tatorts" hält im weiteren Verlauf so manch überraschende Wendung bereit, etwa die, dass etwa zur Halbzeit alle Täter gezeigt und benannt werden. Das mag, zunächst zumindest, einen kurzen Moment lang die Spannung nehmen.

Doch die baut sich, zumindest in gewissen Maßen, gleichsam wieder auf, da fortan nun die Frage im Raum steht, wie denn das Hundekopf-Trio, das noch immer den entführten Seibold’schen Sohn im Keller bei Burger und Pommes gefangen hält, aus der ganzen Nummer wieder rauskommt. Vater Seibold, dem vier Millionen Euro Lösegeld abverlangt werden, nimmt alles nicht so ernst und nicht so wichtig. Ihm sind Brix und Janneke lästig, die in der Villa ein- und ausgehen, ebenso lästig wie die Überwachung seiner Mobiltelefone. Ohnehin hegt er den Verdacht, dass sein eigener Sohn, dieser Tunichtgut, selbst hinter alledem steckt.

Kleine skurrile Momente

„Wer zögert, ist tot“ ist ein solide erzählter Fernsehfilm mit einigen kleinen skurrilen, schönen Momenten. Hübsch auch, wie Fanny (Zazie de Paris), Brix´ Vermieterin und Freundin, an Kursen in Conny Kaiserlings Studio teilnimmt und dort auf eigene Faust im rosa Trainingsanzug auf Spurensuche geht.

Zu den Meisterstücken aus der Hessen-Metropole – und derer gibt es welche – zählt Fall 13 gewiss nicht, dafür wird zu viel lediglich an der Oberfläche angerissen und zu wenig mit wirklich biografischer Vertiefung erzählt: etwa die ganz offenbar schwer belastete Vater-Sohn-Beziehung der Seibolds, nach der Brix auch einmal fragt, als er beim verhärteten Vater wieder einmal in dessen weiträumigem Wohnzimmer sitzt. Doch der Anwalt antwortet nur lapidar.

Fingerübung

So bleibt diese zentrale Beziehung, um die in diesem Kriminalfilm aber so vieles elliptisch kreist, letztlich ohne Grundierung und im Diffusen. Eine – im doppelten Wortsinn – Frankfurter Fingerübung also.

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