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Exklusiv. Die Autoren konnten Hubertus Heil drei Monate lang begleiten.

© WDR

ARD-Doku über Hubertus Heil: Zum Relaxen U2

Nur bedingt erhellend: Eine ARD-Dokumentation begleitet Arbeitsminister Hubertus Heil drei Monate lang.

Hat Hubertus Heil Humor? Kann er herzlich lachen? Oder mal so richtig sauer werden? Es ist Mitte April, der Bundesminister für Arbeit und Soziales hat gerade neue Arbeitsschutzregeln auf den Weg gebracht. „Einrichten in der Krise“ nennen Benjamin Braun und Maike van Galen, Autor und Autorin des ARD-Films „Regieren am Limit“, diese Phase der Pandemiebewältigung in Deutschland ( Montag, ARD, 23 Uhr 30).

Und Hubertus Heil spricht zu diesem Zeitpunkt davon, dass man seine „Grundfröhlichkeit behalten“ müsse. Wenn man allerdings sozialdemokratischer Minister in der Großen Koalition ist, bedeutet das wohl eine Herkules-Aufgabe, denn allein die Unionsparteien scheinen von der mehrheitlichen Zustimmung für die Regierungspolitik profitieren zu können.

Aber auch ohne den aktuellen Blick auf Umfragen darf man wohl behaupten: „Grundfröhlichkeit“ strahlt der Niedersachse Heil eher weniger aus. Spröde, sachliche Typen sind möglicherweise die besseren Politiker, aber im Fernsehen ist es doch hinderlich, wenn man am Klang der Stimme oder am Gesichtsausdruck nicht auf Anhieb erkennen kann, ob einer Mitgefühl ausdrücken will oder den rasanten Anstieg der Arbeitslosenzahlen verkündet.

Drei Monate lange konnten van Galen und Braun den Minister begleiten und somit eine Chronik der Krisenbewältigung erstellen. Sie filmten den Minister im Büro, bei Besprechungen, bei Außenterminen und bei Fahrten im Auto. Das Privatleben bleibt weitgehend tabu, einmal nur telefoniert der zweifache Vater mit seiner Frau. Man erfährt außerdem, dass Hubertus Heil zur Entspannung „One“ von U2 hört. Aber sollten van Galen und Braun gehofft haben, einen einzigartigen Blick auf die Krisen-Turbulenzen in der Politik erhaschen zu können, sind sie an den Falschen geraten.

Vielleicht ist der für seine Hartnäckigkeit geschätzte Hubertus Heil der beste, womöglich aber auch der langweiligste Krisenmanager der Welt, stets kontrolliert und unaufgeregt, selbst dann, wenn er sich tatsächlich mal aufzuregen scheint.

Sein offensivster Satz: „Ich erlebe im Moment so viel Schlaumeierei und Geltungsbedürfnis.“ Das sagt er am 30. März im Gespräch mit seinen Talk-Kontrahentinnen nach der Aufzeichnung einer „Hart, aber fair“-Sendung. Hubertus Heil lässt sich auch im Rückblick-Interview drei Monate später nicht locken, greift weder Armin Laschet und Markus Söder, die er wohl gemeint haben dürfte, noch andere politische Gegner an.

„Selten haben wir ihn so schlecht gelaunt gesehen“

Er tut den Filmemachern auch sonst nicht den Gefallen, neuen Zündstoff für den Streit in der Koalition zu liefern. Wenn es zu Beginn um den vereinfachten Zugang zur Grundsicherung geht, blitzt kurz sein Ärger über „ideologische Blockaden“ auf.

Und als Mitte Juni sein Hilfspaket für Auszubildende im Kabinett scheitert, stampft Heil stirnrunzelnd, aber wortlos an den Kameras vorbei aus dem Kanzleramt. „Selten haben wir ihn so schlecht gelaunt gesehen“, lautet der Kommentar aus dem Off. Die vorerst letzte Phase der Corona-Krise haben van Galen und Braun „Ende der Einigkeit“ genannt.

Der „Backstage-Blick hinter die Regierungskulissen“, wie die popkulturell stets auf der Höhe der Zeit formulierende ARD den Film anpreist, fällt eher bescheiden aus. Ruft Angela Merkel nie an? Wie eng arbeitet Sozialdemokrat Heil mit seinen Unionskollegen zusammen? Wie laufen Abstimmungsprozesse? Welche Rolle spielen die Fraktionen, die Parteizentralen, Gewerkschaften und Verbände?

Über das politische System und das Agieren in einem dicht geknüpften Netz aus Interessen erfährt man wenig. Es sind eher die beiläufigen Beobachtungen, die Aussagekraft haben. Die Unachtsamkeit der Minister auf der Regierungsbank, die von den Kameras mehrfach erwischt werden, wie sie sich „im Gesicht herumfummeln“.

Das alle Abstandsregeln ignorierende Drängeln der Fotografen auf der Bundestags-Galerie und bei einem Pressetermin, bei dem sich Hubertus Heil als zupackender Helfer inszenierte. „Jetzt trägt auch der Minister Maske“, kommentieren Autorin und Autor spöttisch, denn im Gebäude des Ministeriums, das auch für Arbeitsschutz zuständig ist, sah man es mit dem Tragen der Mund-Nase-Bedeckung offensichtlich lange Zeit eher locker.

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