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Kai Diekmann, Herausgeber der "Bild"-Gruppe, verlässt den Springer-Konzern

© picture alliance / dpa

Update

Abschied zum 31. Januar 2017: "Bild"-Herausgeber Kai Diekmann verlässt Springer

"Es war mir eine Ehre": Kai Diekmann, Herausgeber der "Bild"-Gruppe, verlässt Ende Januar 2017 den Springer-Verlag. Er will sich "neuen Aufgaben stellen".

Der Herausgeber der „Bild“-Gruppe, Kai Diekmann, verlässt das Medienhaus Axel Springer. Er wird mit Wirkung zum 31. Januar 2017 seine Tätigkeit auf eigenen Wunsch beenden und aus dem Verlag ausscheiden, wie Springer am Freitag in Berlin mitteilte. „Nach 30 Jahren bei Axel Springer fällt es mir schwer, das Haus zu verlassen, dem ich beruflich alles zu verdanken habe", sagte Diekmann der Mitteilung zufolge. Er wisse "Bild", "Bams" und "B.Z." bei Tanit Koch, Julian Reichelt, Marion Horn, Peter Huth in den allerbesten Händen. "Ich kann mich nun neuen Aufgaben stellen“", sagte Diekmann, ohne weiter konkret zu werden.

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Der Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner erklärte, "wir sind traurig über sein Ausscheiden". Kai Diekmann könne auf eine einzigartige Karriere bei Axel Springer zurückblicken. Es sei vor allem ihm zu verdanken, "dass ,Bild' heute Trendsetter des digitalen Journalismus ist und eine hochprofitable Multimediamarke". Diekmann sei es in den 16 Jahren an der Redaktionsspitze gelungen, das Blatt inhaltlich und strukturell stets weiterzuentwickeln und ihm damit eine kraftvolle publizistische Stimme zu verleihen. Döpfner legte zudem Wert auf die Lesart, dass Diekmanns Ausscheiden keine Lücke im Springer-Bild-Imperium aufreißt. Er dankte Diekmann dafür, dass er die seit Jahresbeginn neu aufgestellte Chefredaktion beraten und unterstützt habe, "so dass jetzt ein problemloser Übergang möglich ist".

Diekmann kam 1985 zu Springer

Der 52-jährige Diekmann ist tatsächlich ein "Springer-Gewächs" und einer, der seine Karriere eigenem Können und eigenem Tun verdankt. Diekmann kam 1985 zu Axel Springer, er absolvierte eine Ausbildung an der Axel Springer Journalistenschule. Seitdem arbeitete er mit kurzen Unterbrechungen für das Verlagsunternehmen: zunächst als "Bild"- und "Bild am Sonntag"-Parlamentskorrespondent, später als stellvertretender Chefredakteur "B.Z." sowie als "Bild"-Politikchef und Chefredakteur der "Welt am Sonntag", bevor er 2001 die "Bild"-Chefredaktion übernahm und später zusätzlich zum Herausgeber der gesamten "Bild"-Gruppe ernannt wurde. Mit der Konzentration auf die Herausgeberschaft der "Bild"-Gruppe begann schon sein Einstieg zum Ausstieg, indem er die Chefredaktionen auf die genannten Köpfe übertrug. Aber jetzt, mit Diekmanns tatsächlichem Ausstieg, hat Springer ein Problem: Wer kümmert sich um die Markenführung bei "Bild"?

Erfolge und Fragezeichen

Kai Diekmann steht in der Geschichte der "Bild"-Zeitung wie des Springer-Verlages für sich selbst wie für wegweisende Entscheidungen: Der Helmut-Kohl-Intimus rückte das Boulevardblatt mehr in die Mitte, er holte die "rote Gruppe" von Hamburg nach Berlin, er machte aus der zweiten Seite eine politische Agenda, er rüstete bei der verbalen Hetze, zu der das Boulevardblatt früher an jedem Tag in der Lage, ab - Hasser, Pegida und die AfD werden von "Bild" und Bild.de energisch bekämpft. Stets war Diekmann um ein enges Verhältnis zwischen Israel und Deutschland bemüht, nicht weniger galt ihm die Westbindung als wesentlich.

Das früher eindeutige Freund-Feind-Denken wurde retuschiert, bei Diekmann konnte es die CDU und Kanzlerin Merkel plötzlich hart treffen. Klar ist auch, dass Kai Diekmann um die Kampagnenfähigkeit des Boulevardblattes wusste und einzusetzen wusste. Der Begriff "Fairness" wurde auch in Diekmanns "Bild"-Zeiten mehr klein als groß geschrieben. Der "Bild"-Chef und Journalist Kai Diekmann ist kein Populist, aber eine Scheu vor populären Themen hatte er keineswegs. Und das ist ihm gelungen: in dem Maße, wie die "Bild"-Zeitung an täglicher Auflage unter die Zwei-Millionen-Linie sank, in dem Maße wurden die Zugriffszahlen von Bild.de nach oben gejazzt. Der wirtschaftliche Erfolg war bei Kai Diekmann in besten Händen.

"Wir sind Papst"

Auch deswegen war Kai Diekmann mit 16 Jahren solange wie keiner seiner Vorgänger Chefredakteur von der "Bild". Unter seiner Leitung titelte das Blatt „Wir sind Papst“ und alarmierte mit dem Bericht „Feuerameisen überfallen Europa“. Diekmann und das Tabloid spielten unter anderem auch eine Rolle beim Rücktritt von Bundespräsident Christian Wulff 2012. "Bild" berichtete Ende 2011 über dessen Hauskauf-Finanzierung. Zuvor hatte Wulff auf der Mailbox von „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann mit Konsequenzen gedroht, falls die Geschichte erscheint. Diekmanns Blackberry-Handy ist heute im "Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" zu bewundern.

Im Silicon Valley und mit Rauschebart

Mit seiner Frau, der Journalistin und Buchautorin Katja Kessler, 47, und den vier Kindern ging er im Herbst 2012 für fast ein Jahr nach Kalifornien. Von dort kommunizierte Diekmann über die sozialen Medien mit dem Rest der Welt über die neuesten Trends im Silicon Valley. Nach dem Trip hatte er dann lange Zeit ein haariges Markenzeichen: Der Vollbart, der entfernt an Karl Marx erinnerte, wurde erst viele Monate nach seiner Rückkehr nach Deutschland für einen guten Zweck, für die "Bild"-Spendenaktion "Ein Herz für Kinder" abrasiert. Diekmann nahm auch an einer „Ice Bucket Challenge“ teil, um auf die unheilbare Nervenkrankheit ALS aufmerksam zu machen - und schüttete sich kaltes Wasser über den Kopf. Für eine Crowdfunding-Aktion ließ er sich im Mai 2016 von dem alten Springer-Kritiker und Undercover-Reporter Günter Wallraff beim Tischtennis in 23 Minuten von der Platte fegen. Dass die in Potsdam lebende Familie Diekmann Flüchtlinge aufgenommen hat, darum wurde kein Aufhebens gemacht.

"Es war mir eine Ehre!", twitterte Kai Diekmann am Freitagmorgen zu seinem Abschied. Kurz nach der Nachricht schossen die Spekulationen in Kraut: Was ist Kai Diekmanns nächste Aufgabe? Silicon Valley? Chefredakteur bei Facebook? Diekmann war und ist in seiner Facettenhaftigkeit für viele Überraschungen gut.

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