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Zu viele Trauerfeiern. Die baskische Inspectora Amaia Salazar (Marta Etura) muss in dem für seine Mythen und Traditionen bekannten Baztan-Tal rituelle Morde an jungen Mädchen aufklären. Dunkle Gehemnisse lauern auch in ihrer Familie.

© ZDF/Manolo Pavón

Aberglaube-Thriller im TV: Die toten Mädchen aus dem Baskenland

Ihre Baztan-Trilogie hat der spanischen Schriftstellerin Dolores Redondo einen Riesenerfolg beschert. Die Verfilmung läuft nun im ZDF.

Mythen und Legenden scheinen in abgeschiedenen Gebieten besonders gut zu gedeihen. So wie im Baztan-Tal in den spanischen Pyrenäen, dem historischen Siedlungsgebiet der Basken. Die Geschichten von Göttern, Dämonen, Hexen und Zauberern erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Mittlerweile wirbt die Tourismuswirtschaft mit Orten wie der Höllenmühle, der Hexenhöhle und dem so genannten Altar der schwarzen Messen. Was sich dort ereignete, war alles andere als erbaulich. Im Baztan-Tal machte die Inquisition vor vierhundert Jahren besonders eifrig Jagd auf vermeintliche Hexen.

Wach gehalten wird die Erinnerung an dieses Kapitel und an den damit verbundenen Aberglauben nicht zuletzt durch die Schriftstellerin Dolores Redondo. Deren Baztan-Trilogie – inzwischen in 42 Sprachen übersetzt – wurde in Koproduktion mit dem ZDF und Arte verfilmt und ist an den kommenden drei Montagen im Spätprogramm des ZDF zu sehen.

[„Das Tal der toten Mädchen“, ZDF, Montag um 22 Uhr 15. Die übrigen Teile der Baztan-Trilogie zeigt das ZDF zu gleicher Uhrzeit an den kommenden Montagen]

Über einige übersinnliche Fähigkeiten scheint auch Inspectora Amaia Salazar (Marta Etura) von der baskischen Polizei zu verfügen. Bevor sie sich im ersten Teil der TV-Trilogie dem toten Mädchen nähert, das dort nackt auf dem Waldboden neben einem Bach liegt, lässt sie ihre Hand über der Leiche schweben. Als ob sie erspüren will, ob die Ermordete ihr auf diese Weise noch irgendetwas mitteilen könnte.

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Ein eindeutiges Mitteilungsbedürfnis hatte jedenfalls der Täter. Nicht nur die Haltung der abgespreizten Arme und der nach oben gerichteten Hände des toten Mädchens spricht für eine Inszenierung. Auch das auf dem Schambereich abgelegte Gebäck zeugt davon. Amaia Salazar erkennt sofort, dass es sich um Txantxigorri handelt.

Die Scham mit Backwerk bedeckt

Txantxigorri ist ein traditionelles baskisches Backwerk, das unter anderem in Elizondo produziert wird. Just diesen Ort – der größten Gemeinde des Tales – hat die Inspectora vor Jahren beinahe fluchtartig verlassen, bevor sie zur Polizei ging und sogar beim FBI im Profiling ausgebildet wurde.

Hierher wollte sie nie wieder zurückkehren. Doch weil es bereits kurz zuvor ein ähnliches Verbrechen gegeben hat und sich Amaia Salazar sowohl mit Serientaten als auch mit dem Baztan-Tal auskennt, wird sie genau dorthin geschickt, wo ihre Familie seit Generationen selbst eine Bäckerei betreibt.

„Das Tal der toten Mädchen“, so lautet der Titel des ersten Teils, lief vor drei Jahren bereits überaus erfolgreich im Fernsehen. „Das Tal der vergessenen Kinder“ und „Das Tal der geheimen Gräber“ sind dagegen Free-TV-Premieren. Die einzelnen Romane und Filme haben zwar jeweils auch eine in sich abgeschlossene Handlung, doch nur alle drei Teile zusammen ergeben das vollständige Ausmaß des Schreckens im Baztan-Tal. In der TV-Trilogie sorgt sich die katholische Kirche übrigens in Gestalt eines päpstlichen Abgesandten mit psychologischer Ausbildung (Imanol Arias) noch immer um die seelische Verfassung der Talbewohner.

Die Schönheit der abwechslungsreichen Natur und der pittoresken Gebäude können die Zuschauer in den Filmen allerdings nur erahnen. Regisseur Fernando González Molina hat die packende Handlung in dämmrige Farben und einen gefühlt fast fünfstündigen Dauerregen verpackt – Luiso Berdejo hat die Romane von Dolores Redondo fürs Fernsehen adaptiert.

Polizist Fermín Montes (Francesc Orella) macht in einer Höhle eine schreckliche Entdeckung.
Polizist Fermín Montes (Francesc Orella) macht in einer Höhle eine schreckliche Entdeckung.

© ZDF/Manolo Pavón.

Die Sonne kann sich jedenfalls nicht durchsetzen. Jedesmal wenn es so aussieht, als würde sie es vielleicht gerade schaffen, sind diese Momente schon wieder vorbei. Doch nicht nur die Bildsprache der spanischen Produktion unterscheidet sich erfrischend von der gewohnten Krimi-Kost, es gibt auch nicht die sonst übliche Normierung auf eine Länge von 87 Minuten. Bei Molina variiert sie von knapp einer Stunde und fünfzig Minuten bis hin zu zwei Stunden und zehn Minuten.

Von der Stimmung her könnte es sich beinahe um eine Fortsetzung der Kinofilme „Die purpurnen Flüsse“ mit Jean Reno als Kommissar Niémans handeln. Diese fließen zwar in den französischen Alpen, doch obskure Weltsichten und Glaubensfragen spielen hier wie dort eine zentrale Rolle. Und Gruften und Grabmale sind in beiden Fällen mehr als düstere Szenen-Hintergründe.

Basajaún, Tarttalo, Inguma - lauter mythische Wesen

Dasselbe gilt für die Mythologie. Hinter den Morden an den jungen Mädchen vermuten die Medien schnell den Basajaún, einen üblen Waldgeist, der angeblich mehrfach gesichtet wurde. Tatsächlich kommt es in der Baztan-Verfilmung zu diversen Verfolgungsjagden. Überhaupt ist die Trilogie voll von mythischen Wesen. Dabei wird der Basajaún noch den Göttern zugerechnet. Beim Tarttalo handelt es sich um einen Zyklopen, der sich von menschlichem Fleisch ernährt haben soll. Inguma schließlich bezeichnet einen Dämon, der schlafenden Kindern den Atem raubt. Und eines ist sicher: Dolores Redondo hat diese mythischen Figuren nicht grundlos bemüht.

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Schauspielerin Marta Etura ist selbst Baskin. Mit der Darstellung von Inspectora Amaia Salazar wurde sie in Spanien ähnlich prominent wie die Schauspieler hinter der Netflix-Serie „Das Haus des Geldes“, die ebenso wie die Serie „Die Pest“ das außerordentliche Potenzial von Filmen und Serien aus Spanien zeigte.

In der Baztan-Trilogie kann Marta Etura viele Facetten ihrer Fähigkeiten zeigen, von der ebenso energiegeladenen wie beharrlichen Ermittlerin und führungsstarken Einsatzgruppenleiterin über eine junge Mutter im Zwiespalt zwischen Beruf und Familie und einer Ehefrau und Geliebten bis hin zu einer Tochter und Schwester, die die dunklen Familiengeheimnisse noch nicht verarbeitet hat. Kurzum: Das Spektrum reicht von reiner Liebe über ausgeprägtem Pflichtgefühl bis zu tiefster Verzweiflung.

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