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Staatsfreund Nr. 1. Demokratie und Grundgesetz sind Thema der neuen Youtube-Reihe „Abdelkratie“ mit Abdelkarim, produziert von der Bundeszentrale für politische Bildung. Der in Duisburg lebende deutsch-marokkanische Comedian („heute-show“), dessen Drehteam am 1. Mai bei einer „Hygiene-Demo“ in Berlin angegriffen wurde, erklärt Grundlagen der Verfassung. Ab Herbst 2020 präsentiert Abdelkarim ein neues Bühnenprogramm. Bis dahin ist auch er in Autokinos unterwegs.

© Bundeszentrale für pol. Bildung

Abdelkarim im Interview: „Jeder geht da mit was Positivem raus“

Comedian Abdelkarim über seine Liebe zum Grundgesetz, Verschwörungstheoretiker, Autokinos und Spaß in Berlin.

Demokratie und Grundgesetz sind Thema der neuen Youtube-Reihe „Abdelkratie“ mit Abdelkarim, produziert von der Bundeszentrale für politische Bildung. Der in Duisburg lebende deutsch-marokkanische Comedian („heute-show“), dessen Drehteam am 1. Mai bei einer „Hygiene-Demo“ in Berlin angegriffen wurde, erklärt Grundlagen der Verfassung. Ab Herbst 2020 präsentiert Abdelkarim ein neues Bühnenprogramm. Bis dahin ist auch er in Autokinos unterwegs.

Abdelkarim, mal salopp gefragt, wie sind Sie – als in Bielefeld geborener „Marokkaner unserer Vertrauens“ – aufs Grundgesetz gekommen?

Die Bundeszentrale für politische Bildung hat mich gefragt, ob ich nicht Bock hätte, bei einem Projekt mitzumachen, in dem es darum geht, wichtige Eckpfeiler unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung einfach, verständlich und knackig rüberzubringen. Ich fand die Idee direkt super. Ich habe gesagt, dass ich mir das sehr gut vorstellen kann, aber nur, wenn wir da noch irgendwie meinen Namen in den Titel kriegen.

Gerade angesichts der Pandemiemaßnahmen wird zurzeit viel von „denen da oben und uns hier unten“ und Misstrauen gegenüber staatlichen Maßnahmen gesprochen. Inwiefern kann dem eine Grundgesetz-Exegese bei Youtube beikommen?
Die Abdelkratie ist für alle Menschen offen. Ich bin mir sicher, dass jeder Mensch, der sich die Abdelkratie anschaut, unabhängig von seinem Kenntnisstand mit einem positiven Mehrwert aus der Nummer rauskommt. Wir können sogar Verschwörungstheoretiker erreichen. Die gucken ja eigentlich nur Telegram. An ganz seriösen Tagen klicken sie Youtube an. Und da finden sie jetzt die Abdelkratie.

Wollen wir es hoffen. Was sind Ihre Lieblingsstellen aus dem Grundgesetz?
Ich finde das Grundgesetz durchgehend super. Es setzt den Rahmen, in dem wir uns frei austoben können. Wenn ich mich aber nur für eine Stelle entscheiden müsste, dann Artikel 1, Absatz 1, Satz 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Wenn man versucht, diesen Gedanken im Hinterkopf zu behalten, macht man automatisch vieles richtig.

Wann sind Sie in Ihrem Leben das erste Mal direkt mit dem Grundgesetz in Kontakt gekommen?
Richtig konkret irgendwann in der Hauptschule. Da hat die Lehrerin mit uns über die Religionsfreiheit gesprochen.

Die ist zurzeit ja auch quasi eingeschänkt, was den Zugang zu Kirchen und Moscheen betrifft. Kamen und kommen Sie persönlich denn mit den wegen der Pandemie eingeschränkten Grundrechten gut klar?
Das waren ja vor allem am Anfang sehr massive Grundrechtseinschränkungen. Zum Beispiel waren frei bewegen und arbeiten auf einmal nicht mehr möglich. Da ging es für mich in erster Linie darum, nicht zu verwahrlosen. Aber die Grundrechtseinschränkungen waren ja nicht ohne Grund. Aktuell gibt es zum Glück immer mehr Lockerungen. Hoffentlich bleibt die Entwicklung positiv.

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Mit Ihren Youtube-Videos verbreiten Sie jedenfalls eine positive Grundstimmung. Es hat ja auch mediale Konjunktur, auf die Verfassung hinzuweisen. Zum 70. Geburtstag erschien das Grundgesetz als Magazin. Könnten Sie sich vorstellen, dafür im Fernsehen zu werben?
Auf jeden Fall. Wir machen ja alle Werbung für das Grundgesetz. Wir haben alle unterschiedliche Interessen, glauben an unterschiedliche Religionen, haben unterschiedliche Weltbilder. Und wir können Sie ausleben, weil das Grundgesetz das ermöglicht und garantiert.

Das Thema können Sie ja eben nicht, wie sonst, auf die Bühne bringen. Das fällt wegen Corona flach. Womit vertreiben Sie sich die Zeit daheim? Aufräumen, ausmisten, Garten frisieren, prokrastinieren?
Alle, die mit Bühne zu tun haben, Grafiker, Plakataufsteller, Regisseure, Veranstalter, Künstler, Artisten, männliche und weibliche, müssen aktuell sehr kreativ sein, weil alle staatlichen Hilfspakete vor allem an Soloselbstständigen vorbeigedacht sind. Ich hoffe, dass es uns als Gesellschaft gelingt, Corona in die Knie zu zwingen, ohne dass einige Berufsgruppen unverhältnismäßig hart darunter leiden müssen. Einen Garten habe ich nicht, das wäre gerade während Corona sehr hilfreich gewesen. Ich wollte viel aufräumen, aber eigentlich esse ich nur. Das hat phasenweise was von Kadaver-Lifestyle.

Zur Not gibt es ja Autokinos. Wie waren bislang Ihre Erfahrungen damit? Kann das ein Trend werden?
Der erste Auftritt war extrem ungewohnt. Das war gefühlt so, als würde ich nachts in einem Autohaus neue Nummern testen. Während der ersten 20 Minuten habe ich mich einige Male gefragt, wie ich hier 90 Minuten schaffen soll.

Und, haben Sie es geschafft?
Es wurde mit jeder Minute besser. Ich musste begreifen, dass ich nicht schreien muss, weil mich alle in den Autos super hören. Und Lichthupe und Hupe als Applaus muss während Corona reichen. Die weiteren Auftritte im Autokino haben dann sogar noch mehr Spaß gemacht. Da war das Wetter auch sehr gut. Die Fenster waren offen, ich hab das Lachen der ZuschauerInnen gehört. Als Immer-Mal-Wieder-Vielleicht könnte das ein Trend werden, aber eine Show vor Menschen, die nicht im Auto sitzen, bleibt natürlich ganz oben auf der Wunschliste.

Zum Schluss, ich muss das fragen: Waren Sie schon mal wieder in Berlin seit dem 1. Mai, dem Überfall in Mitte bei der Hygiene-Demo?
Nein, aber das hat mit dem Überfall nichts zu tun.

Sind Sie zufrieden mit der Art der Ermittlungsarbeiten? Über die Täter heißt es, sie kämen aus dem linken Lager.
Ich schaue da nicht täglich drüber, und ich bin trotz einiger stichprobenartiger Polizeikontrollen in meinem Leben immer noch Laie. Aber ich hatte während meiner Aussagen am Tatort und den Gesprächen danach einen sehr guten Eindruck von den Ermittlern. Die haben die Sache von Anfang an extrem ernst genommen. Mindestens zwei der am Anfang festgenommenen Tatverdächtigen sollen zum linken Spektrum gehören. Wer wie was wo genau dahintersteckt, welches Motiv et cetera werden wir alle nach den Ermittlungen erfahren. Der Angriff bleibt aber unabhängig vom Motiv menschenverachtend.

Bringen Sie denn das nächste Mal Personenschutz mit, wenn Sie wieder nach Berlin kommen?
Personenschützer habe ich nur dabei, wenn sie gute Dönerbuden kennen. Viel wichtiger als Personenschutz ist Prävention. Gewalt kann man am besten vermeiden, wenn gewaltbereite Menschen nicht mehr gewaltbereit sind. Ich grüße alle Berliner. Ich bin gerne und immer wieder in Berlin, und meistens hatte ich da großen Spaß.

Hinweis der Redaktion: In einer ersten Version dieses Interviews enthielt die erste Frage einen Nachsatz, der so verstanden werden könnte, als dass Islam und Demokratie sich grundsätzlich ausschließen. Wir haben den Nachsatz entfernt, weil er grob irreführend und missverständlich war. Wir bitten das zu entschuldigen.

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