Abberufung von Patricia Schlesinger: Ein Befreiungsschlag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Die Entscheidung vom Montag zeigt: Gebraucht werden keine neuen Rundfunkräte, sondern solche, die ihre Verantwortung annehmen. Ein Kommentar.
Der einmalige Beschluss zur Abberufung von RBB-Intendantin Patricia Schlesinger kommt möglicherweise spät, dennoch ist es ein Befreiungsschlag. Die Mitglieder des Kontrollgremiums sind damit ihrer wohl unangenehmsten Pflicht nachgekommen und haben gezeigt: mehr Rechte für die Rundfunkräte, wie sie jetzt gefordert werden, mögen hilfreich sein, doch noch wichtiger sind Räte, die von den jeweils existierenden Möglichkeiten Gebrauch machen.
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Der Rundfunkrat des RBB, häufig als Abnickverein für langatmige Ausführungen von Intendanz und Verwaltungsrat belächelt, hat seine Verantwortung angenommen. Es hatte zuerst zwar etwas gedauert, bis der Rat nach den ersten Vorwürfen gegen die Senderspitze den ganzen Ernst der Lage akzeptiert hatte, um dann aber das Thema mit zwei Sondersitzungen in kurzer Folge voranzutreiben.
Selbst die mahnenden Stimmen, die vor den Konsequenzen übereilter Schritte gewarnt haben, auch hier im Tagesspiegel, konnten den Rat davon nicht abbringen.
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Denn tatsächlich gibt es ein finanzielles Risiko für den RBB. Eine Abberufung ohne Abfindung ist nur unter klar geregelten arbeitsrechtlichen Voraussetzungen möglich. Und Patricia Schlesinger hat in ihrer Erklärung vor den Ratsmitgliedern deutlich gemacht, dass sie an ihrer Sicht der Dinge festhält. Sie meint weiterhin, „nach bestem Wissen und Gewissen“ und im Sinne des Senders gehandelt zu haben.
Wer Recht hat, wird womöglich am Ende ein Gericht zu entscheiden haben. Doch genauso ist es möglich, dass die 150.000 Euro, um die es dem Vernehmen nach geht, ein kleiner Preis dafür sind, dass der Rat im Sinne von Sender und System Stärke gezeigt hat.
Man kann die Bedeutung dieser Abstimmung für den Erhalt des staatsfernen öffentlich-rechtlichen Systems von Fernsehen, Radio und Internet gar nicht hoch genug einschätzen. Es gibt viele Dinge daran, die es zu reformieren gibt, auch bei den Räten.
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Ohne den vom Bundesverfassungsgericht so oft betonten Bestandsschutz anzugreifen, werden ARD, ZDF und Deutschlandfunk Diskussionen über Struktur und Auftrag, über Gebührenhöhe und Angebotsbeschränkung, über Dienstwagen, digitale Medienhäuser und Bonus-Systeme nicht erspart bleiben.
Darüber hinaus aber hat der RBB an diesem Montag bewiesen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk kein unkontrollierbarer Moloch sein muss, wie seine Gegner behaupten.
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