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Noch toter als tot. Michael Palin (links) als Ladenbesitzer versucht dem hysterischen Kunden (John Cleese) das Hinscheiden seines Papageis klarzumachen.

© Getty Images

50 Jahre „Monty Python's Flying Circus“: Kafkaesk wird pythonesk

Was als BBC-Serie mau gestartet war und heute Comedy-Weltkulturerbe ist: „Monty Python’s Flying Circus“ wird 50 Jahre alt.

Eine Geschichte aus einer ganz anderen Fernsehepoche. 1969 war David Attenborough Programmchef der BBC. Naturfilmer war er schon damals, aber längst noch nicht der berühmte Sir David Attenborough. Als BBC-Hierach beauftragte er die 1969 gegründete Komikertruppe „Monty Python's Flying Circus“ mit einer Serie.

Die sechs Autoren – John Cleese, Terry Jones, Michael Palin, Graham Chapman (1941-1989), Eric Idle und der amerikanische Karikaturist Terry Gilliam – waren alle zuvor im britischen Fernsehen aufgetreten, arbeiteten aber zum ersten Mal zusammen. Es wurde geschrieben, produziert – ohne dass Attenborough auch nur ein Drehbuch gelesen hatte. Am 5. Oktober 1969, einem Sonntag, strahlte die BBC im Abendprogramm die erste Episode von „Monty Python’s Flying Circus“ aus; ein Programm, das das Comedy-Genre nachhaltig verändern sollte.

Was nicht absehbar war. Die Zuschauerzahlen waren mau, was heute zur schnellen Absetzung führen würde, nicht aber 1969. Attenborough gab zu Protokoll, dass die Truppe wohl „einen Todeswunsch“ habe. Bei einer Krisensitzung wurde in einer internen Aktennotiz festgehalten: „Diese Episode enthielt zwei wirklich schreckliche Sketche.“ Der eine sei entsetzlich geschmacklos gewesen, der andere schlichtweg nicht amüsant.

Entweder wurden die Sketche besser oder das Publikum erkannte den hohen Amüsement-Faktor, jedenfalls erarbeitete sich die Truppe Aufmerksamkeit und Anerkennung. „Monty Python’s Flying Circus“ lief bis 1974 in der BBC, zu weltweiter Popularität kam das Sextett jedoch erst, als Cleese & Co. den US-amerikanischen Markt mit ihrer Serie und den Kinofilmen „Die Ritter der Kokosnuss“ und „Das Leben des Brian“ eroberten. Britischer Humor erwies sich als exportfähig.

Den ungebrochenen Erfolg – der 79-jährige John Cleese absolvierte Mitte September einen Soloabend in Berlin – erklärten die Pythons auf ihrer Website: „Wir leben in einer zunehmend pythonesken Welt.“ Extreme Albernheit scheine heute relevanter zu sein als je zuvor. Wohl auch deshalb, weil selbst die, die unbedingt ernstgenommen werden wollen wie US-Präsident Donald Trump oder Premierminister Boris Johnson, albern bis absurd auftreten.

„Peinlich, dass die Fans die Zeilen besser kennen als ich“

Dass bei „Monty Python’s Flying Circus“ der eigentlich inflationär gebrauchte Begriff „Kult“ angebracht ist, zeigt sich daran, dass jede Generation die Serie für sich neu entdeckt – viele Zuschauer können ganze Szenen auswendig zitieren. John Cleese sagte dem Sender CNN, „peinlich ist, dass die Fans diese Zeilen besser kennen als ich. Sie kommen auf mich zu, ich habe absolut keine Ahnung und nicke nur und mache: haha, yeah.“

Nicht allen Pythons gefällt diese Zuneigung. Er sei enttäuscht, dass die Leute „Flying Circus“ jetzt schätzten und für eher kuschelig und liebenswert hielten, während das Programm sie früher genervt und verärgert habe, sagte Eric Idle der „Radio Times“. „Wir bekamen damals eine Menge Beschwerden. Das gefiel mir besser.“

Einer der berühmtesten Sketche: „The Dead Parrot“

Zu einem der berühmtesten Sketche wurde „The Dead Parrot“. „Dieser Papagei existiert nicht mehr... Das ist ein Ex-Papagei!“ Selbst ein halbes Jahrhundert später wirkt John Cleese als hysterischer Kunde in einer Zoohandlung noch komisch, während Ladenbesitzer Michael Palin immer neue Erklärungen dafür findet, warum der Papagei sich nicht mehr rührt. Kafkaesk reimte sich zunehmend auf pythonesk.

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Aber steckt der allerbeste Python-Sketch nicht in „Fawlty Towers“, der Sitcom, die Cleese und seine damalige Ehefrau Connie Booth zwischen 1975 und 1979 schrieben und spielten? In der Episode „The Germans“ schärft Hotelchef Basil Fawlty seinen Mitarbeitern ein, in Gegenwart der Gäste aus Deutschland niemals die Nazis noch den Zweiten Weltkrieg zu erwähnen: „Don’t mention the war!“ Tut Basil selber permanent. Als er, im Versuch einer Adolf-Hitler-Parodie im besten Stechschritt aller Zeiten durchs Hotel paradiert, bricht ein deutscher Gast in Tränen aus, während sich der Rest der Reisegruppe laut darüber wundert, wie diese Briten nur den Krieg gewinnen konnten.

Die postmodernen, postnationalistischen Deutschen von heute lieben diesen Witz, erstens, weil sie ihn verstehen, zweitens, weil das deutsch-britische Verhältnis nicht mehr (allein) über die Weltkriege definiert ist. Dieses Fernsehen hatte, gewollt oder nicht, etwas von Völkerverständigung.

Tempi passati? Terry Gilliam hält es für ausgeschlossen, dass die Python-Truppe noch einmal eine gemeinsame Bühnenshow stemmt. „Es sind nur noch vier von uns übrig, die richtig funktionieren“, sagte er der Zeitung „Daily Star“. Chapman ist verstorben, und Terry Jones leidet an Demenz. „Das ist nicht Python, also macht das keinen Sinn."

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