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"Zeigt die Haut Zeichen von Trockenheit, cremt!", rät der Kinderdok.

© imago/BE&W

Kolumne: Der Kinderdok: Von Kopf bis Fuß salben

Der Kinderdok berichtet anonym und schonungslos vom täglichen Wahnsinn seiner Arbeit. Diese Woche geht um die empfindliche Kinderhaut und wie man sie am besten pflegt.

Nicht nur neulich wurde mir ein Säugling vorgestellt, „der hat so komische Pickelchen auf dem Bauch“. Ob das wohl ansteckend sei oder gar … Neurodermitis? Alles andere ist uninteressant. Aber viel häufiger.

Hippelchen hier, Hippelchen da, Ausschlag dort – Teil meiner täglichen Praxisroutine. Doch Eltern lassen sich von Haut schnell verunsichern, werten jede Rötung als Signal für Krankheit. Viele machen sogar extra einen Termin für den einzelnen roten Fleck auf der Nase. „Ist das normal, Herr Doktor?“ Meist schon.

Die empfindliche Kinderhaut reagiert eben gern: auf die Bartstoppeln vom Vater, den schicken Strickschal von der Oma, die Backen sind stets feurig und die Wangen sowieso. Beim Beifüttern färbt sich das Gesicht orange, Mandarinen machen das Gesäß rot. Die sprichwörtliche Babyhaut muss man suchen.

Kinderhaut ist dünner als die von Erwachsenen, die Hautschichten müssen sich noch entwickeln, der Säuremantel, ein dünner Fett- und Wasserfilm, kann noch nicht so gut vor Krankheitserregern oder Austrocknung schützen.

Was tun bei Rötung?

Abwarten. Wenn es nach drei Tagen besser ist, war es harmlos. Geht es länger, ist die Haut oft zu trocken. Noch immer kursiert das Gerücht, man solle die Haut von Babys nicht behandeln, „damit sie sich nicht dran gewöhnt“. Quatsch! Sie darf geölt werden, das Badewasser milde Zusätze beinhalten, um den Säuremantel zu unterstützen. Reines Wasser würde ihn abspülen und zerstören. Zeigt die Haut also Zeichen von Trockenheit, cremt! Sonst ist der Vorstellungsgrund nicht mehr die trockene, sondern die rissige, suppende, verkratzte Haut.

Wichtiger als die Inhaltsstoffe der Salbe ist die Frequenz des Salbens, mindestens täglich. Man suche sich eine No-name-Basissalbe, die lediglich rückfettend wirkt, und gebe ihr drei Wochen Zeit zu wirken. Niemand braucht dafür ein teures Produkt, die Menge zählt. Da die Haut ein komplettes Organ ist und nicht allein aus der „Haut im Gesicht“ oder „in den Ellenbeugen“ besteht, übrigens immer von Kopf bis Fuß salben.

Ist das Neurodermitis?

Dann sind da noch die unspezifischen Exantheme. Die Pickelchen nach Kiwi-Genuss, die Hippelchen nach dem Schwimmbadbesuch oder eben dem ausgiebigen Sonnenbaden, die Pusteln, weil es zu kalt, zu warm, zu nass oder doch wieder zu trocken war. Oder weil der Nachbarsjunge Punkte mit den Wachsmalstiften aufgemalt hat.

Ernstes gibt es natürlich auch – aber seltener, als man denkt. Masern, Windpocken, Röteln erkennt man an Begleitsymptomen wie Fieber oder Husten, die sind natürlich ansteckend. Die gefürchtete Neurodermitis ist eine chronische Erkrankung, die immerhin bei zehn bis 15 Prozent aller Kinder irgendwann mal festgestellt wird. Sie lässt sich nicht beim ersten Anzeichen diagnostizieren, sondern erst nach einiger Zeit, wenn es unter Behandlung zu Schüben von trockener oder entzündeter Haut kommt. Hier sind dauerhaft alle Schutzschichten erkrankt, das äußert sich wieder in trockener Haut.

Womit wir erneut bei der Pflege wären: regelmäßig, oft und viel. Siehe oben.

Unser Kolumnist betreibt eine Praxis in Süddeutschland, bloggt unter kinderdok.blog und schreibt alle vier Wochen an dieser Stelle.

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