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Tränende Augen? Oft sind mechanische Reize die Ursache, beispielsweise Wind oder allergische Reaktionen.

© imago/Panthermedia

Kolumne: Der Kinderdok: Alarm: Rote Äuglein

Es vergeht kein Tag, an dem nicht ein Kind mit dem Verdacht auf Konjunktivitis in der Praxis erscheint. In den meisten Fällen ist das keine Bindehautentzündung.

Jeden Tag werden wir Kinder- und Jugendärzte mit der Volksplage der hochansteckenden, gefährlichen und lästigen Bindehautentzündung konfrontiert. Das ist durchaus ironisch gemeint, denn so häufig sind diese Erkrankungen eigentlich nicht. Trotzdem vergeht kein Tag, an dem nicht ein Kind mit dem Verdacht auf Konjunktivitis in der Praxis erscheint. Meist handelt es sich um ein gerötetes Auge, vermehrte Tränensekretion oder Verklebungen. Das alles ist keine Bindehautentzündung. Aber es führt zur Anrufung eines ärztlichen Konsils durch die ErzieherInnen, um einer mittelalterlichen Pestilenz vorzubeugen.

Bei einer tatsächlichen Konjunktivitis, so der Fachbegriff, kommt es zu einer vermehrten Durchblutung der Bindehaut des Auges, die gerötet erscheint. Reflektorisch entstehen mehr Tränen, die nach dem Schlaf die Augen verkleben. Oft sind mechanische Reize die Ursache, beispielsweise Wind, ins Auge fassen oder allergische Reaktionen. Säuglinge haben oft verklebte und rote Augen, weil ihre Tränenkanäle zu eng sind. Ältere Kinder können gleichzeitig verschnupft sein, Husten und/oder Fieber haben, dann ist die Bindehautreizung Teil des Infektes. Der Tränenabfluss über die Nase ist gestört und staut sich im Auge. Wie bei den meisten Erkältungen sind Viren die Ursache.

Erste Maßnahme: Händewaschen

Wenn die Augen tatsächlich rot sind und verpappt, die Lider womöglich verschwollen, sollte der kleine Patient zu Hause bleiben, um nicht andere anzustecken. Eine virale Bindehautentzündung wird nach wenigen Tagen von alleine abklingen, zusammen mit dem Begleitinfekt. Deswegen dürfen Eltern abwarten, Nasentropfen geben und die Augen mit Wasser und einem Waschlappen säubern. Anders bei einer bakteriellen Infektion: Hier liegt meist keine Begleiterkältung zugrunde, und die Augen müssen mit antibiotischen Tropfen behandelt werden. Eine genaue Unterscheidung kann nur ein Kinder- oder ein Augenarzt treffen.

Aus der Unsicherheit entsteht eine interessante Situation: Die Kleinen gehen verrotzt in den Kindergarten, schließlich kann man sie nicht die gesamte Infektzeit zu Hause lassen. Es wäre illusorisch zu glauben, eine Kita sei steril und verbreite nicht jederzeit Viren. Solange es den Kindern gut geht und sie kein Fieber begleitet, ist das legitim.

Aber wehe, wenn ein Äuglein einen roten Schimmer zeigt: Sofort muss der Nachwuchs abgeholt und einem Arzt vorgestellt werden, damit keine Epidemie ausbricht. Dabei war die Erkältung vorher genauso infektiös wie die Augen, wenn nicht schlimmer. Bei einer Erkältung geht die Übertragung über die Tröpfchen der Luftwege. Konjunktivitiden werden jedoch als Schmierinfektion über die Hände weitergegeben. Erste Maßnahme: Händewaschen. Beim Kind, bei den Eltern und – bei den ErzieherInnen.

Neulich fragte mich eine Mutter, ob denn ihr zwölfjähriger Sohn mit den roten verquollenen Augen von der Schule zu Hause bleiben müsse, man wisse ja, dass Bindehautentzündungen ansteckend seien. Ich habe ihn in die Schule geschickt. Mit antiallergischen Augentropfen. Er hatte Heuschnupfen.

Kolumnist betreibt eine Praxis in Süddeutschland, bloggt unter kinderdok.blog und schreibt ab sofort alle vier Wochen an dieser Stelle.

Kinderdok

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