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Steht eine Beziehung unter einem guten Stern - oder ist das alles Hokuspokus?

© Tagesspiegel

Kolumne: Angie Pohlers sucht die Liebe: Bestimmen Sternzeichen, wer zu uns passt?

Warum sich die Menschen jetzt wieder vermehrt für Horoskope interessieren.

Vielleicht haben Sie es bemerkt: Weil auf Erden alles so schrecklich unübersichtlich geworden ist, interessieren sich die Menschen jetzt wieder vermehrt für das, was die Gestirne mit ihrem Leben zu tun haben könnten. Nicht nur Astro-TV-Zuschauer, sondern ganz aktuell junge bis mittelalte Städter mit akademischer Ausbildung. Bevor andere lachen, machen sie sich selbst über ihre Faszination für Astrologie lustig. Darum ist das Internet voller Memes, die Charakterschwächen aller Tierkreiszeichen auf die Schippe nehmen.

Ironie hin oder her – ein bisschen süchtig macht es die Neo-Astro-Hippies offensichtlich schon, sich zu vergewissern, dass sie etwa als Fische ganz besonders feinfühlige Menschen sind, von anderen ständig missverstanden. Es ist ja auch ziemlich praktisch, wenn man die Planeten für die Pleiten der eigenen Existenz verantwortlich machen kann. Zuletzt war das „Mercury Retrograde“. Viele glaubten – halb im Spaß, halb im Ernst –, wegen des rückläufigen Merkurs liefe es im Job gerade nicht so, in der Liebe sei Flaute. Gut, dass es längst Dating-Apps gibt, die kompatible Tierkreiszeichen verkuppeln.

Was in Horoskopen zur Liebe und zu Beziehungen steht, liest sich ja meistens wie aus Paar-Ratgebern abgeschrieben. Weil es im Bereich der Astrologie aber auch viele Dummschwätzer gibt, geht das manchmal daneben. So etwa im September bei der Frauenzeitschrift „Tina“: „Ihr Partner wird Sie diesen Monat nicht mit Samthandschuhen anfassen, blaue Flecken und Prellungen sind programmiert.“ Häusliche Gewalt? Klar, der rückläufige Merkur ist schuld. Der Verlag hat sich inzwischen für die Formulierung entschuldigt.

Hokuspokustruppe, was wisst ihr schon?

In der Regel sind Horoskope aber etwas vorsichtiger formuliert, sehr vage, kennt man ja. Ein Beispiel: Mehrere Astro-Portale raten mir, dass ich als freiheitsliebender Wassermann besser nicht mit einem eher pantoffeligen Stier anbandeln sollte – wenn ich an einen bestimmten Ex-Freund denke, kann ich das nur bestätigen. Allerdings kann das natürlich auch klappen, so lese ich, man muss nur wollen – stimmt, wir haben es ja ziemlich lange miteinander ausgehalten.

Wie denn nun? Mit wem denn jetzt? Ich stelle mir vor, ich wäre noch mit dem Stier zusammen und ein Haufen Parawissenschaftler schätzte die Chancen unserer Beziehung nicht zum Besten ein. In der finstersten Ecke meines Bewusstseins könnte es mich vielleicht etwas wurmen, aber die Vernunft würde protestieren – Hokuspokustruppe, was wisst ihr schon?

Ich glaube nicht, dass Himmelskörper bestimmen, wer zu mir passt. Vielleicht, weil ich ein kritischer Wassermann bin. Und weil ich gelesen habe, dass es nur der sogenannte Barnum-Effekt ist, der uns glauben macht, eine Personenbeschreibung (oder ein Pärchenhoroskop) treffe auf uns zu: Allgemeinplätze fallen nicht weiter auf, Abweichungen werden ignoriert, wir fühlen uns erkannt und verstanden – einfach, weil wir das Bedürfnis danach haben.

Selbstbeobachtung ist in zwischenmenschlichen Angelegenheiten ja generell keine schlechte Idee. Wer überzeugt ist, er brauche qua Sternzeichen viel Verlässlichkeit, wer künftig besser darauf achten will, seine Bedürfnisse nicht unterzuordnen, der tut nichts Schlechtes, führt vielleicht sogar bessere Beziehungen.

Man kann Astrologie als Quatsch abtun, aber die verspielte Form, die manche gerade in ihr Leben integrieren, kann helfen, die eigenen Gedanken zu ordnen, vielleicht sogar mit Liebeskummer besser klarzukommen. Menschen haben sich schon an gefährlicherem Humbug orientiert. Und ohne den Glauben ans Irrationale wäre die Liebe doch längst verloren.

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