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Was man mit Straßen alles machen kann, wenn keine Autos fahren!

© Foto: imago

Klimaschutz und Fahrverbote: Wir sollten den autofreien Sonntag wiederbeleben!

Das Wirrwarr um Fahrverbote und den CO2-Preis versteht kein Mensch. Einfache Lösungen müssen her. Eine hat ihren Segensreichtum schon bewiesen. Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Peter von Becker

Diese Kolumne, Achtung bitte, enthält einen genialen Gedanken. Das sage ich ganz uneitel, denn die auslösende Anregung stammt nicht von mir. Aber manchmal braucht es eben nur ein einziges Wort, einen kurzen Einfall, und es wirkt wie eine blitzartige Erleuchtung.

Kürzlich auf der Geburtstagsparty eines Freundes kam das Gespräch auf die tolle Greta und Fridays for Future und all die Miseren der bisherigen Klima- und Verkehrspolitik. Da sagte jemand plötzlich die beiden Worte „Autofreier Sonntag“.

Und alle anderen dachten wohl in derselben Sekunde: Ja, das wär' doch mal was! Angesichts des aktuellen Wirrwarrs um hoch komplizierte „Luftreinhaltepläne“ in Berlin und anderen Städten, angesichts weitgehend unkontrollierter kurzatmiger Dieselfahrverbote oder partieller Tempolimits wäre jeder generell autofreie Sonntag in den Städten oder noch besser im ganzen Land ein so einfaches wie wirkungsvolles Signal.

Plötzlich herrschte magische Ruhe

Es wäre ein Zeichen, das sogar Bezweifler des Klimawandels in seiner besonderen Bedeutung nur schwer negieren könnten. Erinnern wir uns nur: Bei der Ölkrise 1973 gab es in der Bundesrepublik unter der SPD-FDP-Regierung von Willy Brandt, Helmut Schmidt und Hans-Dietrich Genscher auf Grund des Energiesicherungsgesetzes ein landesweites Autofahrverbot an vier Sonntagen zwischen dem 25. November und dem 16. Dezember.

Zur allgemeinen Überraschung wurden diese schnell beschlossenen autofreien Sonntage nicht nur ein Erfolg, was den reduzierten Spritverbrauch, die entsprechenden Einsparungen und die damals noch kaum diskutierte Luftqualität und die Klimafolgen anging. Nein, es gab auch bei durchaus passionierten Autofahrern plötzlich ein großes: Aufatmen. Ein Innehalten. In der Schweiz, in der es wie in einigen anderen europäischen Staaten oder Städten ähnliche Aktionen gab oder noch gibt, spricht man dabei von einem „Slow up“.

Die Forscher rufen schon seit langem

Plötzlich herrschte selbst in Großstädten eine magische Ruhe, manchmal gar Stille, die aber keineswegs leblos wirkte. Eher erhaben, erhebend. Slow up. Menschen gingen selbst im kalten Herbstwetter vermehrt nach draußen. Sie begegneten sich, redeten miteinander – und staunten. Staunten auch, dass das Leben, ungeachtet der weiterhin erlaubten Ausnahmeregelungen für Kranke, Alte und Notfälle, einmal 24 Stunden fast ohne allen Autoverkehr in einer sonderbaren Harmonie sehr gut weiterging.

„Die Grenzen des Wachstums“, diese dem Titel nach sprichwörtlich gewordene Studie im Auftrag des Club of Rome zu den weltweiten ökonomischen und ökologischen Folgen eines ungehinderten Ressourcenverbrauchs und zunehmender Umweltzerstörung, sie war bereits Anfang der 1970er Jahre erschienen. Sie ist viel diskutiert worden. Und blieb trotzdem für die Politik, Wirtschaft und die meisten Menschen bis zu jenen Sonntagen ein eher abstraktes Zukunftsszenario. Ähnlich wie es die längste Zeit auch den Warnungen der Klimaforscher erging.

Tschernobyl, Fukushima, schmelzende Polarkappen, vermehrte Monsterstürme, Überschwemmungen, Sommerhitzewellen, das spät versuchte Umsteuern in Richtung E-Mobilität oder das in der jungen Generation wohl nicht nur freitags Furore machende Beispiel der Schülerin aus Schweden: Auf ein Mal steht die Klimapolitik ganz oben auf der Agenda.

Das Rumgeeier ist skandalös

Doch die praktischen Folgen sind trotz des von Experten angemahnten Zeitdrucks bisher gering. Die Deutschen wollen mehr Klimaschutz, aber kaufen noch immer am liebsten die benzinschluckenden SUVs. Flugscham gibt es, doch die Schamgrenze ist noch sehr durchlässig. Und trotz jüngster Beteuerungen der Kanzlerin eiert die Politik beim Kohleausstieg oder bei den aus Vernunftgründen unausweichlichen CO2-Steuern und Kerosinabgaben im Grunde so skandalös wie erbärmlich.

Was da fehlt, ist ein für alle fassliches, konkret bewegendes Signal nicht bloß für die Energie- und Umweltpolitik, sondern für eine notwendige Lebenswende. Das lässt sich nicht über Nacht und überall im Alltag durchsetzen. Aber man kann diese Wende zumindest zum Feiertag machen. Darum der Vorschlag, mit erstmal wieder vier autofreien Sonntagen (außerhalb der Ferienzeiten) beginnen. Es wäre ein positiver Bewusstseinsschock. Und garantiert besser zu verstehen als die Flickenteppiche von da mal Tempo 30 und dort mal ein paar hundert Metern Dieseldurchfahrtsverboten. Geht es doch um ein allgemeines Innehalten und Neubesinnen.

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