zum Hauptinhalt
Kratzen und lecken: Katzen pflegen ihr Fell ausgiebig. Doch beim Lecken verteilen sie ein Eiweiß auf ihrem Fell, auf das viele Menschen allergisch reagieren.

© DPA

Jeder zehnte ist betroffen: Hoffnung für Menschen mit Katzenallergie

Die Nestlé-Tochter Purina bringt ein neues Futter auf den Markt, das Katzenhaltern helfen soll. Bald soll es auch Impfungen für Katzen geben.

Die Augen tränen, die Haut juckt, man muss niesen. Andere erwischt es noch schlimmer: Neurodermitis, Nesselsucht, und wenn es ganz übel kommt, der Asthmaanfall. Der Übeltäter schaut derweilen unschuldig aus der Wäsche: In vielen Fällen ist es die Katze, die solche Allergieschübe bei ihren menschlichen Mitbewohnern verursacht.

Rund zehn Prozent der Bundesbürger, berichtet die Europäische Stiftung für Allergieforschung (ECARF), reagieren allergisch auf Tierhaare. Zum Kummer der Millionen Katzenhalterinnen und -halter sind es oft ihre eigenen Lieblinge, die solche Allergien auslösen. Felis catus domesticus produziert in seinen Talg-, Speichel- und Analdrüsen das Allergen Fel d1. Bei der Körperpflege verteilt die Katze das Eiweiß großzügig über ihr Fell, jede Katzenwäsche wird so zur Allergieattacke. Das gilt für alle Katzenrassen.

Niesen und juckende Augen, das sind noch harmlose Beschwerden. In schlimmen Fällen sind selbst Asthmaattacken möglich.
Niesen und juckende Augen, das sind noch harmlose Beschwerden. In schlimmen Fällen sind selbst Asthmaattacken möglich.

© Getty Images

Man kann nicht ausweichen

Den kleinen Molekülen kann man kaum ausweichen. Sie liegen auf dem Teppich, der Couch, verteilen sich durch die Luft und heften sich an die Kleidung. Wer nicht ständig seine Wohnung gründlich wienert und saugt, hat oft noch Monate lang die kleinen Teile im Haus. Manchmal ist die Katze selbst dann schon ausgezogen. Für Menschen, die ihre Tiere lieben, ist das der Gau: Wenn der tägliche Hausputz, die Verbannung des Mitbewohners aus dem Schlafzimmer, Antihistaminika, Kortison oder Desensibilisierung nicht helfen, gibt es bislang nur eine Lösung: Das Tier muss weg.

Doch jetzt können leidgeprüfte Katzenfreunde Hoffnung schöpfen. Und auch Familienangehörige, die unter Verweis auf ihre Katzenallergie bisher die Anschaffung verhindern konnten, geraten nun in Rechtfertigungsnöte. Purina, die Tierfutter-Tochter des Lebensmittelmultis Nestlé, hat nämlich ein Katzenfutter auf den Markt gebracht, das allergischen Tierhaltern Linderung verspricht.

[Jeden Morgen informieren wir Sie, liebe Leserinnen und Leser, in unserer Morgenlage über die politischen Entscheidungen, Nachrichten und Hintergründe. Zur kostenlosen Anmeldung geht es hier.]

Das Trockenfutter „Pro Plan LiveClear“ enthält ein aus Eigelb gewonnenes Protein, das Fel d1 binden und neutralisieren soll. „Die Allergene auf Haar und Hautschuppen der Katze werden in nur drei Wochen reduziert“, sagt Tierärztin Stephanie Müller-Strauß von Purina. Bereits ab der dritten Fütterungswoche würde das Futter Fel d1 im Schnitt um 47 Prozent verringern. Für die Katze sei das Futter definitiv unschädlich, hat Purina in einer sechsmonatigen Sicherheitsstudie untersucht. Auch wenn man nach wie vor nicht so recht weiß, warum die Katze Fel d1 überhaupt herstellt.

Purina verspricht eine "signifikante" Verbesserung

Katzenallergiker, die man mit Haaren und Hautschuppen von Samtpfoten konfrontiert hat, hätten beim Antiallergiefutter „eine signifikante Verringerung“ der Probleme mit Nase und Augen erlebt – verglichen mit normalem Futter, berichtet Müller-Strauß. Der neue Ansatz biete Katzenbesitzern daher die Möglichkeit, mehr Zeit „mit ihren katzenartigen Gefährten zu verbringen“. Vorausgesetzt, sie sind bereit, knapp 23 Euro für die 1,4 Kilo-Packung zu zahlen.

Futterwechsel: Purina geht davon aus, dass sein neues Futter Linderung bringen kann.
Futterwechsel: Purina geht davon aus, dass sein neues Futter Linderung bringen kann.

© imago/CHROMORANGE

Wie groß der Fortschritt genau ist, hängt allerdings von der einzelnen Katze ab und der Frage, wie viel Fel d1 sie produziert. Unkastrierte Kater setzen doppelt so viele Allergene frei wie Katzen oder kastrierte Kater.

Für leichtere Fälle könnte das neue Futter helfen. Doch ein Allheilmittel ist es nicht. „Fel d1 wird ja nur reduziert“, gibt Jürgen Zentek, Leiter des Instituts für Tierernährung an der FU Berlin, zu bedenken, „es wird ja nicht auf Null gesenkt.“ Ob das für eine sorgenfreien Umgang mit der Katze reiche, sei ungewiss. Manchmal reiche ja vielleicht schon ein Molekül des Allergens, um Menschen Beschwerden einzubrocken.

Gemütlich: Katzen schlafen gern auf dem Sofa oder auf dem Bett. Allergikern macht das jedoch Probleme.
Gemütlich: Katzen schlafen gern auf dem Sofa oder auf dem Bett. Allergikern macht das jedoch Probleme.

© imago/Panthermedia

Für Purina könnte sich das Ganze jedoch auszahlen. Denn die Katze ist die Königin der Heimtiere. 15,7 Millionen von ihnen leben in deutschen Wohnungen, 26 Prozent der Haushalte beherbergen eine Katze. Hunde bringen es hierzulande dagegen nur auf 10,7 Millionen. Die Corona-Lockdowns und das Homeoffice haben die Liebe zum Heimtier beflügelt. Vor allem Katzen waren gesucht – als Gesellschafter und Gefährten in der Einsamkeit der eigenen vier Wände. Auch wenn nun die ersten Tiere schon wieder im Tierheim landen.

Die Katze ist das beliebteste Haustier

Für die Tierfutterproduzenten sind das dennoch goldene Zeiten: Für über 3,4 Milliarden Euro haben die Bundesbürger im vergangenen Jahr Nahrung für ihre Katzen, Hunde, Meerschweinchen, Vögel oder Fische gekauft. Fast 1,7 Milliarden Euro haben sie allein für Katzenfutter ausgegeben, Katzennahrung ist damit das größte Segment beim Heimtierfutter.

[Alle wichtigen Updates des Tages finden Sie im kostenlosen Tagesspiegel-Newsletter "Fragen des Tages". Dazu die wichtigsten Nachrichten, Leseempfehlungen und Debatten.]

Neben dem Katzenfutter von Purina könnte es in Zukunft noch eine weitere Lösung für allergiegeplagte Katzenfreunde geben. Forscher der Universitäten Bern und Zürich arbeiten an einem Impfstoff gegen Katzenhaarallergie. „Hypocat“ soll 2022 auf den Markt kommen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false