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„Frauen sind bestimmt nicht dümmer als Männer, wenn es um Finanzen geht“, sagt Natascha Wegelin.

© Mike Wolff

Interview mit Madame Moneypenny: „Whisky, Waffen, Zigarren und Gold!“

Tausende Instagram-Follower vertrauen ihren Finanztipps. Natascha Wegelin aka Madame Moneypenny über das Drei-Konten-Modell und Frauen, die keine Zahlen mögen.

Natascha Wegelin, 32, studierte BWL, gründete die Seite wg-suche.de und bloggt seit 2016 als Madame Moneypenny über Frauen und Finanzen. 2018 veröffentlichte sie das Buch „Wie Frauen ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen können“.

Frau Wegelin, Sie schreiben, bloggen und podcasten als Madame Moneypenny über Frauen und Finanzen. Brauchen Anlegerinnen wirklich andere Finanztipps als Männer?
Streng genommen nicht. Eine Börse ist eine Börse, und Frauen sind bestimmt nicht dümmer als Männer, wenn es um Finanzen geht. Allerdings beschäftigen sie sich in der Regel weniger damit. In meinen Seminaren habe ich oft über Glaubenssätze geredet und dann kam stets: „Mein Mann kann das besser“ oder „Ich war nie gut in Mathe“. Es gibt spannende Experimente: Zwei Gruppen von Mädchen wurden identische Rechenaufgaben gestellt. In der einen Gruppe sollten sie ihren Namen eintragen, in der anderen auch noch ein Geschlecht ankreuzen, die wurden also darauf geprägt: „Ach, ich bin ja ein Mädchen.“ Die haben schlechter abgeschnitten.

Wo kommen diese Glaubenssätze her?
Glaubenssätze übernehmen wir meist von unseren Eltern und natürlich spielt unsere Sozialisation eine große Rolle. Die Generation meiner Oma durfte nicht arbeiten gehen, wenn es der Mann nicht erlaubte. Das hat meine Mama mitbekommen und ich auch. Und wenn man dann sieht, dass immer der Papa zahlt ...

Wie war das bei Ihnen zu Hause?
Relativ klassisch. Meine Eltern haben beide eine Ausbildung gemacht, beide gearbeitet, aber als ich kam, ist Mama zu Hause geblieben. Dann wurde meine Schwester geboren, und am Ende war meine Mutter einige Jahre raus aus dem Beruf. Irgendwas davon bleibt immer hängen.

Allerdings hatte das klassische Modell immerhin den Vorteil, relativ stabil zu sein. Studien belegen, dass Paare, bei denen der Mann besser verdient, mehr Sex haben und Frauen Männer in teuren Autos attraktiver finden.
Das mit den Autos finde ich nachvollziehbar. Dieses Klischee von der Versorgerrolle – wahrscheinlich haben wir da irgendwelche Hormone. Doch die Frage ist, was man will im Leben. Wenn mein Ziel ist: Bequemlichkeit, wenig Aufwand, bitte. Ich dagegen will zur Eigenverantwortung und Unabhängigkeit aufrufen. Ja, dafür muss man ein Buch in die Hand nehmen, ja, dafür muss man Begriffe wie Broker, Index oder Rendite lernen. Aber bei Kosmetik wie Concealer und Superscrub hat das ja auch geklappt! Und viele Ehen sind sicher nur so stabil, weil die Frauen finanziell abhängig sind.

Also arbeiten Sie auch daran, die Scheidungsrate hochzutreiben?
Es gibt sicher einige, die mit mir die Vorkehrungen für eine Trennung getroffen haben. Eine kam in mein Seminar, sah recht adrett aus, mit Hut. In der Vorstellungsrunde sagte sie, sie hätte aktuell nicht die finanziellen Möglichkeiten, sich zu trennen, und das möchte sie ändern.

Sie raten Paaren zu einem Drei-Konten-Modell.
Ein Gemeinschaftskonto, auf das die gesamten Einkünfte kommen, und dann hat jeder sein eigenes mit Taschengeld. Ich höre immer wieder, dass Frauen kein eigenes Konto haben. Wenn man sieht, dass 75 Prozent der Frauen zwischen 35 und 50 Jahren die Altersarmut droht, geht das gar nicht.

Haben Sie die Sparsamkeit von Ihren Eltern?
Mein Papa hat bei einer Bausparkasse gearbeitet.

Sie lachen.
Ja, Bausparkasse ist schon prägend. Wenn ich mir einen Gameboy gewünscht habe, dann musste ich bis Weihnachten warten. Oder selbst drauf sparen.

Worauf haben Sie gespart?
Auf ein Käppi von Borussia Dortmund. 40 Mark teuer. Das war für mich eine Million. Als ich sie mir leisten konnte, wollte ich sie gar nicht mehr.

Das Geld haben Sie dann …
… wahrscheinlich in Süßigkeiten gesteckt.

Heute investieren Sie vor allem in ETFs und empfehlen das auch ihren Lesern. Was sind das?
ETFs sind Aktienfonds, die einen Index wie zum Beispiel den Dax abbilden. Einen Fonds kann man sich vorstellen als Korb, in dem verschiedene Aktien liegen. Das heißt: Ich muss mir nicht einzelne Aktien kaufen, sondern nur einen Anteil von diesem Korb. Und dann habe ich dementsprechend Anteile an allen Unternehmen, die da drin sind.

ETFs gelten seit ein paar Jahren als Wundermittel der Anlage. Nobelpreisträger Robert Shiller hingegen beschimpft sie als „Pseudowissenschaft“.
Naja … Klar, letztendlich sind auch ETFs nur ein Finanzprodukt, mit dem jemand Geld verdienen will, und sicher gibt es nicht nur Vorteile. Aber die Frage ist doch: Was ist die Alternative? Mir händisch 200 Aktien rauszusuchen und ständig zu balancen? Ich denke, dass ETFs für Privatanlegerinnen die beste Option sind. In der letzten Krise war es so, dass ETFs durchschnittlich besser abgeschnitten haben als die Aktienfondsmanager, die sich fürstlich bezahlen lassen für ihre Expertise.

Wie erkennt man einen unseriösen Finanzberater?
Wenn Sie den Satz hören: „Die Beratung ist gratis, alles kostenlos“, sollten Sie aufstehen und gehen.

Ursprünglich waren ETFs mal ein Instrument für institutionelle Anleger, kein Produkt für Privatleute. Einige Experten fürchten nun das Platzen einer ETF-Blase – mit verheerenden Folgen.
Ja, wobei ich denke, die Zahlen sind da immer noch relativ überschaubar. Ich glaube, in Deutschland stecken lediglich etwas über drei Prozent des Geldvermögens überhaupt in Aktienfonds. Davon wiederum machen ETFs nur einen Bruchteil aus. Ein Risiko besteht natürlich immer.

Und wenn sich Ihre Fans in fünf Jahren beschweren, in was Sie sie da reingeritten haben?
Klar, die Verantwortung ist auf jeden Fall da. Ich erzähle jedoch nur das, was ich selber auch mache. Wenn alles den Bach runtergeht, stecke ich mit drin. Ich passe schon auf. Die Leute hören ja auf das, was ich sage. Ich habe gerade am Anfang immer recht prominent erzählt: Ich habe keine Rentenversicherung, meine Versicherung sind meine Unternehmen. Das wurde dann so ausgelegt wie: Rentenversicherungen sind böse, deshalb habe ich dann auch keine. Das habe ich so nie gesagt!

Ist das nicht auch sehr unsolidarisch, sich da befreien zu lassen?
Es ist ein Spagat: Was hilft dem System, das in sich auch nicht so richtig funktioniert? Und was ist für mich persönlich am besten?

Ohne eine Portion Egoismus wird man nicht reich?
Ganz ehrlich: Wenn ich vom Arzt einen früheren Termin bekomme, nehme ich den halt. Und Rentenversicherung, da will ich raus. Keine Ahnung, ob sich in den nächsten Jahren was tun wird. Ob es da mit dem bedingungslosen Grundeinkommen eine Kombination gibt, aber aktuell ist die Rente ein Konstrukt auf dem Rücken der Mittelschicht.

„Frauen geben viel zu viel Geld dafür aus, anderen zu gefallen“

„Frauen sind bestimmt nicht dümmer als Männer, wenn es um Finanzen geht“, sagt Natascha Wegelin.
„Frauen sind bestimmt nicht dümmer als Männer, wenn es um Finanzen geht“, sagt Natascha Wegelin.

© Mike Wolff

Der Staat überträgt immer mehr Verantwortung auf den Bürger: Entlassen Sie die Politiker da nicht viel zu leicht aus ihrer Verantwortung – schließlich haben sie die Rente komplett vor die Wand gefahren?
Natürlich ist die Rente eigentlich die Aufgabe des Staates, und der hat es nicht hinbekommen. Aber will ich die Welt retten, die Politiker erziehen oder später mal eine Rente haben? Ich finde, dass der unternehmerische Ansatz für mich besser ist. Menschen bezahlen mich, ich schaffe Arbeitsplätze, zahle Miete, spüle ordentlich Geld ins System. Ich glaube, dass ich meinen Erfolg selbst gestalte und nicht der Staat von oben. Wenn was schiefgeht, ist niemand schuld außer mir.

Ist das so?
Wenn ich glauben würde, dass ich nur ein Spielball von irgendwelchen Kräften bin, was mache ich dann überhaupt hier? Dann kann ich mir auch den ganzen Tag Netflix angucken. Aber klar kann ich ebenso die Einstellung haben, dass jemand für mich sorgen muss und immer einen Verantwortlichen für mein Unglück suchen.

Sind Sie in der FDP?
Nee.

Sie bestreiten, dass es strukturelle Voraussetzungen für Armut gibt? Ist das nicht eine Lüge, wenn Sie behaupten, dass es jeder schaffen kann?
Definitiv haben es manche leichter als andere. Aber wenn es jemand wie der Rapper Jay-Z mit der richtigen Einstellung, Talent und viel, viel, viel harter Arbeit schaffen kann, der Armut zu entkommen, warum sollte das dann für viele andere nicht klappen?

Weil auf jeden erfolgreichen Jay-Z Millionen Gescheiterte kommen. Dieser Teil der Geschichte findet bei Ihnen nicht statt.
Tatsächlich wird wenig darüber geredet. Letztens habe ich erst wieder eine Statistik gelesen, dass nur vier oder fünf Prozent der Neugründungen es durch die ersten fünf Jahre schaffen. Es gibt halt die, die ein gewisses Talent mitgebracht haben, aber die nach einem Rückschlag dann auch immer wieder aufgestanden sind. Die, die Nächte durchgearbeitet haben, statt saufen zu gehen. Und sicher spielt da auch Glück mit rein. Aber wer nicht anfängt, kann nie ankommen.

Sie sagen, mit ETFs zu sparen lohnt sich schon ab 25 Euro im Monat. Innerhalb von 30 Jahren habe man 40 000, in 40 knapp 70 000 Euro. Mit Mitte 60 rund 70 000 Euro zu haben, ist doch keine Altersvorsorge. Machen Sie den Leuten da nicht was vor?
Natürlich reicht das nicht. Mein Ansatz ist aber erst mal, die Köpfe aufzumachen und den Menschen überhaupt die Angst zu nehmen. Viele denken ja, sie müssten 10 000 Euro haben, bevor sie überhaupt anfangen könnten, zu investieren.

Sie visualisieren bei Ihrer täglichen Morgenroutine eine Zahl, berichten Sie in Ihrem Podcast. Bei welcher kann man sich mit 65 Jahren auf der sicheren Seite wissen?
Das kommt natürlich auf die individuellen Umstände und auch Ausgaben an. Aber mit allem ab 500 000 Euro kann man schon rechnen.

Schluck.
Wenn man noch was vererben will, dann wären 800 000 Euro bis eine Million besser. Aber dafür muss man halt irgendwann mal anfangen.

Mit welchen Ausreden kommen die Leute?
Die meisten sagen, sie hätten keine Zeit. Ich frage dann immer: Und wie viel Fernsehen guckst du so am Tag? Sparen wird auch viel mit Verzicht gleichgesetzt. Ist es sicher auch. Wenn ich das Geld nicht ausgebe, dann kann ich mir die Tasche oder die Schuhe oder das Fahrrad nicht kaufen. Dafür habe ich später mehr davon.

Fällt es Ihrer Generationen schwerer, zu verzichten als der Ihrer Eltern?
Ich habe schon das Gefühl. Weil es so unendlich viel mehr Möglichkeiten gibt. Meine Eltern, die sind in die Stadt gefahren, wo es eine Handvoll Geschäfte gab. Heute hast du Amazon-one-click, und morgen ist alles da. Mit Social Media gibt es immer dieses Gefühl, mithalten zu müssen. Deshalb geben Frauen wahrscheinlich auch viel zu viel Geld dafür aus, anderen zu gefallen: Klamotten, Kosmetik. Wenn ich Geld benutzte, mich vollzukleistern und zu verstecken, ist das eine Identitätsfrage: Wer bin ich, und wer möchte ich sein? Warum kann ich nicht so sein, wie ich eigentlich bin? Ich versuche immer, ein Gegenwicht zu halten.

Wie denn?
Ich hatte mir zwei Jahre keine Klamotten mehr gekauft. Letztes Jahr dann bin ich umgeswitcht. Statt vielen bunten Pullis drei schwarze, drei graue und drei dunkelblaue. Fertig.

Das ist doch total langweilig.
Ich liebe Langeweile in manchen Bereichen. Mir geht es aber auch darum: Welche Entscheidung will ich eigentlich so am Tag treffen?

Und als Madame Moneypenny können Sie den ganzen Tag entscheiden, was Ihnen Spaß macht?
Ich arbeite an einem Gesamtprojekt, das mir Spaß bereitet. Natürlich muss ich trotzdem jede Menge Sachen machen, auf die ich keine Lust habe: Steuern zum Beispiel.

Wir hätten gedacht, so was machen Sie mit links.
Ich hasse alles, was mit Behörden und Papier zu tun hat. Wenn ich den Briefkasten aufmache, und da ist ein Brief drin, kriege ich direkt schlechte Laune. Ich würde meine Steuererklärung sicher irgendwie hinkriegen, aber ich habe überhaupt keine Lust, mich damit zu beschäftigen

Ein Ruf nach Friedrich Merz und seinem Bierdeckel?
Ja, sofort. Bin ich dabei.

Bei Merz oder dem Bierdeckel?
Beim Bierdeckel.

Frau Wegelin, zum Abschluss nur noch ein paar kurze Finanztipps. Riestern: super oder Quatsch?
Würde ich nicht komplett verteufeln. Mit Kinderzuschlägen lohnt es sich, mal reinzuschauen.

Gold?
Klar. Whisky, Waffen, Zigarren und Gold! Alles im Keller, für den Fall, dass die Apokalypse kommt. Nee, im Ernst. Ist nicht meins.

Casino? Alles auf Rot?
Da krieg ich Schweißausbrüche, wenn ich nur daran denke. Ich habe, glaube ich, drei Mal in meinem Leben Lotto gespielt, ein astreines Verlustgeschäft.

Und Ihre Strategie beim Monopoly?
Bahnhöfe, Gas- und Elektrowerk!

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