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Nur selten stört ein Pfau beim Blaumachen im Rajvilas.

© Daniel Fernandez Campos

Indien: Abgefahren in Rajasthan

Wo einst die Maharadschas regierten, träumen nun Touristen von Tigern. Eine Rundreise durch das Indien von Fritz Lang und James Bond.

Schmutzige Straßen führen zu blitzblanken Palästen, unendliche Armut trifft auf ausufernden Luxus. In Rajasthan sind die Gegensätze des indischen Subkontinents sofort präsent. Der größte Bundesstaat des Landes ist zugleich der kulturell bedeutendste. Früher herrschten auf dem Gebiet, das etwas kleiner als Deutschland ist, Mogule und Maharadschas, kriegerische Herrscher, die sich ihre prächtigen Anwesen von Tausenden Zwangsarbeitern erbauen ließen. In einigen davon können Touristen übernachten und der Geschichte Rajasthans nachspüren.

Jaipur: RAJVILAS

Die Hauptstadt des Staates ist Jaipur, auch The Pink City genannt - wegen seiner rosafarben angemalten Altstadtfassaden. Das Fürstentum gehörte bis zur Machtübernahme der Briten im 19. Jahrhundert zu den politischen Big Playern der Region. Die Stadt lag an der Kreuzung zweier wichtiger Handelswege, die Steuereinnahmen kamen dem Maharadscha zugute. Und auch seinen Beratern. Sie konnten es sich leisten, außerhalb der Stadtmauern Landhäuser zu unterhalten. In ein solches verlassenes Anwesen zog vor mehr als 20 Jahren das Oberoi Rajvilas, aus dem bulligen zweigeschossigen Haus mit Ecktürmen wurde ein Spa, aus dem verwilderten Garten ein Park, der kleine Tempel blieb als Zentrum des Geländes erhalten. Nach wie vor kommt jeden Tag der Priester vorbei, betet mit den Angestellten und segnet die Gäste auf Wunsch in einer Zeremonie. Um das spirituelle Herzstück gruppieren sich nun Villen für die Erholung nach der Stadtbesichtigung. Ihr Design richtet sich nach den Gestaltungsmerkmalen der Region: königsblaue Kacheln, glänzendes Messing, sandfarbene Mauern.

Nicht verpassen: Die Streetfood-Variationen im Restaurant, die hauchdünn frittierten Spinatblätter, sind eine wohltuende Abwechslung zur mächtigen indischen Küche.

Preise: Doppelzimmer ab 200 Euro.

Ranthambhore: AMAN-I-KHAS

Aman-i-Khas. An den Mauern des Nationalparks von Ranthambhore können Gäste in riesigen Zelten übernachten.
Aman-i-Khas. An den Mauern des Nationalparks von Ranthambhore können Gäste in riesigen Zelten übernachten.

© Daniel Fernandez Campos

Der Nationalpark von Ranthambhore ist für seine Tigerpopulation bekannt. Etwa 70 Exemplare der seltenen Großkatzen leben auf einem Gebiet, etwa so groß wie die Stadt Leipzig. Und das erste, was man vom Jeep aus sieht: einen Nackten, der die Schotterpiste zum verlassenen Fort entlanggeht. Ein Wahnsinniger? Ein Heiliger! In der Festung aus dem 10. Jahrhundert steht einer der wichtigsten hinduistischen Tempel der Region, die Erleuchteten pilgern dorthin, wie die Götter sie erschaffen haben. Bisher ist es zu keinem Zwischenfall mit Raubtieren gekommen. Dass so viele Tiger hier herumstreifen, verdanken sie indirekt dem Maharadscha von Jaipur. Er besaß in Ranthambhore seine Jagdgründe, die Tiere waren bis auf die Abschusssaison geschützt, in den 50er Jahren übernahm der Staat und machte einen Nationalpark daraus. Wenn die Großwildjäger das Wild erlegten, übernachteten sie in Zelten so geräumig wie eine Drei-Zimmer-Wohnung. Dieses Erlebnis suchen nun Touristen im Aman-i-Khas, einer Art exklusivem Campingplatz mit acht riesigen Zelten, direkt an den Mauern des Nationalparks. Es gibt Warmwasserduschen unter Segeltuch, einen Swimmingpool im Dschungel und eine Aperitivbar am Lagerfeuer. Jedes Jahr in der Monsunzeit wird das Camp für vier Monate komplett abgebaut. So wie es der Maharadscha einst anordnen ließ.

Nicht verpassen: Auf die Terrasse vor dem Zelt setzen und warten, bis die großen Nilgauantilopen durch das Gebüsch stolzieren.

Preise: Mindestaufenthalt von zwei Nächten, inklusive aller Mahlzeiten und Drinks sowie zweier Ausflüge in den Park ab 500 Euro pro Person.

Wo Roger Moore ein paar gefährliche Damen traf

Lake Palace. Der schneeweiße Marmorbau entstand als Sommerresidenz
Lake Palace. Der schneeweiße Marmorbau entstand als Sommerresidenz

© Daniel Fernandez Campos

Udaipur: LAKE PALACE

Im Süden von Rajasthan liegt eine der ältesten Städte des Bundesstaates. Udaipur wurde 1559 gegründet und mit einer sechs Kilometer langen Mauer beschützt. Wenn der Herrscher nicht gerade in einen Krieg gegen die Nachbarn zog, baute er an seinen Palästen weiter - zunächst am Stadtpalast mit Seeblick, ab dem 18. Jahrhundert am Lake Palace auf einem Felsen mitten im See. Der schneeweiße Marmorbau entstand als Sommerresidenz mit Garten und Springbrunnen. Die Legende besagt, dass Jackie Kennedy den Ort 1962 besuchte und dem politisch unwichtig gewordenen, aber immer noch wohlhabenden Maharadscha riet, das verfallende Objekt in ein Hotel umzugestalten. Heute gehört das beliebte Fotomotiv zu den bekanntesten Fünfsternehäusern des Landes. Fritz Lang drehte dort „Der Tiger von Eschnapur“ und Roger Moore traf im James-Bond-Film „Octopussy“ ein paar gefährliche Damen am Seerosenteich. Wie eine Fata Morgana flimmert das Hotel über dem See, jeden Abend treten Tänzer in fantasievollen Kostümen auf und erzählt der hoteleigene Guide von einer untergegangenen Ära. Nur Gästen ist der Zutritt gestattet - das Boot fährt von einem extra Steg im Palastgarten.

Nicht verpassen: Einmal die königlichen Suiten zeigen lassen. Unter meterhohen Kassettendecken und kunstvoller Bemalung beschleicht einen schnell ein Sonnenkönigsgefühl.

Preise: Doppelzimmer ab 200 Euro pro Person.

Jodhpur: UMAID BHAWAN PALACE

Ach, die armen Adligen. Zuerst verloren sie nach der Unabhängigkeit 1947 ihren politischen Einfluss, dann strich ihnen Premierministerin Indira Gandhi in den 70er Jahren endgültig die Apanage. Um ihre prunkvollen Immobilien zu unterhalten, wandelten einige Familien sie in Touristenunterkünfte um. Wie in Jodhpur, wo der monströse Umaid Bhawan Palace über der Millionenstadt thront. Selbst fünf Kilometer entfernt schüchtert der Anblick ein - die 56 Meter hohe Kuppel erinnert an die St. Paul's Cathedral in London. Es ist der jüngste und größte Palast in Rajasthan, errichten ließ ihn der Maharadscha von Jodhpur in den 1920er Jahren. Aus Wohltätigkeitsgründen, wie Stadtführer es jedem erzählen. Als eine Hungersnot die Region bedrohte, gab der damalige Herrscher dieses fast 200 Meter lange Gebäude mit 14 000 Quadratmeter Grundfläche in Auftrag und hielt damit 3000 Familien über ein Jahrzehnt lang in Lohn und Brot. Natürlich hätten es auch andere Großprojekte getan, nicht nur ein monumentales Eigenheim. Heute übt sich die Inhaberfamilie in Bescheidenheit und wohnt nur noch auf einem Drittel der Fläche. Den Rest nutzt seit 2005 das gleichnamige Hotel. Die 65 Zimmer und Suiten sind besonders bei indischen Promis beliebt. Für Urlauber ist das keine gute Nachricht. Findet eine Hochzeit wie die von Filmstar Priyanka Chopra statt, schmeißt das Management kurzerhand alle übrigen Gäste aus dem Hotel und bucht sie in weniger wuchtige Häuser um.

Nicht verpassen: Ohren auf bei der Ankunft. Sechs Trompeter begrüßen jeden neuen Gast im Hotel. Noch einschüchternder ist die Autosammlung des Maharadschas, gleich vorne an der Auffahrt.

Preise: Doppelzimmer ab 200 Euro pro Person.

Reisetipps für Rajasthan

Hinkommen

Mit der Lufthansa bis Delhi, ab 520 Euro in der Economy. Vom Flughafen einen Autotransfer nach Jaipur besorgen.

Rumkommen

Auf keinen Fall einen Wagen mieten. Der Verkehr ist chaotisch. Bei Gozocabs online Transfers mieten.

In Jodhpur thront der monströse Umaid Bhawan Palace über der Millionenstadt.
In Jodhpur thront der monströse Umaid Bhawan Palace über der Millionenstadt.

© Daniel Fernandez Campos

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