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Die Auszeit von Vätern ist noch immer deutlich kürzer als die von Müttern.

© Patrick Pleul/PICTURE ALLIANCE / DPA

Immer mehr Väter beziehen Elterngeld: Warum das noch kein Grund für Euphorie ist

Wickeln, füttern, spielen: Väter nehmen sich zunehmend eine Auszeit für ihre Kleinkinder. Doch Mütter liegen noch immer weit vorne beim Elterngeld.

Mehr Väter nehmen für ihre Kinder eine berufliche berufliche Auszeit und beziehen Elterngeld. 2018 sei ihre Zahl im Vergleich zum Vorjahr um rund sieben Prozent gestiegen. Die Zahl der Mütter nahm dagegen nur um drei Prozent zu. Insgesamt waren damit vier Prozent mehr Menschen Elterngeldbezieher als im Jahr 2017.

Ein Durchbruch für die Geschlechtergerechtigkeit sind die Zahlen aber aus Expertensicht nicht: Zwar stieg der Anteil der männlichen Elterngeldbezieher erheblich, noch immer sind es aber in großer Überzahl die Frauen, die für den Nachwuchs zuhause bleiben. 2018 bezogen nach den Daten rund 1,4 Millionen Mütter Elterngeld, demgegenüber stehen nur 433.000 Väter.

Auch beschäftigten sich die Frauen deutlich länger mit Windeln wechseln, Brei kochen und Frühförderung: Sie blieben den Zahlen nach bei dem Bezug von Basiselterngeld 11,7 Monate der Arbeit fern. Beim Elterngeld Plus lagen die Mütter im Schnitt bei 20 Monaten. Die Väter hielten ihre Zeit mit Sohn oder Tochter mit im Schnitt 3 Monaten beim Basiselterngeld und 8,9 Monaten bei Elterngeld Plus vergleichsweise kurz.

Neues Modell Elterngeld Plus

Eltern, deren Kinder ab dem 1. Juli 2015 geboren wurden, können zwischen dem bisherigen Basiselterngeld und dem neuen Elterngeld Plus wählen. Beim Elterngeld Plus kann man in Teilzeit arbeiten, der Betrag vom Staat fällt dann niedriger aus, wird dafür aber deutlich länger gezahlt. Beide Modelle fördern mit dem sogenannten Partnerschaftsbonus oder Vätermonaten den Ansatz, dass sich Vater wie Mutter um das Kind kümmern: Bleiben beide Elternteile eine Zeit zuhause, wird das Geld länger gezahlt.

Nach Angaben der Statistiker nutzen insbesondere Frauen das Elterngeld Plus, was sich mit Teilzeitarbeit vereinbaren lässt: Fast jede dritte berechtigte Frau entschied sich im vergangenen Jahr für das neue Modell, 2017 waren es noch 26 Prozent. Bei den Männern stieg die Zahl von 11 auf 13 Prozent.Im bundesweiten Vergleich lag der Männeranteil unter den Elterngeldbeziehern 2018 bei 23,7 Prozent und stieg damit im Vergleich zu 2017 um nur 0,7 Prozentpunkte. Deutlich über dem Schnitt lagen Sachsen (28,4 Prozent), Berlin (26,3 Prozent), Bayern (26 Prozent), Baden-Württemberg (25,8 Prozent) und Thüringen (25,8 Prozent). Schlusslichter bei der Väterbeteiligung bildeten das Saarland (17,3 Prozent) und Rheinland-Pfalz (19,6 Prozent).

"Kein Grund zur Euphorie"

Grundsätzlich sei die Entwicklung hin zu einer kontinuierlichen Steigerung der Väterbeteiligung erfreulich, sagte die Soziologie-Professorin Heike Trappe von der Universität Rostock. Doch verschiedene Statistiken zeigten auch, dass sich der überwiegende Teil der Väter weiterhin keine Erziehungs-Auszeit nehme.

„Das ist noch kein Grund, in Euphorie auszubrechen und den sozialen Wandel in Hinblick auf die Rolle der Väter auszurufen.“ Der Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen sei nach wie vor sehr groß, was auch bei der Entscheidung über die Elternzeit eine Rolle spiele.

"Bei Jüngeren inzwischen eine ungeschriebene Norm"

„Ein Wermutstropfen ist, dass die durchschnittliche Bezugsdauer bei Männern und Frauen so weit auseinander liegt“, sagt Katharina Wrohlich vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Die Einführung des Elterngeldes mit den Vätermonaten sei auf jeden Fall ein wichtiger Schritt hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit gewesen, das Elterngeld Plus dann eine wichtige Ergänzung.

Um die positive Entwicklung voranzutreiben, wünsche sie sich mehr Mut: „Politik kann durchaus soziale Normen verändern, da könnte man noch mehr tun und Anreize zu einer partnerschaftlichen Aufteilung der Betreuungszeit schaffen.“ Beispielsweise könnte der Anteil der Vätermonate schrittweise erhöht werden.

Insgesamt beobachten die Wissenschaftlerinnen aber seit Jahren einen Wandel in der gesellschaftlichen Stimmung. Dass der frischgebackene Vater seine zwei Vätermonate nimmt sei in Deutschland in der Mitte der Gesellschaft angekommen, sagte Wrohlich. „Bei jüngeren Leuten oder Menschen mit höherem Bildungsniveau ist das inzwischen eine ungeschriebene Norm“, so Trappe.

Es gebe aber auch weiterhin regionale und Stadt-Land Unterschiede: „Vermutlich gibt es auch noch Gegenden in Deutschland, wo ein Mann mit einem Säugling auffällt.“ (dpa)

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