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Einladend. In der Lobby stehen große Gemeinschaftstische.

© Promo/Moxy Berlin

Hotelkolumne: In fremden Federn: Der Wedding ist da

Blendend weiße Leinenbettwäsche, schnelles W-Lan und ein Blick auf „Curry Baude“ Eine Nacht im Moxy am Humboldthain.

Von Julia Prosinger

Wie haben sie diesen Bezirk gequält: Schießereien, frei schlängelnde Boa Constrictors und dieser Spruch, der den Höhepunkt des Seins in die ferne Zukunft verlegt. „Der Wedding kommt“ heißt doch auch, so wie er ist, kann er unmöglich bleiben. Da müssen Cafés her mit Avocadobroten und Pop-up-Stores für nepalesische Naturkosmetik. Da müssen die Mieten steigen und irgendeine stillgelegte Brauerei muss in ein Innovation Lab verwandelt werden.

Und dann prangt da, in der Lobby eines Kettenhotels der Marriot-Gruppe, in pinken Lettern ein erlösendes „The Now“. So hat das Moxy am Humboldthain mit Blick auf „Curry Baude“ und Gesundbrunnencenter seine Bar genannt. Also Schluss mit den Erwartungen, dass hier mal was ejakulieren muss. Ist doch so wunderbar London, diese Badstraße: türkische Grillplatten, kroatische Grillplatten, libanesische Grillplatten. Wettbüros neben Arbeitercafés, Schaufenster mit roten Lack-High-Heels neben Schaufenstern voll duftender Mandeln. Asia-Nagelstudios neben Ur-Berliner Apotheken.

Oben im Zimmer lenkt nichts ab vom Blick auf den Fernsehturm. Nicht mal ein Telefon steht auf dem Nachttisch. Die Macher des neuen Budget-Hotels (ab 62 Euro) haben in blendend weiße Leinenbettwäsche investiert, gute Matratzen, eine prasselnde Dusche und jede Menge Steckdosen.

Bleib doch einfach hier!

Vom Fitnessstudio auf dem Dach aus erst mal orientieren. Die Rezeptionistin hat beim Check-in nicht nur einen Beerendrink ausgegeben, sondern auch Insidertipps. Sie wohnt um die Ecke, spielt mit ihrer Band in den Kneipen ... Auf einen Espresso in die italienische Bar (Stettiner 63), wo einem der Inhaber alles über ligurische Olivenöle erzählt? Oder gleich in die mit Eierkartons gedämmte „F-Bar“ (Grüntaler), um dann mit Gin im Blut nebenan ins samtrote „Super 8“ zu stolpern und mit dem Wirt Cocktails zu testen? Oder rechts ums Hotel rum zum neuen Terrassenhaus (Böttgerstraße) im brutalistischen Stil? Dort im „Pahr“ Blauschimmel-Radicchio-Risotto essen und denken, was habt ihr denn, da ist er doch, der Wedding, wie er kommen soll.

Oder, sagt die kundige Rezeptionistin dieses Ladens mit all den guten Seiten einer Jugendherberge, bleib doch einfach hier! Bestell dir Hummus aus dem „Akko“ (Pankstraße). Darfst in der Lobby essen, an großen Gemeinschaftstischen, zwischen Kicker, Jenga-Steinen, Musikraum mit E-Gitarren und DJ-Decks. Nicht schlimm, wenn du auf die Ledercouches kleckerst, Barbecue-Soße und Röstzwiebeln stellen wir, schnelles W-Lan und einen 24-Stunden-Kiosk auch.

Warum nicht? Hier bleiben, im Jetzt.

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