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Rick Astley gehörte zu den erfolgreichsten Musikern Ende der 80er Jahre.

© Rankin

Die Idole des Rick Astley: Meine Helden - von Kate Bush bis Muhammad Ali

Er verehrt Außenseiter: vom aufständischen Sklaven bis zur einsamen Tennisspielerin. Rick Astley über seine größten Idole.

Die Helden des Popsängers Rick Astley

Eine historische Darstellung des Sklavenanführers Spartacus.
Eine historische Darstellung des Sklavenanführers Spartacus.

© imago/Leemage

SPARTACUS

Als ich fünf war, ließen sich meine Eltern scheiden. Wir wohnten in einer Kleinstadt zwischen Liverpool und Manchester, ich wuchs bei meinem Vater auf, während meine Mutter zurück in das Haus meiner Großmutter zog. Jedes Wochenende ging ich rüber zu ihr, wir setzten uns in ihr kleines Wohnzimmer und schauten gemeinsam alte Filme an. Ich erinnere mich sehr gut an „Spartacus“ mit Kirk Douglas in der Titelrolle. Ein Sklave, der gegen die übermächtige römische Armee kämpft – toll! Eine klassische Underdog-Geschichte. Nach dem Film begann ich, mehr über die römische Geschichte zu lesen, sah mir Dokumentationen an. Zwei Jahre lang störte Spartacus die Ordnung des Landes, er brachte die Römer beinahe dazu, nachzugeben, ihm die Freiheit zu garantieren, solange er nur aus Italien verschwinden würde. Meine Frau Lene buchte zu meinem 30. Geburtstag ein Kino, und ich sah zum ersten Mal den Film auf einer 70-Millimeter-Kopie auf der großen Leinwand. Da fiel mir auf, wie modern er für seine Zeit war. In den frühen 60er Jahren verlangte Hollywood nach einfach gestrickten Heldensagas. Stanley Kubrick drehte eine völlig düstere Geschichte. Er ließ den Zuschauer von Anfang an wissen: Jungs, es ist nicht fair, aber der Held wird nicht im Sonnenuntergang davonsegeln, sondern eines Tages sterben.

Der waghalsige Motorradfahrer

Barry Sheene war einer der erfolgreichsten Motorradsportler Großbritanniens.
Barry Sheene war einer der erfolgreichsten Motorradsportler Großbritanniens.

© Alamy Stock Photo

BARRY SHEENE
Meine zwei älteren Brüder besaßen, als sie jung waren, ein Motorrad. Beide hatten fürchterliche Unfälle, beide endeten mitten in der Nacht auf dem OP-Tisch, beide musste mein Vater aus dem Krankenhaus abholen. Nie wieder!, erklärte er – und verbot mir das Fahren. Nur auf einem Feld hinter dem Gartencenter, das er betrieb, durfte ich manchmal unter Aufsicht meiner Brüder üben. Na ja, und heimlich borgte ich mir eine Maschine von einem meiner Freunde aus. In den 70er Jahren besaß der Motorradsport eine unglaubliche Anziehungskraft auf uns Jungs, weil Barry Sheene ihn populär gemacht hatte. Er war Weltmeister und ein Jugendidol, genauso wie James Hunt in der Formel 1. Zwei junge Männer mit Sexappeal, die mit Supermodels ausgingen und jedes Wochenende in einem Privatjet woandershin flogen. Und das als Engländer! Glamour gab es doch sonst nur in den USA. Sheene fuhr waghalsig, rauchte Kette und bestand buchstäblich aus Metall, weil er sich seine Knochen so oft gebrochen hatte. Einmal hörte ich, er würde eine Rennstrecke besuchen, die 20 Kilometer entfernt von unserer Stadt lag. Auf meinem Fahrrad bin ich hingefahren, stand am Zaun, sah Sheene und konnte es nicht fassen: Der Kerl aus den Medien steht auf demselben Feld wie ich!

Der exaltierte Sänger

Er hatte es auf seine Art geschafft: Frank Sinatra.
Er hatte es auf seine Art geschafft: Frank Sinatra.

© AFP

FRANK SINATRA

Mein Vater sang Sinatras Lieder ständig im Haus, wenn er etwas zusammenschraubte. Ich konnte mit den Songs erst wenig anfangen. Später hörte ich mir seine Platten genauer an und verstand, was für ein Ausnahmetalent er war. Ganze Alben spielte er an einem Nachmittag ein. Er ahmte mit seinem Gesang den Stil amerikanischer Jazzsänger wie Billie Holiday nach, was in den 50er Jahren als modern galt. Eine sehr einfühlsame Art zu singen, auch wenn sein Auftritt das Gegenteil darstellte. Gestriegelt und geschniegelt stand er wie ein Lackaffe auf der Bühne – mit Anzug, Hut und perfektem Seitenscheitel. In einem Buch, das sein Butler aus den 40er und 50er Jahren über ihn geschrieben hat, las ich, dass Sinatras Lieblingsfarbe Orange war. Er trug mit Vorliebe Anzüge in dieser Farbe, nur sieht man das heute nicht, weil die Fotos schwarz-weiß sind. Für seine Zeit war er ein Rockstar. Jeder Mann wollte werden wie er – und jede Frau mit ihm zusammen sein. Ich habe einige seiner Lieder mit Big Bands eingesungen und gemerkt, wie Sinatras Gesangsstil bis heute nachwirkt. Du kannst die einfach nicht besser vortragen.

Der eloquente Sportler

Mit seinem Boxstil hat Muhammad Ali die Welt begeistert.
Mit seinem Boxstil hat Muhammad Ali die Welt begeistert.

© picture alliance / Ipol Joffe/Ip

MUHAMMAD ALI

Die BBC strahlte in den 70er Jahren eine Talkshow mit Michael Parkinson aus, in der er jedes Mal eine andere Persönlichkeit interviewte. Dort sah ich zum ersten Mal Muhammad Ali. Vor der Sendung wusste ich schon, dass er ein Ausnahmeboxer war. Ich dachte, er sei bestimmt einer dieser Sportler, die sich nicht richtig artikulieren können. Wie falsch ich lag! Ali sah fantastisch aus, war clever, lustig, eloquent, ein echter Superstar. Ich hatte bis dahin nie einen Schwarzen gesehen, der wie er auftrat, weil ich nur Stereotype aus den Medien kannte: als Landarbeiter in Amerikafilmen oder in lustigen Nebenrollen der Polizeiserien. Ali führte den Amerikanern ihre Probleme vor Augen, er symbolisierte alles, womit das Land Schwierigkeiten hatte. Als Schwarzer kämpfte er für Bürgerrechte, als Soldat stellte er sich gegen den Vietnamkrieg und weigerte sich, dort zu kämpfen. Ich ließ mir nach der Sendung alles über seinen berühmten Kampf in Kinshasa erzählen, den „Rumble in the Jungle“. Wie jeder Zuschauer dachte ich, dass Ali keine Chance gegen Foreman hätte, weil Ali seinem Gegner das Gefühl gab, bereits gewonnen zu haben. In den ersten Runden kassierte er Prügel, Foreman war größer, jünger und stärker, er drosch richtig auf ihn ein, verausgabte sich. Und als Ali endlich zurückschlug, war Foreman bereits völlig erschöpft.

Die außerirdische Künstlerin

Kate Bush sang Hits wie "Wuthering Heights" and "Running Up the Hill".
Kate Bush sang Hits wie "Wuthering Heights" and "Running Up the Hill".

© picture alliance / dpa

KATE BUSH

Ich sah Kate Bush zum ersten Mal Ende der 70er Jahre, in der Musikshow „Top of the Pops“. Danach dachte ich nur: Was war das denn? Eben noch eine Band, die „Da-da-da“ ins Mikro trällerte, in schicken Klamotten auftrat und Tänzer mit sexy Choreografien hatte. Und plötzlich eine Frau auf der Bühne, die Ballett tanzte, ein Kostüm wie im Theater trug und mit einer Stimme sang, die von einer anderen Welt zu kommen schien. Selbst als Teenager verstand ich, dass ihre Musik für dreieinhalb Minuten eine Flucht in eine andere Welt war. Wie Kurzgeschichten, die mich auf eine Reise mitnahmen. Als sie sich in den 90er Jahren vom Musikgeschäft zurückzog, habe ich mir deshalb gern vorgestellt, Kate Bush sei auf ihren Heimatplaneten zurückgekehrt und würde zu uns wieder auf die Erde kommen, wenn die Zeit dafür reif ist. Ich habe sie immer als Künstlerin angesehen, nicht nur als Popstar. Ich will mich nicht kleinreden, aber Kate Bush singt in einer anderen Liga als ich. So wie David Bowie und Prince auch. Nicht, dass sie keine vernünftige Tasse Tee kochen oder ihre Kinder zum Flughafen bringen kann, bei ihr passte jedoch alles in ein Gesamtkonzept. Ich gebe zu, ich bin darauf etwas neidisch, mittlerweile habe ich meinen Frieden damit geschlossen.

Die traurige Tennisspielerin

Martina Navratilova stand lange auf Nummer Eins der Weltrangliste.
Martina Navratilova stand lange auf Nummer Eins der Weltrangliste.

© picture alliance / Yui Mok/PA Wi

MARTINA NAVRATILOVA

In Großbritannien haben wir eine Radiosendung, „Desert Island Discs“, in der Prominente die Musik auswählen, die sie auf eine einsame Insel mitnehmen würden, und nebenbei erzählen, was ihnen diese Lieder bedeuteten. Vor ein paar Jahren war Martina Navratilova Gast, und ich schluchzte die ganze Sendung über. Sie erzählte, wie sie das erste Mal im Finale von Wimbledon stand, in den frühen 70er Jahren, und niemand aus ihrer Familie als Beistand in der Loge sitzen konnte, weil man sie nicht aus der Tschechoslowakei ausreisen ließ. Und dann die bösen Meldungen über ihre Homosexualität. Im Rückblick mag das prähistorisch anmuten, doch in den 80er Jahren konnten Sportlerinnen ihre Sponsorenverträge verlieren, wenn sie öffentlich lesbisch lebten. Sie war deshalb eine der ersten Frauen im Tennis, die nichts nach außen ließen. Um sich herum errichtete sie einen Panzer, dessen Ecken messerscharf wie Rasierklingen wirkten. Je älter sie wurde, umso mehr sah man, dass sie ins Sportstudio ging. Ich respektierte sie dafür, denn sie wusste, um ihre Fitness zu erhalten, musste sie härter an ihrem Körper arbeiten als die jüngeren Spielerinnen. Sie war eine taffe Frau, lächelte nie auf dem Platz, deshalb freute es mich, als sie im Radio viel wärmer rüberkam.

Der visionäre Regisseur

Der britische Regisseur Ridley Scott war bereits vier Mal für den Oscar nominiert.
Der britische Regisseur Ridley Scott war bereits vier Mal für den Oscar nominiert.

© REUTERS

RIDLEY SCOTT

Als ich 2000 den Trailer für „Gladiator“ zum ersten Mal im Kino sah, war ich elektrisiert. Seit Jahren hatte sich niemand mehr an einen Sandalenfilm getraut, sie galten als überholt und altmodisch. Ridley Scott erzählt die Geschichte eines Generals, der das Ohr des Kaisers hat – und plötzlich im Kerker landet. Scott ist gut darin, einen ganzen Kosmos um eine Person zu erschaffen. Seine Leistung besteht darin, dass wir ihm diese Welt glauben. Ich habe gelesen, dass er als einer der wenigen Regisseure die Storyboards für seine Filme selbst zeichnet. Ein echter Künstler, der im Kopf schon alle Szenen ausgemalt hat, bevor er sie mit Schauspielern dreht. Auch bei „Blade Runner“ gefiel mir, wie er komplett in dieser künstlichen Welt versinkt. Als Teenager in den 80er Jahren beeindruckte mich dieser beängstigende Blick in die Zukunft. Wir haben nach wie vor keine Androiden oder Roboter entwickelt, die wie Menschen aussehen und mit denen wir leben, doch kaum jemand zweifelt ernsthaft daran, dass es eines Tages so weit sein wird.

Der unglaubliche Trainer

Fußballtrainer Alex Ferguson brachte Manchester United zurück an die Spitze der Liga.
Fußballtrainer Alex Ferguson brachte Manchester United zurück an die Spitze der Liga.

© picture alliance / Patrick Seege

ALEX FERGUSON

In den 80ern war Manchester United eine Fußballmannschaft, deren große Tage mit George Best weit zurücklagen. Liverpool stand an der Spitze der Tabelle, pfui Teufel, Manchester schimpfte man einen Verliererverein. Bis Alex Ferguson 1986 kam. Ich dachte zuerst, okay, jetzt versucht sich ein Schotte als Trainer. Mit den Spielern, die er auf dem Feld aufstellte, hätte er eigentlich nicht gewinnen können. Es gab bessere in anderen Mannschaften. Doch er schaffte es, die Partien zu dominieren. Weil er seine Jungs motivieren konnte und die Fußballer, na ja, etwas Angst vor ihm hatten, oder sagen wir: Respekt. Für viele stellte er eine Vaterfigur dar, die man beeindrucken und von der man gemocht werden wollte. Obwohl er von Spielern damals unerhörte Dinge verlangte. Sie sollten sich gesund ernähren, und das in einer Zeit, als die meisten Profis abends im Pub soffen und rauchten. Es gibt die Geschichte von Ryan Giggs, der bei einem Teamkollegen abends auf einer Party eingeladen war. Ferguson fand das heraus, stürmte die Feier und karrte Giggs nach Hause. Ich verstehe seinen Anspruch: Wenn wir gewinnen wollen, müssen wir alles geben. Dafür hat er seine Jungs wie eine Löwenmutter in Schutz genommen. Er war einer der ersten Trainer, die vor laufender Kamera „Fuck you“ sagten, wenn ein Reporter einen Spieler wegen seines schlechten Spiels angriff.

Rick Astley wurde 1987 mit dem Hit "Never Gonna Give You Up" berühmt. Im Juli ist sein neues Album "Beautiful Life" erschienen.

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