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Sigmund Jähn vor dem Start seines Weltraumfluges

© imago images/ITAR-TASS

Der Traumfahrer: Sigmund Jähn, Held der Ostdeutschen

Mit dem Tod von Sigmund Jähn verlieren wir auch eine Figur, die den ostdeutschen Erinnerungsraum bis heute füllt. Er hatte etwas Tröstliches, Mut machendes.

Sie sind noch in den Köpfen der Kinder, die einstmals vom Osten Deutschlands in den Himmel guckten: Die Bilder vom Sandmännchen, mit der Rakete unterwegs in die Nacht. Die Geschichten aus den Büchern „Weltall, Erde, Mensch“, in denen die Weiten endlich mal unendlich waren.

Und in manchen Schränken liegen sie noch: die alten Zeitungen, in denen die DDR im August 1978 stolz verkündete: „Der erste Deutsche im All ein Bürger der DDR“. Sigmund Jähn – mit seinem Tod kommt nicht nur ein gutherziger, bei allem Ruhm immer bescheidener Mensch der Welt abhanden. Sondern auch eine Figur, die den ostdeutschen Erinnerungsraum – der oft noch immer eine Welt für sich ist – bis heute füllt. Vor allem mit Wärme für eine Welt, die keine Grenzen kennt.

Er war ein Vorbild, wie ihn die DDR immer haben wollte im Wettlauf mit dem Westen, der bis zu den Sternen reichte. Für die Menschen aber blieb Sigmund Jähn immer eines auf eine andere, angenehme Art: ein gutherziger Mensch aus dem Vogtland, sein Vater Sägewerksarbeiter, seine Mutter Näherin, er selbst als Junge manchmal Helfer in der Forstwirtschaft. Geprägt von dieser Herkunft blieb Sigmund Jähn immer am Boden. Gleichzeitig war er ein Traumfahrer für ein ganzes halbes Land.

Kosmonaut – das war nach Jähns Start mit der Sojus 31 der wohl häufigste Berufswunsch ostdeutscher Kinder und Jugendlicher. Erst wer die offiziellen Jubelmeldungen über Oberstleutnant Jähn im sagenumwobenen Sternenstädtchen bei Moskau länger über sich ergehen ließ, erkannte, dass eine Laufbahn in den so genannten Sicherheitsorganen des Sozialismus für solch einen grenzenlosen Flug unerlässlich war.

Aber das Tröstliche, das Mutmachende, das Verbindende auch für interessierte Westdeutsche war: Aus dem Weltraum gesehen ist die Erde eine Kugel für alle. Und was zählt, ist ihr Erhalt.

Vor allem ein Freund der Erde

Mit diesem Impetus hatte zuletzt auch immer Alexander Gerst aus dem All getwittert, der neue moderne Kinderheld aus der Umlaufbahn – kein Wunder, dass Sigmund Jähn ihm längst ein Freund geworden war. Denn Jähn war bis zum Schluss vor allem ein Freund der Erde – verbunden vor allem der Natur und hoffend vor allem auf Frieden. Ein Menschenfreund, der sich manchmal beim Angeln entspannte.

Nach dem friedlichen Umbruch war Jähn – wie alle Helden der DDR angezweifelt – zunächst auch auf Sinnsuche, sah sich selbst zuweilen als „Überbleibsel“. Aber für sich und seinen gesamtdeutschen Lebensabend fand er eine einfache Antwort: Er blieb bescheiden, erdverbunden.

An Jahrestagen seines Weltraumfluges feierte er meist einfach zu Hause, wie er mal erzählte: „Wenn man dran denkt, trinkt man mal ein Glas Bier oder einen Schnaps.“ Er lebte in Strausberg bei Berlin, fernab des neuen Trubels, und pflanzte Bäume. Die wachsen schließlich auch in den Himmel. Wie die Träume.

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