zum Hauptinhalt
Hat Fahrt aufgenommen: Die breitere Spur und das abfallende Heck stehen dem Fünftürer gut.

© Rainer Ruthe

Dacia Sandero Essential TCe 100 ECO-G: Günstiger geht es nicht

Mit der dritten Generation des Sandero bringt Dacia ein deutlich verbessertes und weiterhin unschlagbar günstiges Fahrzeug

Wann habe ich eigentlich das letzte Mal ein Kunststofflenkrad in den Händen gehabt? Ich kann mich nicht erinnern. Und geradezu altertümlich sind die per fragilen Hebeln händisch einstellbaren Außenspiegel. Macht nichts, denn in der Regel stellt man die Spiegel nur einmal ein. Immerhin fährt hier Deutschlands günstigster Neuwagen. Und dazu noch ein ganz besonderer. Als eines der ganz wenigen Autos in Deutschland fährt der Dacia Sandero Essential TCe 100 ECO-G bivalent auch mit Autogas. LPG ist ein unter Druck verflüssigtes Gasgemisch aus Propan und Butan, das bei der Benzinherstellung anfällt. 

Es ist diese unscheinbare Zahl, welche den LPG-Dacia so ganz besonders macht: 19,80. So wenig Euros kostet es nämlich, den 32-Liter-Flüssiggas-Stahltank, der in der Reserveradmulde sitzt, an der Zapfsäule vollzumachen. Als sehr praktisch erweist sich hier die doppelte Reichweitenanzeige im LCD-Display zwischen den analogen Uhren: Nach dem Volltanken – das dauert kaum länger als beim Tanken mit normalem Sprit – zeigt der Bordcomputer eine Reichweite von 480 Kilometer mit Autogas an. Beim Umschalten auf Benzin beträgt die Reichweite mit dem 50-Liter-Benzintank 780 Kilometer. Macht zusammen bis zu 1260 Kilometer Gesamtreichweite. Doch letztlich spart nur derjenige, der so oft als möglich mit Autogas fährt. Und das ist gar nicht so kompliziert, denn an jeder zweiten Tankstelle, findet man, statistisch gesehen, auch eine Säule, an der Autogas getankt werden kann. Übrigens haben wir auf unserer 1750 Kilometer langen Testfahrt nicht einmal Benzin getankt.

Selbstbewusster Auftritt mit breitem Kühlergrill und Taglicht-Scheinwerfern, die an Volvo erinnern.
Selbstbewusster Auftritt mit breitem Kühlergrill und Taglicht-Scheinwerfern, die an Volvo erinnern.

© Rainer Ruthe

Deutlicher moderner und besser 

Der Sandero der dritten Generation ist deutlich moderner und besser geworden, denn er darf sich bei der neuesten Renault-Technik bedienen. Das sieht man außen sofort. Selbstbewusst tritt der Neue auf, keine Spur von Billigheimer. Vor allem die Front mit dem breiten schwarzen Kühlergrill und den keck dreinblickenden serienmäßigen LED-Scheinwerfern macht was her. Die liegenden Tagfahrlichter im Stil von Thors Hammer der schwedischen Marke Volvo sowie der Markenname Dacia im Scheinwerfergehäuse wie bei der VW-Tochter Skoda sind auffällig-neue Gimmicks, die das neue Gespür von Dacia für das Besondere zeigen. Mit der neuen Plattform hat sich zudem die Statur des Kleinwagens verändert. Die breitere Spur und das flachere, Richtung Heck abfallende Dach sowie die muskulösen Kotflügelverbreiterungen stehen dem Fünftürer richtig gut.

Die Länge bleibt mit 4,09 Metern unverändert, und damit übertrifft der Dacia leicht VW Polo, Ford Fiesta und Opel Corsa. Die bisherige Schmalbrüstigkeit hat der Sandero hingegen abgelegt; die dritte Generation wächst in der Breite deutlich um rund zehn Zentimeter auf 1,85 Meter – und das Auto kommt stattlicher daher. Innen geht es deshalb viel geräumiger zu; man muss nicht mehr die Schulter einziehen. Bei einem überdurchschnittlichen Radstand von 2,.60 Metern haben vier Erwachsene in diesem Auto gut Platz. Die Fondpassagiere dürfen sich über eine größere Kniefreiheit freuen, der Hersteller spricht von vier Zentimetern mehr.  Auch für das Gepäck ist gesorgt: ein Kofferraumvolumen von 328 bis 1.108 Liter ist für diese Klasse mehr als ordentlich. Bei umgeklappter Rücksitzbank beträgt die Laderaumlänge sogar 152 Zentimeter. Das Billy-Regal von IKEA passt also locker rein. Und eine Zuladung von 396 Kilogramm dürfte für einen Kleinwagen ausreichend sein.

 

Hartplastik, aber bequem

Neue Zeiten selbst im Innenraum, wo zwar noch viel Hartplastik verarbeitet wird – das aber routiniert gut. Ein doppelt so teurer VW T-Cross ist ähnlich hartplastiklastig. Man fühlt sich im Sandero wohl. Zumal die neuen Sitze unfranzösisch straff gepolstert und ausreichen groß dimensioniert sind. Dank vielfältiger Verstellmöglichkeiten von Sitz und Lenkrad findet man nach kurzer Zeit die passende Arbeitsposition. Und, anders als in vielen anderen Autos, sitzt die Mittelarmlehne an der richtigen Stelle.

Auch der Antrieb profitiert vom Griff in das Regal mit der modernsten Renault-Technik. Gegenüber dem schmalbrüstigen Vierzylinder-Sauger mit 1,4 Liter Hubraum, Fünfgang-Schaltgetriebe, 72 PS und 8,3 Liter LPG-Verbrauch des Vorgängers ist die Antriebseinheit des heutigen Sandero eine Klasse besser, spaßiger und effizienter. Der Dreiylinder-Turbo mit Mehrpunkteinspritzung und einem Liter Hubraum leistet 101 PS, dazu bringt er es auf ein ordentliches Drehmoment von 170 Newtonmeter, das über einen breiten Bereich von 2000 bis 3500 Touren anliegt. Das Triebwerk, das nun mit einem Sechsgang-Schaltgtriebe verbandelt ist, schafft die aktuell härteste Abgasnorm Euro 6d – ist also zukunftssicher für viele Jahre.

Zehn Zentimeter breiter als der Vorgänger - das schafft mehr Platz im Innenraum.
Zehn Zentimeter breiter als der Vorgänger - das schafft mehr Platz im Innenraum.

© Rainer Ruthe

Elastischer Ein-Liter-Turbo

Und anders als bei früheren LPG-Varianten gibt es beim neuen optimierten Autogas-Motor keine Leistungseinbußen mehr im Vergleich zum reinen Benzinmotor. So mobilisiert der TCe 100 ECO-G mit 170 Newtonmetern bei 2000 bis 3500 Umdrehungen in der Minute ein höheres Drehmoment als der Benziner TCe 90, der es auf 160 Newtonmeter bei 2750 Touren bringt. Der Einliter-Turbo arbeitet auffällig elastisch: Selbst aus niedrigen Drehzahlen um die 1000 Touren beschleunigt er ohne zu murren. So lässt er sich sehr schaltfaul und Autogas-sparend fahren. Wer Freude am Sparen hat, fährt hier richtig. Der Fahrer kann lange im hohen Gang bleiben. Bei Autobahnrichtgeschwindigkeit 130 dreht sich die Kurbelwelle im sechsten Gang gerade 2800 Mal pro Minute. Die Schaltbox im Dacia verfügt zwar über längere Wege, lässt sich aber flüssig schalten, und die Anschlüsse passen. Übrigens: Der mehr als doppelt so teure VW T-Cross 1.0 TSI mit 95 PS besitzt nur ein Fünfgang-Schaltgetriebe. Und dieser bivalente Antrieb ist keine Verzichtserklärung; bei Bedarf geht es in 11,6 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100, und eine Spitze von 183 km/h sollte wohl ausreichen. Man hat nie das Gefühl, untermotorisiert zu sein.

Wo fahren wenig kostet, findet man neben dem vielen Guten aber auch Schwachpunkte: Aus den minimal gedämmten Radhäusern dringt das laute Abrollgeräusch der 185/65 R 15-Reifen in den Innenraum; schon ab Autobahnrichtgeschwindigkeit ist es vorbei mit der Ruhe. Und die manuelle Klimaanlage ist für 700 Euro extra zwar sehr fair eingepreist, erfüllt allerdings ihre kühlende Aufgabe eher lasch. Übrigens findet man in einschlägigen Dacia-Foren viele Aussagen, wo die schwache Auslegung der Klimaanlage immer wieder beklagt wird.

Die weich abgestimmte Federung ist leider unterdämpft; über schlechte Straßen rumpelt deshalb der mit 1,2 Tonnen vergleichsweise leichte Wagen, und der Aufbau kommt nicht zur Ruhe. Auf glatten Pisten wie auf der Autobahn fährt sich das Auto hingegen so erwachsen wie es mittlerweile aussieht. Hier kann man mit dem hier gebotenen Komfort zufrieden sein.

Wer mit diesem Auto nachts unterwegs ist, erlebt eine positive und eine negative Überraschung: Der Sandero III besitzt serienmäßig (!) LED-Scheinwerfer, die die Fahrbahn fleckenfrei und hell ausleuchten. Schaltet man auf Fernlicht um, glaubt man seinen Augen nicht. Es wird dunkler! Die Auflösung: Dacia spendiert seinem Günstig-Auto lediglich LED-Abblendlicht, das Fernlicht muss mit antiquiertem Halogen-Birnen auskommen. Da ist der Plattform-Spender Clio einfach besser. Was ja auch kein Wunder ist; schließlich kostet der LPG-Renault fast das Doppelte!

Viel Hartplastik, aber gut. Und ein Sechsgang-Getriebe gibt es auch.
Viel Hartplastik, aber gut. Und ein Sechsgang-Getriebe gibt es auch.

© Rainer Ruthe

Billiger geht nicht

Der Preis des Sandero ist nämlich heiß. Der Dacia Sandero ist nach wie vor das billigste Auto, das man in Deutschland kaufen kann. Die 65 PS starke Basisversion kostet 8490 Euro. Klar, unser Testwagen mit dem 101 PS starken Autogasantrieb ist teurer. Zu den 10590 Euro kommen noch hinzu 700 Euro für die manuelle Klimaanlage, 250 Euro für das Multimediasystem mit Achtzoll-Touchscreen, DAB+-Radio, 4 Lautsprechern, Smartphone-Integration mittels USB-Kabel und Bluetoothverbindung, 180 Euro für den höhenverstellbaren Fahrersitz sowie das höhen- und tiefenverstellbare Lenkrad – ein Muss. Macht unterm Strich 11720 Euro, das ist immer noch richtig günstig.

Fazit. Dieser Sandero ist das Auto, mit dem man in Deutschland derzeit am günstigsten fährt! 100 Kilometer kosten beim derzeitigen Preis von 0,68 Cent pro Liter LPG lediglich 4,80 Euro. Billiger geht es nicht! Vor allem in der cleveren Autogas-Version. Da darf man bei kleinen Schwächen schon mal ein Auge zudrücken, zumal drei Jahre Garantie bis 100.000 Kilometer inklusive sind.

Und außerdem fährt man auch noch recht umweltfreundlich: Gegenüber einem Benziner liegen bei Autogas die CO2-Emissionen um rund zehn Prozent niedriger. Außerdem hat die Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes herausgefunden, dass sich mit dem alternativen Kraftstoff der Feinstaubausstoß im Vergleich zu benzinbetriebenen Ottomotoren um bis zu 99 Prozent reduziert. Und im Vergleich zu Diesel-Pkws stoßen Autogas-Modelle nur ein Fünfzigstel der gesundheitsschädlichen Stickstoffoxide aus.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false