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Vollversorgt. Die Prachtexemplare im Berliner Zoo haben einen leichten Hang zur Fettleibigkeit.

© imago/Scherf

Berliner Schnauzen: Wie Prachtreiher ihre Garderobe wechseln

Kurz vor der Brutzeit ab Juni kommt bei diesen Schreitvögeln ein Kleid für besondere Anlässe zum Einsatz.

Diese Vögel aus den Mangroven und Sümpfen Südostasiens – Indonesien, Bali und Java – sowie aus dem Berliner Zoo haben ihre ganz eigene Garderobe. Darin verfügen sie über ein Schlichtkleid für immer und ein Kleid für gut, also für besondere Anlässe. Warum die etwa 45 Zentimeter langen Tiere Prachtreiher heißen, ist dieser Tage schlecht zu erkennen. Gerade ist der Kopf ein bisschen langweilig oliv- und gelbbraun gestreift. Der Schnabel schwärzlich-gelblich, der Rücken undefinierbar schlicht, man könnte ihn als bräunlich bezeichnen.

Aber kurz vor der Brutzeit ab Juni, wenn es auf Brautschau geht und auf Bräutigamsuche – dann kommt das Prachtkleid zum Einsatz. Dann sind Kopf, Hals, Kamm gülden, wie es güldener kaum geht. Am Kamm locken zwei windschnittige schneeweiße Federn das Objekt der Begierde. Der Kragen färbt sich rostrot, was wundervoll korrespondiert mit den schieferschwarzen Rückenfedern, die nun bis zum Schwanzende reichen. So ausstaffiert, sollte einem baldigen Junggesellen- und Junggesellinnenabschied nichts mehr im Wege stehen. Zumal im Zoo kein Greifvogel und keine Raubkatze die Turtelei stören können.

Der Stint hat keine Chance

Ohnehin leben die Berliner Prachtreiher prächtig in ihrem Fünf-Sterne-Hotel. In der Früh reicht die freundliche Bedienung das Mahl: mal sind es Insekten, mal ist es Hackfleisch, vor allen Dingen aber sind es Stinte, etwa zehn Zentimeter lange einheimische Fische. Draußen vor der Türe der Reiher-Voliere und des Reiher-Geheges – der Prachtreiher ist nämlich zu den Schreitvögeln zu zählen –, lagern die Stinte palettenweise. Diese Vollversorgung führt zu einem leichten Hang zur Fettleibigkeit bei den Prachtexemplaren; aber adipös sind sie nicht, auch wenn sie hier eben nicht als gute und ausdauernde Flieger dem natürlichen Rhythmus der Zugvögel folgen können. Dafür müssen sie sich nicht um die Geländereinigung kümmern, die erledigt das Personal. Und weil unsere Prachtreiher sehr gesellige Wesen sind, haben sie in der Fasanerie reichlich Gelegenheit zum interkulturellen Austausch.

Fressen und Federputz, das ist des Reihers Zeitvertreib. Streit gibt es keinen, die Tiere sind sehr anpassungsfähig. Auf Nahrungssuche sind sie jedoch Einzelgänger. Dann schreiten sie durchs seichte Wasser, ruhig und mit Bedacht, bleiben irgendwann reglos stehen, und stoßen, fündig geworden ist, blitzschnell zu. Der Stint hat keine Chance.

Sie brüten gemeinsam

Übrigens: Kommt Herr Reiher, warum auch immer, mal in Rage, sollten die zweibeinigen Hotelangestellten Obacht geben. Der spitze Schnabel kann nämlich nicht nur Stinte treffen, sondern auch mal ein menschliches Auge.

Wenn dann das Prachtkleid die gewünschte Wirkung erzielt hat, baut Familie Prachtreiher in trauter Eintracht kleine Nester, meist in Kolonien, die beiden brüten auch gemeinsam und leben fortan monogam. Ein gemütliches Leben mithin, vielleicht ein wenig monoton, ein wenig Grau in Grau. Bis dann die Zeit gekommen ist, die Garderobe zu wechseln.

Prachtreiher im Zoo

Lebenserwartung: Zwölf Jahre, in Obhut bis zu 16 Jahre

Fütterungszeiten: Sehr früh am Morgen

Natürliche Feinde: Raubkatzen, Greifvögel

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