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Die Blattschneiderameise heißt so, weil sie Blätter zerschnippelt und Pilze damit füttert.

© mauritius images / Science Source

Berliner Schnauzen: Pilzzucht im Frauenstaat: die Blattschneiderameisen im Zoo-Aquarium

Alle für eine, und fürs Überleben aller: Die Blattschneiderameise ist Altruistin. Dazu passend hat der Zoo nun ein Ameisen-Spendenprogramm aufgelegt.

Nur eine Woche haben sie gebraucht, um unter der Glasplatte einen Riesenpilz zu züchten. Eigentlich hatten die Pfleger sich Sorgen um die Ameisen gemacht, die im zweiten Stock des Aquariums ihr Schaukasten-Röhren-System bevölkern. Seit zehn Jahren lebt die Kolonie hier, plötzlich wurde es kümmerlich.
Sollte etwa die Königin gestorben sein? Aber nein, offenbar hatten Lichtverhältnisse und Klimaanlage die Luftfeuchtigkeit verringert; der Pilz drohte auszutrocknen. Die Zoo-Mitarbeiter experimentierten, gaben Seramis hinzu, dieses rötliche Granulat, das auch Topfpflanzen mögen, legten besagte Glasplatte über den schrumpfenden Pilz – prompt schoss der in die Höhe.

Ameisenstaaten sind Frauenstaaten, seit 50 Millionen Jahren

Die Blattschneiderameise heißt so, weil sie Blätter zerschnippelt und Pilze damit füttert, die wie Badeschwämme aussehen, und in denen die Larven heranwachsen. Der Pilz braucht die Ameisen zum Schutz gegen Schädlingsbefall, die Ameisen brauchen den Pilz als Brutstätte und eiweißhaltige Nahrungsquelle. Eine echte Symbiose.

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Ameisenstaaten sind Frauenstaaten, seit 50 Millionen Jahren. Die Königin – vielleicht sind es im Zoo auch mehrere, ein von den Hautflüglern gut gehütetes Geheimnis – brütet einmal im Leben männliche Eier aus. Nach dem Begattungsflug sterben die Männchen, die Königin verliert ihre Flügel und baut sich eine Pilzkammer, wo sie unaufhörlich Eier legt. Zehn Jahre lang oder länger, der Samen reicht für immer!

In Brasilien wurde mal eine mehr als 50 Quadratmeter große Pilzfarm gefunden

Die Versorgung der Larven übernehmen die anderen Weibchen: Kundschafterinnen treiben frisches Laub auf, Sammlerinnen zerschneiden es und schleppen es zum Pilz, wo Arbeiterinnen es mit ihren Mundwerkzeugen weiter zerkleinern, bis Gärtnerinnen es zu einem Brei zermalmen, mit dem Babysitterinnen die Larven füttern. Müllfrauen schaffen den Larvenkot weg oder gammeligen Pilz, die perfekte Arbeitsteilung. Nachteil: Ein Berufswechsel ist in einem Ameisenleben nicht vorgesehen.

Die Blattschneider-Art Atta cephalotes kann noch größere Staaten bilden als die Acromyrmex.
Die Blattschneider-Art Atta cephalotes kann noch größere Staaten bilden als die Acromyrmex.

© imago/imagebroker

Im Aquarium residiert die Schwarze Blattschneiderameise, die Acromyrmex, Tierpfleger Shahin Tavangari schätzt die Population auf bis zu 100.000 Bewohnerinnen. Die andere Blattschneider-Art, Atta, kann noch größere Staaten bilden. Im feuchten Regenwaldboden Brasiliens wurde mal eine mehr als 50 Quadratmeter große Pilzfarm gefunden, mit mehr als tausend Kammern.

Eine Ameisenspende taugt gut als Last-Minute-Geschenk

Alle für eine, und fürs Überleben aller: Die Blattschneiderameise ist Altruistin. Deshalb hat der Zoo ein Ameisen-Spendenprogramm aufgelegt, schließlich können wir coronagebeutelten Zeitgenossen die Krise ja auch nur solidarisch bewältigen. Und die Belegschaft von Zoo, Tierpark und Aquarium versorgt im derzeit geschlossenen Aquarium und den geschlossenen Häusern ja weiter die Tiere. Kostenpunkt täglich: 140.000 Euro. So eine Ameisenspende taugt gut als Last-Minute-Geschenk – von einem Euro für eine Arbeiterin bis zu 500 für die Königin. Und bald können wir hoffentlich wieder zusehen, wie die Ameisen grüne Blattsegel hoch über ihren Köpfen zum Pilz balancieren, eine wuselige Trockenflotte, von Wassergräben umgeben.

Blattschneiderameise im Aquarium

Herkunft
Latein- und Südamerika
Lebenserwartung
Königin: zehn bis 15 Jahre
Mitstreiter
Der Nacktmull mag es kuschelig warm, deshalb ruft er zu Spenden für eine tierische Heizkosten-Pauschale auf

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