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Weicher Panzer und Schwimmflossen. Die Papua-Weichschildkröten bevölkern bereits seit Millionen von Jahren den Planeten.

© imago/imagebroker

Berliner Schnauzen: Hedwig ist ein Kerl!

40 Jahre lang hielt man die Papua-Weichschildkröte im Berliner Zoo für ein Weibchen. Wie konnte das passieren?

Hedwig ist mal wieder hungrig. Während sich das Becken des Berliner Zoos zur Fütterungszeit langsam mit Grünzeug und totem Fisch füllt, sieht man ihn trotz fortgeschrittenen Alters flink an riesigen Welsen und dem gigantischen Arapaime vorbeischwimmen.

1978 besuchte der damalige US-Präsident Jimmy Carter Berlin, und Hedwig kam als Jungtier im Berliner Zoo an. Bis heute ist Hedwig gesund, obwohl seiner Art eine Lebenserwartung von höchstens 30 Jahren beschieden ist. „Dank ihm können wir hier mit Sicherheit sagen, dass zumindest manche der Tiere 40 Jahre alt werden“, sagt Reviertierpfleger Marco Hasselmann.

Die Papua-Weichschildkröten bevölkern als lebende Fossilien bereits seit Millionen von Jahren den Planeten. Sie wohnen in den Süßgewässern ihrer Heimat im Norden Australiens und Guineas als Einzelgänger, lediglich zur Paarungszeit verbringen die Tiere ein Weilchen miteinander. Dann jagen die Männchen den Weibchen wie bei der Nahrungssuche eifrig hinterher, was zu Bissspuren führen kann.

Im Unterschied zu Landschildkröten verfügt Hedwig nur über einen weichen, lederartigen Panzer, der ihm im Wasser nützlich ist. Statt Krallen zieren aerodynamisch geformte Schwimmflossen seine Beine, sodass er selbst im hohen Alter keine Angst zu haben braucht, bei der Fütterung zu kurz zu kommen. Während sich Weichschildkröten in freier Wildbahn vor allem von kleinen Fischen und Insekten ernähren, gibt’s im Zoo auch vegetarische Kost. „Für ältere Tiere sind Obst und Gemüse reizvoll“, erklärt Hasselmann.

Wie kommt Hedwig zu seinem Namen?

Wie alle Schildkröten zählt auch Hedwig zu den wechselwarmen Amphibien und fühlt sich in Wasser von 23 bis 28 Grad am wohlsten. Wird die Umgebung zu kalt, schalten die Tiere einen Gang zurück. Obwohl sie hauptsächlich im Wasser leben und einige Minuten ohne Sauerstoff durch das Becken tauchen können, müssen Wasserschildkröten zum Atmen an die Oberfläche. Hierbei hilft ihnen ihre rüsselartige Nase, was der Art im Englischen die Bezeichnung „pig-nosed turtle“ eingebracht hat.

Anders als ihre an Land lebende Verwandtschaft haben die Papua-Weichschildkröten einen gewissen Sinn für ihr Revier entwickelt, das sie auch bereit sind zu verteidigen. „Wenn man die rausnimmt, muss man ganz schön aufpassen“, sagt Hasselmann.

Zum Ende der Paarungszeit vergraben die Weibchen mehrere Dutzend Eier im Sand, der Nachwuchs schlüpft innerhalb von 100 Tagen. Die Art ist vom Aussterben bedroht.

Wie kommt Hedwig zu seinem Namen? 40 Jahre lang glaubte man im Berliner Zoo fest daran, es handle sich bei dem Tier um ein Weibchen. Als sich im Rahmen einer Fernsehserie vor einigen Jahren die Zuschauer für einen Partner für Hedwig einsetzten, schauten die Tierpfleger endlich einmal genauer hin. Und stellten zu ihrer großen Überraschung fest: Hedwig ist ein Kerl! „Hätten wir mal eher machen sollen“, sagt Hasselmann. „Jetzt nennen wir ihn eben den Hedwig.“

PAPUA-WEICHSCHILDKRÖTE IM ZOO

Lebenserwartung:  30 bis 40 Jahre

Fütterungszeiten:  Montag und Donnerstag jeweils um 13.30 Uhr

Interessanter Nachbar: Arapaim

Marcel Kunzmann

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