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Freches Grinsen. Durch das Tapsen an die Scheibe lässt sich der Zitronenkugelfisch nicht einschüchtern.

© imago/Olaf Wagner

Berliner Schnauzen: Ein Fisch mit Zahnpastalächeln

Sein strahlend schönes Gebiss wirkt bedrohlich. Für den Menschen ist der Zitronenkugelfisch aber aus einem anderem Grund gefährlich.

Immer wieder drückt er seinen Mund gegen die Glasscheibe. Schiebt sich vertikal an ihr rauf und runter. Ein bisschen wie ein Fensterputzer benimmt sich dieser Zitronenkugelfisch. Und als er sich das Maul so plattdrückt, blitzt in der Mitte etwas strahlend Weißes neben dem sonst seinen Körper dominierenden Gelb auf. Anfangs hält man es für Lippen oder Hautlappen. Leicht geschwungen, makellose Farbe, sanfte Ränder. Es wirkt weich, als könnte es jeden Moment anfangen zu flattern, wie die Seitenflossen.

„Damit beißt er in einen Krabbenpanzer wie wir in einen Muffin“, sagt der Pfleger, und plötzlich ist es klar. Was der Kugelfisch da am Glas des Aquariums reibt, sind seine Zähne. Er will sich wohl eher durch die Scheibe beißen, als sie zu säubern. Nun wirken die Beißer bedrohlich, allerdings auch beeindruckend perfekt. Keine Verfärbungen oder Unreinheiten sind zu erkennen. Ein Fisch mit Zahnpastalächeln.

Das Gefährliche am Kugelfisch für den Menschen ist allerdings nicht sein strahlend schönes Gebiss. Er schnellt nicht nach oben und reißt Surfern im Indischen oder Pazifischen Ozean, seinem Lebensraum, den Zeh ab. Für ein ganzes Bein ist er ohnehin zu klein. Maximal 30 Zentimeter groß und zwei Kilo schwer wird er. Höchstens wenn freche Taucher ihn fangen oder streicheln wollen, schnappt er mal zu.

In Japan gilt sein Muskelfleisch als Spezialität

Der Kugelfisch ist jedoch giftig. „Passiv giftig“, sagt der Pfleger. Die beiden Worte passen nicht zusammen. Giftig ist doch ein Tier, das sprüht, sticht oder beißt, eben attackiert. Der gelbe Fisch attackiert niemanden, er produziert das Gift nicht mal selbst. Gefährlich kann er nur jenen werden, die ihn verspeisen – dafür sind Bakterien verantwortlich, die er durch die Nahrung aufnimmt.

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In Japan gilt sein Muskelfleisch als Spezialität, wird Fugu genannt und in dünnen Scheiben roh serviert. Da die Innereien des Fisches hochgiftig sind, darf ihn erst zubereiten, wer eine zweijährige Spezialausbildung durchlaufen hat. Ein falscher Schnitt, weniger als ein Milligramm Gift auf der Delikatesse, das reicht für einen Atem- oder Herzstillstand. Der Junge im Grundschulalter, der vor der Glaswand herumturnt, zeigt sich durch diese Fakten unbeeindruckt. Fugu, pff. Er esse ohnehin nur Lachs und wenn’s drauf ankäme, könnte er den Zitronenkugelfisch einfach k. o. boxen. Man kann sich vorstellen, dass er bei dieser Taktik schnell einen Finger oder gar die Nasenspitze verlieren könnte.

Der kleine Gelbe ganz schön frech

Für die Selbstverteidigung in der Natur sind giftige Organe natürlich keine gute Strategie. Ein Fressfeind, wie etwa ein Hai, mag zwar am Verzehr sterben – doch dann ist es auch für den Kugelfisch zu spät. Also muss er so tun, als sei er gefährlich. Er pumpt sich Wasser in den Magen, um massiger zu wirken. Die Besucher im Aquarium können das nicht beobachten. Durch bloßes Tapsen an die Scheibe lässt der Zitronenkugelfisch sich nicht einschüchtern.

Überhaupt ist der kleine Gelbe ganz schön frech. Wenn es Futter gibt, schwimmt er an die Oberfläche und spuckt den Pflegern Wasser entgegen. Will er sie gar verspotten? Nein. Der Fisch ist es gewohnt, mit einem Wasserstrahl in Felsspalten zu pusten, um Krabben herauszuspülen. Jagen muss er in seinem Aquarium nicht mehr, das Wasserspucken konnte er sich aber nicht abgewöhnen.

Zitronenkugelfisch im Aquarium

Fütterungszeit: 11 Uhr

Interessanter Nachbar: Stülpmaullippfisch, Epaulettenhai

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