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Vikunjas leben normalerweise auf Höhen zwischen 3000 und 5000 Metern und sind durch übermäßige Jagd fast ausgerottet.

© pa/Andreas Gebert/lby

Berliner Schnauzen: Diese Tiere liefern die edelste Wolle der Welt

Ihr Fell ist ultraleicht, ultraweich und superteuer, ein Kilo kostet 500 Euro. Sonst haben die Vikunjas kaum einen Nutzwert.

Das begehrteste Teil des Vikunjas sieht aus wie ein nasser Frottee-Bettvorleger. Noch, denn gerade befinden sich die drei Tiere des Berliner Zoos im Fellwechsel, wie Tierarzt André Schüle erklärt. Der dicke Wintermantel hängt in Fetzen, darunter lichten sich die Haare bereits zu einem hellbraunen Sommerwollkleid. Manchmal fliegen Krähen auf den Rücken und helfen nach. Sie picken das alte Fell auf, nicht ganz ohne Eigennutz. „Für ein luxuriöses Nest“, wie Schüle sagt.

Wenn das die italienische Modeindustrie wüsste! Etwa 1000 Kilometer südlich von Berlin residieren Luxusmarken wie Cucinelli und Loro Piana, die sich auf edle Wollkleidung spezialisiert haben. Der teuerste Rohstoff stammt allerdings nicht von der Kaschmirziege, sondern vom südamerikanischen Huftier, das aus der Familie der Lamas kommt und gerade so andächtig auf Berliner Gras herumkaut. Vikunjawolle ist ultraleicht, ultrawarm und superteuer. Ein Kilo kostet um die 500 Euro, etwa doppelt so viel wie die Wolle einer Kaschmirziege. Dementsprechend hoch sind die Ladenpreise für einen Pullover. Um die 1000 Euro müssen Kunden dafür mindestens ausgeben.

Wenn die Tiere im Zoo geschoren werden, geben die Pfleger die Haare in eine Behindertenwerkstatt ab, die daraus Kleidung oder Decken macht. Zusammen mit Kamel-, Lama- oder Schafswolle. „Die freuen sich immer sehr“, weiß Tierarzt Schüle. In den Anden, wo die Vikunjas leben, wurde das dichte Fell früher nur für Kleidung des Inka-Hochadels verwendet. Als die Spanier im 16. Jahrhundert Peru und die angrenzenden Länder kolonialisierten, schossen sie die Tiere in Massen ab, vergifteten die Wasserlöcher und trieben Rinder auf die Weideflächen. Hat schon mal jemand von 1000 Euro teuren Kuhfellhosen gehört?

Ihre Milch ist „wenig ergiebig“

Die 1,50 Meter hohen Tiere brauchen ihre Funktionskleidung. Vikunjas leben auf Höhen zwischen 3000 und 5000 Metern, da kann es schon mal stürmen, regnen, schneien. Das äußere Deckhaar dient dazu, den Niederschlag aufzufangen und abzuleiten. Deshalb sind die Haare sehr talghaltig, also voller Fett. „Wenn Sie da mit der Hand hineingreifen“, sagt Schüle, „brauchen Sie sich den ganzen Tag nicht mehr einzucremen.“ Erst unter den Deckhaaren wächst die feine Wolle, auf die es ankommt.

Im Gegensatz zu ihren größeren Verwandten, den Lamas, haben die Tiere allerdings sonst kaum einen Nutzwert. Ihre Milch ist „wenig ergiebig“, sagt Schüle, und an Fleisch gibt es ebensowenig zu holen. Vikunjas wiegen knapp 50 Kilogramm, halb so wenig wie ein ausgewachsenes Lama. Knochen, Sehnen, Muskeln – die hellbraunen Vikunjas bewegen sich grazil über felsige Hochebenen. Sie haben sich zu Hochleistungssportlern mit dem dazugehörigen Schutz entwickelt. Auch die inneren Organe sind auf die Umgebung abgestimmt. Damit die Tiere in den Höhenlagen nicht unter Sauerstoffmangel leiden, kann ihr Herz bis zu 50 Prozent größer werden als das vergleichbarer Tiere und damit mehr rote Blutkörperchen produzieren.

Lebenserwartung: bis zu 20 Jahre

Fütterungszeiten: Heu liegt ganztägig im Gehege aus

Interessanter Nachbar: Czaja, Rotes Riesenkänguru, Nandu

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