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Einige Stunden oder Tage nach Genuss der belasteten Milch der Deutschen Milchkontor GmbH kann es zu Durchfall kommen.

© Lukas Schulze/dpa

Bakterien in Milchpackungen: Das müssen Sie über den Rückruf wissen

Was folgt, wenn man die belastete Milch getrunken hat? Welche Menschen sind besonders gefährdet? Ein Überblick zu dem deutschlandweiten Milch-Rückruf.

Der eine oder andere Konsument, der sich in den vergangenen Tagen einen Latte Macchiato gegönnt hat, könnte nun möglicherweise auf der Toilette festsitzen oder zumindest mit leichtem Durchfall zu kämpfen haben. Einer der größten deutschen Milchproduzenten Deutschlands, die Deutsche Milchkontor GmbH, hat am Freitagmorgen bekannt gegeben, dass Milch aus ihrem Werk in Everswinkel in Nordrhein-Westfalen mit Bakterien belastet war.

Betroffen ist fettreduzierte frische Milch mit der Identifikationsnummer DE NW 508 EG, die bundesweit in zahlreichen Supermarktketten noch bis Donnerstagmorgen zu kaufen war. Bei Lidl waren davon beispielsweise Filialen in Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen betroffen, bei Rewe und Kaufland waren es Filialen in sieben Bundesländern. Die Milch-Packungen hätten die Supermärkte sogleich aus dem Sortiment genommen. Kunden, die die Milch bereits gekauft hatten, konnten sie im Markt zurückgeben und bekamen auch ohne Kassenbon eine Erstattung.

Sarah Häuser vom Verein Foodwatch bewertet die Rückrufaktion der Deutschen Milchkontor GmbH als positiv. „Alle Verkaufsstellen und Händlernamen wurden benannt, das ist sehr gut“, sagt Häuser. Die Deutsche Milchkontor habe damit ganz anders gehandelt als die Firma Wilke, bei deren verseuchten Wurst- und Fleischwaren bis heute nicht vollends klar ist, wo sie zu kaufen waren.

Doch auch wenn die Händler die betroffenen Milchtüten gleich aus ihrem Sortiment genommen hätten, hätten viele Verbraucher sie schon in ihrem Kühlschrank, gibt Häuser zu bedenken. Sie kritisiert, dass die Supermarktketten ihre Kunden eigentlich über Kanäle wie Facebook warnen könnten, dies aber viel zu wenig täten. Auch in den Läden seien die Aushänge mit Lebensmittelwarnungen in der Regel kaum zu finden. „Es braucht ein gut sichtbares schwarzes Brett“, sagt Häuser.

Die betroffenen Milch-Packungen sind mit den Keimen Aeromonas hydrophila und caviae belastet. Solche Keime kommen auch in Seen und Flüssen vor. So belastete Milch sollte auf keinen Fall getrunken werden, empfiehlt die Verbraucherzentrale.

Eckhard Strauch vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sagt: „Infolge der Aufnahme der Bakterien kann es zu milden, wässerigen, manchmal auch zu blutigen Durchfällen kommen.“ Eine solche Erkrankung folge allerdings nicht zwangsläufig auf das Trinken belasteter Milch, die meisten Menschen würden nichts merken.

Magen-Darm-Infektionen drohen Personen mit schwachem Immunsystem

Bei Menschen, deren Immunsystem geschwächt ist, seien „größere Komplikationen möglich“. Sie könnten schwere Durchfälle bekommen, es gebe auch seltene Fälle, in denen Personen von Nierenversagen berichteten. „Das kann lebensbedrohlich werden“, sagt Strauch.

Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen fasst unter die Gruppe mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko Schwangere, Säuglinge, Kleinkinder und Senioren sowie kranke Personen.

Weichteilerkrankungen seien hingegen eigentlich nur möglich, wenn jemand Milch in eine offene Wunde bringe, sagt Sonja Pannenbecker von der Verbraucherzentrale Bremen. Sie sagt zur Vermeidbarkeit der Bakterien: „Sie sind durch Hitze und Desinfektionsmittel eigentlich gut zu vermeiden, die Verunreinigung hätte nicht passieren sollen.“ Verbraucher könnten die Milch abkochen. Bei der Produktion von Milch werde eigentlich sehr auf Hygiene geachtet. Pannenbecker sieht den Milchrückruf als Beispiel dafür, dass Lebensmittelbelastungen heute nicht mehr, wie früher häufig, unter den Tisch gekehrt würden.

Die Keime gelangten durch ein Leck in die Milch

Als Ursache für die Verunreinigung nennt die Deutsche Milchkontor GmbH eine defekte Dichtung an der Produktionsanlage, über die die Wasserkeime hereingelangten. Das Leck sei bei „routinemäßigen internen Reinigungen“ entdeckt worden.

Die Firma habe daraufhin die Produktion gestoppt und das defekte Maschinenteil ausgetauscht. Nach Reinigungen und einem Testlauf nahm das DMK-Werk die Produktion wieder auf, so Sprecherin Vera Hassenpflug. Dies war allerdings schon am 30. September. Mit der Rückrufaktion wartete der Milchproduzent auf die Ergebnisse eines externen Labors. Diese kamen erst am 10. Oktober.

[Welche Milch-Packungen aus welchen Supermärkten sind betroffen? Hier finden Sie eine Übersicht über alle belasteten Produkte.]

Es stellt sich die Frage, ob das Molkereiunternehmen oder die Behörden nicht schon früher hätten tätig werden können. Für das DMK-Werk ist das Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt des Kreises Warendorf zuständig. „Grundsätzlich sind

Lebensmittelunternehmen selbst für die Sicherheit der Produkte verantwortlich, die sie herstellen und in den Verkehr bringen“, teilt die Behörde schriftlich mit. Die Deutsche Milchkontor GmbH habe den Rückruf ihrer Milch freiwillig eingeleitet, ohne dass die Behörden tätig wurden. Dies deute darauf hin, dass die Qualitätssicherung der Firma funktioniere.

Wilhelm Deitermann vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW betont, dass der Milch-Rückruf nicht mangelnder behördlicher Kontrolle geschuldet sei. Die Behörden wurden am Donnerstagabend informiert. Das Problem liege vielmehr in der bundesweiten Auslieferung dieses Milchproduktes. Er kritisiert die große Konzentration des Marktes, die dazu führe, dass die Milch an einem Standort hergestellt werde und dann unter verschiedenen Markennamen in Filialen unterschiedlicher Supermärkte gelange.

Anna Parrisius

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