zum Hauptinhalt
Für echte Freiburger kann ein Besuch bei Carrefour hinter der Grenze einen Nizzaurlaub ersetzen.

© imago

Auswärts Essen: Die besten Supermärkte der Welt

Designer-Brokkoli, Wattenmeerkäse, Ranch Dip, Lemon Curd und Pfirsichshampoo. Das Gute liegt oft so fern. Liebeserklärungen an sechs Supermärkte.

Frankreich: Carrefour

Fragt man einen Freiburger, was denn genau so schön sei an dieser Pimpfstadt Freiburg, dann wird man an seiner Antwort erkennen, ob er wirklich aus Freiburg kommt – oder bloß zugezogen ist. Zugezogene werden den guten Wein preisen, den Schwarzwald, die allzeit scheinende Sonne. Echte Freiburger sagen: die Supermärkte im Elsass.

Dass das Konzept Supermarkt in Frankreich ein anderes ist als in Deutschland, wird jedem Frankreichreisenden aufgefallen sein. Die klassischen Supermarchés kennt Frankreich zwar auch, prägender für den Besucher aber sind: die Hypermarchés.

Es ist ziemlich egal, ob man zu E.Leclerc, zu Carrefour oder zu Hyper U geht. Hypermarchés sind immer hyper. Man kann dort nicht nur einkaufen, sondern sich auch die Haare schneiden, einen Handyvertrag andrehen oder einen Ring empfehlen lassen, den man später dem Partner an den Finger steckt. Es soll Familien geben, die Tage in Hypermarchés verbringen. Die Kinder gefangen am Kuscheltierangelautomaten, die Eltern verirrt und entkräftet zwischen Käse- und Fischtheke. In klassischen Hypermarchés gibt es nahezu kein Personal, jeder ist für sein Glück selbst verantwortlich. Sie sind laut, voll, unübersichtlich – man könnte auch schrecklich sagen. Wenn die Produkte nicht wären.

Echte Freiburger haben ein Ritual entwickelt

Hypermarchés riechen nach Roquefort oder Saint-Marcellin, nach Moules Frites, ofenwarmem Baguette und Pfirsichshampoo von Le Petit Marseillais.

Echte Freiburger haben ein Ritual entwickelt: Sind sie unterwegs in der Welt und landen am nächstgelegenen Flughafen (der nicht in Freiburg, sondern im elsässischen Mulhouse liegt), nutzen sie die Heimfahrt, um schnell noch bei Hyper-U in Sierentz anzuhalten. Dort kaufen sie Crevettes und Cidre – Abend gerettet.

Steht das erste Date an, fahren echte Freiburger über die Grenze, besorgen bei Leclerc in Colmar Roten aus der Bourgogne, einen Chevrotin aus Haute-Savoie – Date gerettet.

Echte Freiburger wissen, dass Camembert, in Deutschland gekauft, nicht halb so gut schmecken wird wie dasselbe Fabrikat, gekauft in Frankreich.

Werden echte Freiburger also gefragt, warum gerade die französischen Supermärkte hinter der Grenze das Beste an Freiburg seien, dann antworten sie: Weil ein Besuch bei Leclerc, Carrefour oder Auchan einen zweiwöchigen Nizzaurlaub ohne Probleme zu ersetzen vermag. Ohne Pürierstab in Südafrika

Woolworths in Südafrika ist kein Schnäppchenladen, sondern ein edles Kaufhaus.
Woolworths in Südafrika ist kein Schnäppchenladen, sondern ein edles Kaufhaus.

© imago/Kraehn

Südafrika: Woolworths

Berlin im Winter. Elternzeit. Nur raus, dachten wir und flohen nach Südafrika. Landschaft: ein Traum, Wetter: herrlich, Essen: umwerfend. Zumindest für uns Erwachsene. Das Kind konnte mit Straußensteaks und Meeresfrüchten ja noch wenig anfangen, so komplett ohne Zähne.

Weil wir mit dem Auto und ohne Pürierstab unterwegs waren, blieben da nur Gläschen. Bei einem Blick auf die Zutaten der Breis von „Checkers“ oder „Shoprite“ bekamen wir dann aber schon ein wenig Sorge, wie das die nächsten Wochen laufen sollte: kein Gemüsematsch ohne Zucker, kein „Quetschie“ ohne Farbstoffe …

Warum geht ihr denn nicht zu „Woolies?“, fragte uns eine Herbergsmutter, der wir unser Leid klagten. Woolworths, fragten wir skeptisch zurück und erzählten, was das bei uns für ein Laden ist. Unsere Vermieterin lachte. Ihr werdet sehen, sagt sie. Und wir sahen: Ungläubig schritten wir durch Gänge mit Gläsern und Dosen, die uns mehr an Exponate einer Minimal-Art-Ausstellung im MoMA erinnerten als an Produkte in einem Supermarkt.

Hier wurde dem Essen gehuldigt

Andächtig liefen wir an Mangos, Stangenbrokkoli, Sprossen und Blumenkohlreis vorbei – in Packungen, die Muji sich nicht geschämt hätte, in die Auslage zu legen. Bei uns werden Architekturzeitschriften mit weniger Stilsicherheit entworfen als hier die Labels von Salatdressing, dachten wir. Hier wurde kein Essen verkauft, hier wurde ihm gehuldigt. Wahrscheinlich war mir vorher nie aufgefallen, wie schön Brokkoli ist. Ganz sicher jedoch hatte noch kein Glas Oliventapenade den Wunsch geweckt, es zu adoptieren.

Irgendwann, es müssen Stunden gewesen sein, fanden wir dann auch die „On-the-go“-Quetschies und „Munchy mince“-Beutel: zuckerfrei, farbstofffrei. Muss ich beschreiben, wie putzig sie aussahen? Wir dankten unserer Vermieterin und machten den Kofferraum voll.

Bei unserem Rückflug ein paar Wochen später bestand unser halbes Gepäck aus Gewürzgläsern von Woolworth. Als unser zweites Kind kam, war es keine Frage, wo wir im Winter den Babybrei kaufen würden.

Samsø-Kartoffeln und Lemon Curd

Der Supermarkt der Champions League: Waitrose & Partners.
Der Supermarkt der Champions League: Waitrose & Partners.

© imaago/zuma Press

England: Waitrose

Die Queen, Prinz Charles und ich kaufen hier ein. Im Unterschied zu den Royals, die den Lieferservice rufen, lasse ich mir den leibhaftigen Besuch in Bloomsbury aber nicht nehmen: Freundliche Verkäufer, helle Räume, appetitliche Auslagen, ausgesuchtes Verpackungsdesign, edle Ware zu günstigen Preisen – so sieht Sozialismus im britischen Königreich aus.

Waitrose & Partners heißt der Supermarkt der Champions League, der vor allem im Süden des Landes vertreten ist. Die „Partner“ sind die Mitarbeiter selber, ihnen gehört der Laden. Und das seit mehr als 60 Jahren. Überhaupt bemüht der Supermarkt sich, Gutes zu tun, weswegen er gern spendet und seit den frühen 80ern zu den Öko-Pionieren im Land gehört. Auch Prince Charles’ Biomarke Duchy Originals hat Waitrose inzwischen übernommen. Die Kekse und das Lemon Curd sind besonders zu empfehlen.

Man möchte juchzen, dass es so was gibt. Und beten, dass es noch lange so bleibt. Die deutschen Discounter setzen dem Vorzeigeladen nämlich schwer zu, genau wie dem Mutterschiff, der Kaufhauskette John Lewis & Partners. Einige Filialen mussten schon geschlossen werden, nicht selten zieht dann Lidl ein. Da hilft nur eins: Powershoppen. Bei Waitrose findet man Koffer voller Mitbringsel. Das Beste sind die eigenen Produkte. Trockenobst, normalerweise eine dröge, verschrumpelte Angelegenheit, leuchtet dem Kunden hier saftig-prall entgegen, das Chutney ist fruchtig und scharf, die Körner-Mischung fürs Müsli knackig.

Genauso geschmackvoll und günstig sind die Non-Food-Produkte, von der Serviette bis zur Jutetasche. Und anschließend geht’s zu John Lewis am Sloane Square. Unter den Eigenprodukten des Premium-Kaufhauses, ebenfalls in Mitarbeiterbesitz, sind so schöne Wachstuchtischdecken für den Garten. Darauf lassen sich die Schätze wunderbar ausbreiten.

Dänemark: Brugsen

Zugegeben: Jeder Supermarkt gewinnt, wenn wir ihn in Urlaubsstimmung besuchen. Davon könnte auch Brugsen in Dänemark profitieren. Brugsen ist ein Teil von Coop, das wiederum als Genossenschaft ähnlich wie Edeka organisiert ist, eine Art Monopol mithin, das aber dem jeweiligen Betreiber Spielraum lässt – jeder Supermarkt ist also ein wenig anders.

Allen gemeinsam ist aber, dass ich dort eine ganze Reihe von Lieblingsprodukten bekomme, die in Deutschland nur schwer aufzutreiben sind. Die Salzbutter und den Wattenmeerkäse von Thise, der mich an Gruyere erinnert. Die wunderbaren Fischkonserven, Hering in Dill oder Curry oder im Gewürzsud – in Bornholm gibt es auch den unübertrefflichen Christiansø-Sild, wie überhaupt die größeren Brugsen–Märkte („Super Brugsen“) sehr schön die regionalen Produkte herausstellen: Bier, Senf, Konfitüren, Sauerkonserven. Die wunderbaren Samsø-Kartoffeln! Frische Erbsen!

Wer ein paar Jahre dabei ist, weiß außerdem, dass in den ziemlich uniformen Weinabteilungen immer ein Elsässer Grand-Cru–Riesling für rätselhaft bescheidenes Geld zu haben ist, der fortan den Urlaub begleitet. Dann darf’s auch mal ein paar Tage regnen.

Vertrautes in Peking, Organisches in Atlanta

Paradies für Bio-Kunden: die amerikanische Supermarktkette Wholefoods.
Paradies für Bio-Kunden: die amerikanische Supermarktkette Wholefoods.

© imago/zuma Press

China: Jenny Lou’s

In Peking landet fast jeder Waiguoren (Ausländer) irgendwann bei Jenny Lou’s, einer kleinen Supermarktkette, die sich auf Importwaren spezialisiert hat. Und nahezu jeder Deutsche, der sich länger in der chinesischen Hauptstadt aufhält, dürfte die zweistöckige Filiale hinter der Deutschen Botschaft in Sanlitun betreten haben. Wir haben dort vor Jahren vor allem Käse aus der Schweiz, Rindfleisch aus Neuseeland oder Milch aus Australien gekauft.

Die Produkte waren zwar allesamt aufgrund der Transportwege um ein Drittel oder gar doppelt so teuer wie in Deutschland, dafür aber haben wir ihnen vertraut. Denn im Allgemeinen ist es um die Lebensmittelsicherheit dieser Produkte in China nicht so gut bestellt – Stichwort: Antibiotika. Auch der Melamin-Skandal weckte nicht unbedingt unser Vertrauen.

Wenn wir gerade da waren, haben wir gelegentlich auch eine der gefälschten DVDs gekauft, die Jenny Lou’s damals für umgerechnet ein bis zwei Euro im Obergeschoss angeboten hat. Noch öfter aber sind wir dafür in den kleinen Laden daneben gegangen – da war es noch billiger.

USA: Wholefoods

Wer durch Atlanta, Georgia, zu Fuß geht, ist ein Outlaw. Wieso zum Teufel hatten wir nur die Idee gehabt, erst am zweiten Urlaubstag ein Auto zu leihen?

So wanderten wir, vom Jetlag aus dem Queensize-Bett geworfen, in aller Herrgottsfrühe vom Motel 6 zu einer Mall am Rande von Midtown. Ein Kind in der Trage, das andere im Buggy, auf der Suche nach Frühstück. Am Horizont erschien eine Wholefoods-Filiale. (Wholefoods gehört seit 2017 zu Amazon und ist die größte Bio-Kette in den USA.) Wir betraten das Geschäft durch ein Meer von Schnittblumen, das gleich hinter dem Eingang von Marketingstrategen errichtet worden war – vermutlich, um die Laune der Kunden zu heben.

Allein das Convenience-„Regal“, wo die Fertigprodukte lagen, war so groß wie ein durchschnittlicher Berliner Rewe. Crunchy Peanut Kaffir Lime Shrimp Roll! Organic Vegetables with Ranch Dip! Mom’s Chicken Soup! Und gleich daneben die Kanister mit frisch gepresstem Orangensaft aus Florida.

Ein Bäcker mit Papierhäubchen auf dem Kopf ließ uns von seinem Sauerteigbrot probieren, an der Käsetheke gab’s Cottage Cheese von Zombie-Kühen aus den umliegenden Walking-Dead-Wäldern. Bambus-Zahnbürsten für die ganze Familie, Kaffee und Schokolade hatten sie natürlich auch.

Beim Bezahlen: Eine lachende Kassiererin („You have beautiful children!“), ein Tüteneinräumer („I love Schweinsteiger!“) – und ein Mann, der die Taschen zum Kofferraum tragen will („Let me help you! Where’s your car?“).

Unsere Rückverwandlung von Bio-Kunden zu Outlaws hatte begonnen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false